Entweder es war die Sonne, die ihn blendete, oder aber doch das Hybridfahrzeug, was er fuhr. Foto:Kommersant
Wladimir Putin hielt in seiner Vorstadt-Residenz in Nowo-Ogarewo eine Sitzung der Regierungskommission zur Hochtechnologie ab. Zu dieser Gelegenheit hatte Multimilliardär Michail Prochorow zwei Prototypen des von ihm vorangetriebenen Projekts vorfahren lassen.
Ankommen ungewiss - Putin macht Probe aufs Exempel
Putin lobte auf der Sitzung zwar Prochorow für sein Engagement, in Russland bisher nicht etablierte Technologien für ein völlig neues Produkt anzuwenden – sparte aber auch nicht mit bissigen Bemerkungen: Er müsse anschließend zu Präsident Medwedew, das sei zwar nicht weit, aber: „Kann ich dorthin fahren? Fällt ihr Yo-Mobil unterwegs auch nicht auseinander?“, fragte er Prochorow. Der zeigte sich zuversichtlich, schließlich beträgt die Entfernung bis zu Medwedews Staatsdatscha in Gorki nur zehn Kilometer. Diese Distanz legten die beiden Yo-mobile dann auch im Bestand einer üblichen Eskorte aus Polizeiautos und Sicherheitskräften wohlbehalten zurück. Putin wählte für die Fahrt ein zweitüriges Coupe, während sich Prochorow ans Steuer eines fünftürigen Mikrovans setzte. Beide Fahrzeuge sind etwa 4 Meter lang und damit ähnlich groß wie handelsübliche Kleinwagen.
Großes Versprechen: High-Tech zum Billig-Preis
Vor der Fahrt erkundigte sich Putin nach dem zukünftigen Preis der Fahrzeuge: 450.000 Rubel (11.200 Euro) antwortete ihm Andrej Birjukow, der Generaldirektor der Herstellerfirma „Yo-Avto“. Dabei sollen bereits Extras wie Allradantrieb, Tempomat, Navigationssystem und Klimaanlage im Preis inbegriffen sein. Prochorows Onexim-Gruppe hat in der Nähe von St. Petersburg bereits mit dem Bau eines Werkes für die Produktion des neuen Fahrzeugs begonnen. Die Fabrik soll bis Ende des Jahres fertig sein und im September 2012 mit der Serienproduktion beginnen. Allerdings gibt es in der russischen Auto-Branche beträchtliche Zweifel, ob diese Fristen und Preise – wie das ganze Projekt überhaupt – zu realisieren sind. Denn bisher besticht das Yo-mobil nur durch sein ungewöhnliches Konzept, aber nicht durch vorzeigbare neue Technik.
Putin fuhr mit Designstudie
Bei den beiden Putin vorgeführten Fahrzeugen scheint es sich dem Augenschein nach um zwei im Dezember präsentierte Designstudien zu halten, die zumindest damals weder bei der Fahrwerkskonstruktion noch dem Antriebssystem den Projektplänen entsprachen. Als Antrieb dienen hier in Deutschland eingekaufte Zweizylinder-Motoren der Firma Weber, während für das Serien-Yo-Mobil ein kleiner Wankelmotor mit 60 PS vorgesehen ist.
Neuland: Kompakter Wankel und Composite-Karosserie
Dieses mit Benzin oder Gas betriebene Aggregat soll einen Generator antreiben, dessen Strom wiederum in einen 100 Kilomgramm schweren Superkondensator als Zwischenspeicher fließt. Den eigentlichen Vortrieb sollen dann zwei je 15 kW starke Elektromotoren an jeder Achse erledigen. Die Konstrukteure des Yo-Mobils versprechen, das Fahrzeug mit einem Benzinverbrauch von 3,5 Liter auf 100 Kilometer betreiben zu können. Durch den Verzicht auf eine Metall-Karosserie soll das Yo-Mobil ein Leichtgewicht auf den Straßen werden: Es soll leer nur 650 bis 700 Kilogramm wiegen. Die Außenhülle soll dabei aus einem auf Polipropylän basierenden Composite-Material hergestellt werden – auch dies wäre ein Novum im Autobau.
Möglicherweise ist alles ein großer Bluff
Mangelnde Erfahrung der Schöpfer, technisch wagemutige Konstruktionen, die unklaren Marktperspektiven und schließlich auch der begrenzte finanzielle Spielraum lassen das Projekt deshalb bislang eher unrealistisch erscheinen. Möglicherweise, so wurde in den russischen Medien schon gemutmaßt, will Onexim-Chef Prochorow auf diese Weise nur bei der nach Modernisierungs-Initiativen lechzenden Staatsspitze für sich gut Wetter machen.Denn auch wenn sich das Yo-mobil als Totgeburt erweisen sollte, hätte er ja bereits seinen guten Willen bewiesen, sich redlich bemüht zu haben, etwas Neues auf die Beine zu stellen - was sich in Russland dann aber wieder einmal doch nicht umsetzen ließ.
Dieser Artikel erschien zuerst bei Russland-Aktuell.
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