„Die Nachrichten sind erbärmlich“

Dmitrij Medwedjew zeigt wo's lang geht. Foto: RIA Novosti

Dmitrij Medwedjew zeigt wo's lang geht. Foto: RIA Novosti

In seinem traditionellen Interview am Jahresende wollte der russische Präsident Dmitrij Medwedew über Sozialpolitik sprechen. Letztendlich rankte sich das Gespräch mit den Senderchefs der drei größten russischen Fernsehkanäle um den Chodorkowski-Prozess, oppositionelle Politiker und die Qualität der russischen Fernsehsender.

Gleich zu Beginndes des Gesprächs fragte NTW-Chef Wladimir Kulistikow, wie Medwedjew  den 2. Chodorkowski-Prozess als Menschen und als Jurist sehe. „Auf diese Frage möchte ich als Präsident eingehen“, sagte Medwedjew, fügte aber gleich an, dass weder er als Präsident noch andere Staatsbeamte zu diesem Prozess vor dem Urteilsspruch keine Stellung nehmen dürften. Mit anderen Staatsbeamten war wohl der Premier Wladimir Putin gemeint, der zuvor während seiner Frage-Antwort Sendung mit der Bevölkerung gesagt hatte, dass Chodorkowski ein Verbrecher sei, und deswegen ins Gefängnis gehöre.  Der Premier verdeutlichte, dass «die Schuld Chodorkowskis bewiesen ist». Wie Putin selbst in der anschließenden Pressekonferenz anfügte, hatte er den ersten Urteilsspruch gemeint.

Opposition

Auch wurde Medwedjew gefragt, wen er außer sich selbst und Wladimir Putin für die Präsidentschaftswahl 2012 als Kandidaten sähe. Diese Frage beantwortete der russische Präsident mit einem Lächeln: «Ich möchte eine offizielle Aussage zu diesem Thema machen, und ich sage das ohne Ironie: Es gibt weitere Kandidaten, beispielsweise die Fraktionsvorsitzenden. Und noch die Opposition: Kasjanow, Nemzow, Limonow und Kasparow“. Sie seien aktive und bekannte Politiker; man könne sie zwar unterschiedlich auffassen, „aber sie sind dennoch Politiker“, sagte Medwedjew.

Regierungspartei kritisiert

Zu den Krawallen auf dem Mange-Platz Anfang Dezember nahm Medwedjew ebenfalls Stellung. Derartuge Kundgebungen und Demonstrationen müssen legitim ablaufen. Gleichzeitig müsse aber die Politik Verantwortung lernen. Das gelte auch für die Regierungspartei Einiges Russland, die „vom eigenen Glanz“ geblendet sei. Die Partei müsse Intelligenz und Einfluss zeigen, korrupte Parteimitglieder müssten bestraft werden. Es sei falsch, wenn man sich auf den Lorbeeren ausruhe. „Stabilität allein bringt keine Entwicklung“, sagte Medwedjew.

Heftige Kritik an den TV-Sendern

Dmitrij Medwedjew seinerseits fragte die drei Senderchefs, ob sie in ihrer Tätigkeit frei seien. Als diese Frage einstimmig bejaht wurde, kritisierte Medwedjew die einseitige Berichterstattung der russischen Fernsehsender.

So werde das Fernsehen für seine Berichterstattung stark kritisiert, weil die Informationen stark gefiltert würden und die Wahrheit nicht ans Licht komme: „Obwohl wir ein wunderbares Fernsehen haben, sind die Nachrichtensendungen doch erbärmlich“, resümierte der russische Präsident.

Zwar müssten die Sender selbst entscheiden, wie die Nachrichten auszusehen hätten. Bei tagesrelevanten Themen müsse jedoch die Kluft in der Berichterstattung im Fernsehen und im Internet sowie in den Tageszeitungen schmaler werden.

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