Weg vom Rohöl: Russland will den Export von Erdölprodukten ankurbeln

Russland setzt verstärkt auf die Erdölverarbeitung.

Russland setzt verstärkt auf die Erdölverarbeitung.

Reuters
Russlands größte Ölfirmen wollen verstärkt in die Erdölverarbeitung investieren. Der Anteil des Rohöls am Gesamtexport soll dadurch sinken. Sanktionen erschweren nach Meinung von Experten die Umsetzung dieser Vorhaben. Denn Raffinerie-Kapazitäten wurden bislang vor allem mit westlichen Krediten finanziert.

Russische Ölproduzenten wollen die Erdölverarbeitung ausbauen, um den Rohölanteil am Gesamthandel zu reduzieren. Die dafür notwendigen Investitionen sind in den Planungen der großen Unternehmen bereits eingegangen.

So gab Gazpromneft ihre Pläne bekannt, innerhalb von vier Jahren in der Erdölraffinerie im sibirischen Omsk die Herstellung von katalytischen Additiven aufzunehmen. Auf eine RBTH-Anfrage hieß es vonseiten der Gazprom-Tochter, es werde sich dabei um eine neue, weltweit einmalige Technologie handeln.

Tatneft – ein weiterer Branchenriese – plant, bis 2018 eine gerade im Bau befindliche Raffinerie-Anlage fertigzustellen. Dadurch wird das Unternehmen nach Angaben der russischen Wirtschaftszeitung „Kommersant“ seine Verarbeitungskapazitäten von 8,5 auf 14 Millionen Tonnen Rohöl steigern.

Der leitende Analyst der Investmentholding Finam Management Dmitrij Baranow ist überzeugt: Die Investitionen führen dazu, dass Ölproduzenten ihre Wertschöpfungskette verlängern. Das werde die Betriebsergebnisse in der Petrochemie optimieren.

 

Größte Hindernisse

Nach dem Rubelsturz in der zweiten Jahreshälfte 2014 hätten Ölfirmen die Rohölverarbeitung in Russland größtenteils zurückgefahren. Der Rohölexport habe im Gegenzug zugenommen, sagt der leitende Analyst der Alfa-Bank Alexander Kornilow. Nur der größte russische Erdölproduzent Rosneft hielt die Verarbeitung auf gleichbleibendem Niveau.

Der Generaldirektor von Vnipineft Wladimir Kapustin betont allerdings, die Sanktionen würden den Ausbau der Ölverarbeitung in Russland ausbremsen, weil ausländische Investoren zögerten, russischen Unternehmen weiteres Kapital zu leihen. Nach Angaben des Experten sind 2014 circa 4,7 Milliarden Euro in diesen Sektor geflossen.

Wie das russische Statistikamt Rosstat mitteilte, stieg in Russland die Produktion von Erdölprodukten 2014 im Vergleich zum Vorjahr um 5,9 Prozent. Einen Anstieg um je 7,6 Prozent verzeichnete der Output an Diesel und Kerosin. Insgesamt legten die Treibstoffe ein Wachstum von satten 33,9 Prozent hin, wobei die Gewinnung von Ottokraftstoffen allerdings um 1,13 Prozent geschrumpft ist. Die gesamte petrochemische Industrie stagnierte praktisch: Der Anstieg betrug gerade einmal 0,1 Prozent jährlich.

 

Der Staat prognostiziert Wachstum

„In der Industrie setzen sich Stagnationstendenzen fort“, heißt es in einer Untersuchung der Unternehmensgruppe Forex Club. „Grund dafür sind einerseits die Sanktionen und der Abbruch der Zusammenarbeit mit den Partnerländern. Andererseits wirkt sich auch der Rückgang der zahlungskräftigen Nachfrage auf dem Binnenmarkt negativ aus. Indes gelang es der erdölverarbeitenden Industrie dank der Orientierung auf die Binnennachfrage, ihr Produktionsniveau zu halten.“

Dmitrij Baranow meint hingegen, die Trends in der russischen Petrochemie stünden im Zeichen einer im Vergleich zu anderen Ländern weitaus geringeren Inlandsnachfrage. So werde in Russland, pro Kopf gerechnet, um das Dreifache weniger Ethylen verbraucht als in Westeuropa. Und während in europäischen Ländern 20 Kilogramm Benzol pro Kopf hergestellt würden, betrage der Wert in Russland nicht mehr als sieben Kilogramm.

Geht es nach staatlichen Strategen, sollen der chemische und der petrochemische Sektor in Russland 2015, gemessen an dem Jahr 2005, um 1,6 Prozent wachsen. Und bis 2030 wird erwartet, dass sich der Anteil der Rohölverarbeitung von 35 auf 55 Prozent ausweitet. „Diese Zahlen dienen russischen Chemieunternehmen als mittel- und langfristige Orientierung, geben ihre Entwicklungsdynamik vor, bestimmen die Wachstumspläne“, sagt Dmitrij Baranow.

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