Nicht alle schicken Glückwünsche

Reformer, Befreier, Zerstörer? Die Russen sind 20 Jahre nach Ende der Sowjetunion geteilter Meinung.Foto: Reuters/Vostock-Photo

Reformer, Befreier, Zerstörer? Die Russen sind 20 Jahre nach Ende der Sowjetunion geteilter Meinung.Foto: Reuters/Vostock-Photo

Michail Gorbatschow und Boris Jelzin – letzter Präsident der Sowjetunion und Geburtshelfer der Russischen Föderation. Der eine wird, der andere wäre in diesem Jahr 80 geworden.

Die Emotionen kochten hoch, als in einer russischen Talkshow ein liberaler Journalist und ein konservativer Politologe das nüchterne Thema „Der Zerfall der UdSSR - Boris Jelzin und Michail Gorbatschow“ angingen. Auch 20 Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion wird über die Bedeutung der beiden Politiker in der russischen Gesellschaft sehr kontrovers diskutiert. Was haben sie – außer seiner Auflösung – für das Land getan? In der Telefonabstimmung am Ende der Sendung erhielt der Politologe, der eine Fortsetzung des „roten Projekts“ prophezeite, sechsmal mehr Stimmen als sein Gegner.

Reformer, Befreier, oder Zerstörer

Dieser Tage feiert Russland zwei Jubiläen, die der Diskussion neue Nahrung geben: Am 1. Februar wäre Boris Jelzin, der 2007 verstorbene erste Präsident der Russischen Föderation, 80 geworden. Dmitri Medwedjew enthüllte in seiner Heimatstadt Jekaterinburg ein Denkmal für den Reformer. Die ältere Generation jedoch würde Jelzin, in dessen Regierungszeit Wirtschaft und Politik in die Hände der Oligarchen gerieten, diese Ehre nicht erweisen. Laut einer Umfrage des russischen WZIOM-Instituts für Meinungsforschung hätten heute nur noch ein Viertel der Bevölkerung im Wahljahr 1991 für ihn gestimmt. Und im Jahr 2000 glaubten 67 Prozent, dass die Jelzin-Ära Russland eher geschadet als genutzt habe. „Nach Jelzin sorgte erst Putin für Ordnung und Stabilität“ - eine Aussage, die Anfang der 2000er in Russland sehr häufig zu hören war.

Freiheit und Unsicherheit

Michail Gorbatschow, letzter Präsident der Sowjetunion, der die Demokratisierung seines Landes anstieß, den Ostblock in die Freiheit entließ und die deutsche Einheit ermöglichte, feiert am heutigen Tag seinen 80. Geburtstag, dort, wo er mehr geschätzt wird als in seiner Heimat: in London.Gorbatschow und Jelzin stehen für die Ambivalenz von Freiheit und Unsicherheit. Das scheinen die Menschen inzwischen begriffen zu haben: 2009 glaubten nur noch 56 Prozent der Russen, dass die Jelzin-Ära dem Land geschadet hätte.

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