Tabakautomat in Omsk.
Alexej Malgawko/RIA NovostiIn Russland hat der Tabakschmuggel im vergangenen Jahr stark an Auftrieb gewonnen, nun wurden auch erste Fälle von Lieferungen geschmuggelter Zigaretten aus China bekannt. Sergej Kiseljow, Vice President Corporate Affairs and Communications der Japan Tobacco International, macht dafür das geltende Verbot der offenen Darbietung von Zigaretten in Supermärkten verantwortlich. Das Verbot trat im Rahmen eines umfangreichen Anti-Tabak-Gesetzes im Juni vergangenen Jahres in Kraft. Außerdem habe auch die Erhöhung der Tabaksteuern – je nach Kosten der Zigaretten um 14 bis 43 Prozent – zu einem wesentlichen Anstieg des illegalen Handels geführt.
Ein Prozent des Schmuggels in Russland machten dabei chinesische Waren aus, wie Kiseljow ausführt. Bislang waren Zigaretten aus China nach Westeuropa verschickt worden, wo die Preise wesentlich höher liegen als in Russland. Doch aufgrund der Tabaksteuern in Russland sei das Land für illegale Produzenten nun ebenfalls attraktiv, merkt der Konzernsprecher an.
Seit im Sommer 2014 das Anti-Tabak-Gesetz wirksam wurde, liegen in den Schaufenstern der Läden keine Zigaretten mehr aus. „Insgesamt hat sich das Verbot aber für den Staat und die Verbraucher nachteilig ausgewirkt“, resümiert Kiseljow.
Zum einen sei es für Verbraucher nun schwieriger festzustellen, ob er legale Ware oder Fälschungen kauft. Einen gestiegenen Anteil von gefälschten Zigaretten in Russland sieht auch Analyst Timur Nigmatullin von der Investitionsholding Finam. Diese Entwicklung liege allerdings weniger am Gesetz, argumentiert der Experte, als vielmehr daran, dass die Realgehälter der Bevölkerung gesunken seien und diese nun versuche, bei Tabakerzeugnissen zu sparen.
Zum anderen hat der Staat große Einbußen zu verkraften. Um ganze 60 Prozent ist der Anteil von Fälschungen im ersten halben Jahr nach Inkrafttreten des Anti-Tabak-Gesetzes gestiegen, billige Fälschungen aus dem Ausland um 25 Prozent. Das geht aus einer Studie des Marktforschungsunternehmens TNS hervor. Die Schattenwirtschaft ist den Angaben von TNS zufolge um das 14-Fache von 0,1 Prozent im Jahr 2010 auf 1,4 Prozent im vergangenen Jahr gewachsen.
„Letzten Endes leidet der Föderalhaushalt: Allein im letzten Jahr hat die Staatskasse dadurch 21 Milliarden Rubel (315 Millionen Euro) an Einnahmen aus Tabaksteuern verloren“, sagt Kiseljow. Mehr noch, die Korrekturen des Haushaltsplans für 2015 bestätigten, dass bis zum Jahresende ein Verlust in Höhe von nunmehr 35 Milliarden Rubel (525 Millionen Euro) erwartet werde.
Die negativen Aussichten teilt die Tabakindustrie. Der Konzern Philip Morris etwa schätzt, dass der russische Tabakmarkt von Januar bis Juni 2015 um etwa 6,5 Prozent zurückgegangen ist. Geschätzt für das ganze Jahr könnten es acht bis zehn Prozent werden.
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Gleichzeitig haben die eingeführten Beschränkungen die Zahl der Raucher in Russland kaum beeinflusst: Im Großen und Ganzen ist diese Zahl auf dem bisherigen Niveau geblieben. „Wie auch in anderen Ländern, in denen Verbote zur offenen Darbietung von Zigaretten eingeführt worden sind, hat das neue Gesetz in Russland keinen wesentlichen Effekt auf den Verbrauch gehabt“, sagt Sergej Kiseljow.
Das bestätigt eine Studie der Forschungsagentur Ipsos, der zufolge der Anteil von Rauchern in Russland im Jahr 2014 nach der Einführung des Gesetzes nur leicht auf 36,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert von 37,4 Prozent zurückgegangen ist. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam die Umfrage des Allrussischen Meinungsforschungszentrum (WZIOM) aus dem Jahr 2014. Demnach ist der Anteil der Raucher um einen Prozentpunkt von 35 auf 34 Prozent der erwachsenen Bevölkerung gesunken. In Deutschland rauchen laut der "Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1)“ ca. 30 Prozent der Erwachsenen (2013).
Mit dem Verbot der offenen Darbietung von Zigaretten wurde 2014 auch das Rauchverbot an öffentlichen Plätzen eingeführt. Dies schadete im Wesentlichen dem Gastgewerbe und der Gastronomie. Die Vereinigung der Restaurant- und Hotelbetreiber Russlands teilte RBTH mit, dass der Warenumsatz von Restaurants sich um durchschnittlich 25 Prozent verringert habe. In dem ersten halben Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes gingen die Umsätze vieler Betriebe um 15 bis 35 Prozent zurück.
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