Licht aus oder Licht an für die Glühlampe?

Russische Verbraucher bevorzugen traditionelle Glühlampen. Foto: Stanislaw Krasilnikow/TASS

Russische Verbraucher bevorzugen traditionelle Glühlampen. Foto: Stanislaw Krasilnikow/TASS

Bis zum Jahresende soll auch in Russland die Produktion traditioneller Glühlampen eingestellt werden. Russlands Verbraucher sind von der Alternative, den Energiesparlampen, nicht überzeugt. Dafür gibt es nachvollziehbare Gründe, mitunter können Energiesparlampen mehr schaden als nutzen.

Die Abgeordneten Iwan Gratschew und Andrej Krutow von der Partei Gerechtes Russland und Wassili Tarassjuk von der LDPR haben der Staatsduma einen Gesetzentwurf zum Thema Energiesparlampen vorgelegt. Ihr Ziel ist es, einige Regelungen des aktuellen Gesetzes „Über die Energieeinsparung und die Energieeffizienzerhöhung" anzupassen. Konkret sprechen sich die Abgeordneten gegen die Einstellung der Produktion von herkömmlichen Glühlampen aus. Die Energiesparlampen, die an ihre Stelle treten sollen, hätten sich ihrer Meinung nach noch nicht als hinlänglich effektiv erwiesen. Die Abgeordneten wollen dem Verbraucher daher weiter die freie Wahl lassen.

„Wir erhalten viele Briefe von Verbrauchern mit Klagen, dass das instabile flimmernde Licht der Energiesparlampen Kopfschmerzen verursache", erklärte Iwan Gratschew, der auch dem Ausschuss für Energiefragen in der Staatsduma vorsteht. Abwegig sei das nicht, denn Energiesparlampen ließen „Spannungsgefälle und Störungen im Stromnetz entstehen", so der Abgeordnete. Im November wird die Staatsduma über den Gesetzesentwurf abstimmen. Dann wird feststehen, ob der traditionellen Glühlampe zum Jahresende in Russland das Aus droht.

 

Weniger Einsparung als vermutet

Glühlampen werden in Russland seit jeher auch Iljitsch-Lämpchen genannt. Das erinnert an den Revolutionsführer Wladimir Iljitsch Lenin, der die Elektrifizierung des Landes vorangetrieben hat. Ob das Festhalten der Russen an den Iljitsch-Lämpchen nur nostalgische Gründe hat oder ob mehr dahinter steckt, weiß Konstantin Bogatschew, Dozent an der Fakultät für Radioelektronik und Telekommunikation der Higher School of Economics in Moskau. Er kann bestätigen, dass Energiesparlampen Störungen im Stromnetz auslösen können, und zwar vor allem solche, die illegal aus China nach Russland kämen. „Diese Energiesparlampen arbeiten mit einem vereinfachten System der Energiespeisung. Die Helligkeit lässt sich nicht regulieren, was starke Schwankungen in der Spannung erzeugt und den Betrieb der an das Stromnetz angeschlossenen Geräte stört", erklärt er. Die Iljitsch-Lampen hingegen strahlten ein „ungebrochenes Linienspektrum aus, dessen Lichtstrahlenlänge einheitlich ist – mit günstiger Wirkung auf die Augen", bestätigt Bogatschew die Vermutungen der russischen Verbraucher.

Was den Spareffekt betrifft, würden die Energiesparlampen überschätzt, sagt Pawel Morosow, Projektmanager des Clusters „Energieeffiziente Technologien" der Skolkowo-Stiftung. In großen Industriebetrieben könne durch die Verwendung von Energiesparlampen durchaus nennenswert Strom gespart werden, im privaten Haushalt liege der Anteil der Beleuchtung am gesamten Energieverbrauch jedoch nur bei zehn bis 15 Prozent. „Mit Energiesparlampen kann man nur ein Drittel des Verbrauchs einsparen. In der Energiebilanz einer Wohnung wirkt sich das kaum aus", hält er fest.

Ohnehin halten die meisten Experten die Diskussion um die Einführung von Energiesparlampen für nebensächlich. Ein viel größeres Problem für die Energieeffizienz sei die veraltete Strominfrastruktur, wie Irina Mironowa, Ingenieurin und Forscherin am Institut für Energieforschungen der Russischen Akademie der Wissenschaften, sagt. „Man sollte zudem über die Stromtarife und die Entwicklung innovativer Energiespartechnologien diskutieren", fordert sie.

Viktor Kolesnik, Direktor des Instituts für Stromwirtschaft und kommunale Dienste der Higher School of Economics, weist darauf hin, dass die Einführung von Energiesparlampen nicht in allen Regionen Russlands sinnvoll sei. „In Russland sind die Tage mitunter kurz und es wird viel Zeit bei künstlicher Beleuchtung verbracht. Viele Energiesparlampen sind aber nicht hell genug, das kann sich ungünstig auf die Gesundheit auswirken", gibt er zu bedenken.

 

Wohin mit den Energiesparlampen?

Eine flächendeckende Einführung von Energiesparlampen wirft weitere wichtige Fragen auf, zum Beispiel die nach der Entsorgung. „Das Recycling

dieser Lampen ist ein sehr kostenintensiver und langwieriger Prozess. In Russland gibt es dafür nicht überall die Möglichkeiten", erklärt Pawel Morosow. Bisher können nur juristische Personen die Energiesparlampen über direkte Verträge mit den Herstellern zum Recycling geben. Einmal im Monat werden die Lampen abgeholt. Der Normalbürger hingegen wirft alte Energiesparlampen meist in den Hausmüll, weil es keine Abgabestellen gibt. Energiesparlampen enthalten jedoch umweltschädigendes Quecksilber, das fachgerecht entsorgt werden muss.

Viktor Kolesnik empfiehlt, die Produktion von Glühlampen nicht einfach aufzugeben. Das führe nur zu einer Abhängigkeit von ausländischen Produzenten. „Wir sollten unsere eigene Produktion von Glühlampen nicht einstellen, sondern versuchen, sie zu modernisieren", schlägt der Wirtschaftsexperte vor. Einig waren sich die von RBTH befragten Experten darin, dass dem Verbraucher die Wahl bleiben sollte.

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