Innovationsoffensive: Biotechnologie aus Sibirien

Sibirien will Zentrum für Biotechnologien werden. Foto: TASS

Sibirien will Zentrum für Biotechnologien werden. Foto: TASS

Sibirien startet eine Biotechnologie-Offensive. Ziel ist es, die Importabhängigkeit der Branche zu reduzieren. Zu Sowjetzeiten war das Land einer der Weltmarktführer, heute kommen 80 Prozent der verwendeten Biotechnologieprodukte aus dem Ausland. Nun soll an die alten Zeiten angeknüpft werden.

Forschung und Industrie aus sieben Regionen Sibiriens sollen die Entwicklung der Medizin, Pharmazeutik und Biotechnologie in Russland stimulieren. Dazu wurde die „Sibirische Biotechnologieinitiative" ins Leben gerufen. In diesem Rahmen wollen bereits bestehende Innovationscluster künftig zusammenarbeiten.

Die Initiatoren des Projekts rechnen damit, dass der Produktionsumfang von Impfstoffen, Antibiotika, Vitaminen und Düngemitteln sowie die Entwicklung anderer Biotechnologien in Russland innerhalb von vier Jahren um das 30-Fache steigen und einen Wert von 500 Millionen US-Dollar (458 Millionen Euro) erreichen wird.

„Ziel des Programms ist die schnelle Modernisierung und Weiterentwicklung der russischen Biotechnologiebranche", erklärt Maria Galjamowa, Direktorin des Biotechnologie- und Biomedizinclusters des Technoparks Nowosibirsk. „Die Forschung in Sibirien wird auf Landwirtschaft, Pharmazeutik, Lebensmittelindustrie, Forstwirtschaft und Ökologie beschränkt sein", führt Galjamowa aus.

Die Idee zu dieser Initiative stammt aus der Region Nowosibirsk. Die Region Altai sowie die Regionen Krasnojarsk, Tomsk, Kemerowsk, Irkutsk und Omsk haben sich angeschlossen. „Eine solche Vereinigung wird helfen, eine gemeinsame Koordination zu entwickeln, damit die Ressourcen für Produktion, Forschung und Personal möglichst effektiv genutzt werden", sagt Galjamowa.

 

Spätes Comeback

Ein offizielles Abkommen über die Vereinigung der Cluster wird erst im Juni in Nowosibirsk unterzeichnet werden, erste Projekte der Initiative sind jedoch bereits angelaufen. So hat die Gesellschaft Sibbofarm gemeinsam mit dem Technopark des Nowosibirsker Forschungsstandorts Akademgorodok und dem Zytologie- und Genetikinstitut das Pilotprojekt Prombiotech, ein Zentrum für Biotechnologien für die Industrie, gegründet. „Die Aufgabe dieses Zentrums ist die Herstellung von Biotechnologiepräparaten für die Landwirtschaft und die Lebensmittelindustrie. Alleine hätte die Gesellschaft das wohl kaum realisieren können, aber in Kooperation mit den Teilnehmern der Initiative ist das möglich", beschreibt Galjamowa die Vorteile.

Zu Beginn der 1990er-Jahre war die Sowjetunion gemeinsam mit den USA Weltmarktführer im Bereich der Biotechnologien und produzierte rund sieben Prozent der weltweit hergestellten Biotechnologieerzeugnisse. Nach dem Zerfall der Sowjetunion ging die Branche weitgehend unter. Aktuell importiert Russland etwa 80 Prozent der Gesamtmenge der benötigten Biotechnologieerzeugnisse.

Der Anteil der Produkte „made in Russia" liegt dabei heute nur noch bei 0,1 Prozent. Substanzen für Schlüsselprodukte werden fast gar nicht mehr produziert. Die Herstellung von Fermenten ist um das 25-Fache gesunken, die von Substanzen für Antibiotika um das Zwölffache, die von Futtereiweiß um das Sechsfache. Marija Galjamowa ist überzeugt, dass es dennoch nicht zu spät sei für eine Erneuerung der russischen Biotechnologiebranche: „Besser spät als nie", kommentiert sie.

Sergej Netjosow, einer der weltweit führenden Experten im Bereich der Molekularbiologie und Virologie sowie Korrespondenzmitglied der

Russischen Akademie der Wissenschaften, findet ebenfalls, dass die sibirische Initiative gute Chancen hat: „Die sibirischen Biotechnologen, Unternehmer und Forscher haben viele Ideen und den Willen, sie in neue Technologien und fertige Produkte umzusetzen." Die Rahmenbedingungen seien gut, ergänzt Netjosow: „Für die Realisierung von forschungsintensiven Projekten gibt es bereits geeignete Labor- und Industrieeinrichtungen. Jede Teilnehmerregion verfügt über ein eigenes Cluster mit einer entsprechenden Ausrichtung." Der Forscher glaubt an die Vorteile der Zusammenarbeit: „Die Dopplung von Projekten wird vermieden, ebenso unnötige Konkurrenz. Dadurch können Fördergelder des Staates und von Gesellschaften sinnvoll eingesetzt werden."

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