Aber vor allem: Hochzeitsgesellschaften. Ein Tag nach dem offiziellen Akt von William und Kate im fernen England
ist auch hier die Hochzeitssaison voll eröffnet. Und pardon, ein
Klischee stimmt: Die Frauen, sie tragen Festtagschuhe, die hochhackiger
nicht sein könnten. Dumm, bei all dem Katzenkopfsteinpflaster auf dem
Roten Platz. Doch wie das so ist mit Traditionen: Die Bräute samt
Gefolgsdamen stolpern und stürzen lieber, statt die Schuhe auszuziehen.
Doch es gibt Zeichen, die auf Aufbruch deuten: Es wird anders
fotografiert. Wer normale Fotos macht ist hier entweder fremd oder alt.
Alle anderen knipsen gebückt zwischen ihren Beinen durch nach hinten
während zehn Meter weiter die Freundin durch die eigenen Beine hindurch
Faxen macht.
Es gibt noch viel mehr Kreativität in dieser Stadt, in der schon der
Alltag den Menschen jede Menge Fantasie abnötigt, in der das reguläre
Durchschnittseinkommen bei umgerechnet 2000 Euro liegt und eine Wohnung
soviel Miete kosten kann wie in München. Glücklicherweise müssen viele
Mokauer nicht mieten, sie besitzen mindestens eine Wohnung, die sie auf
dem Schwarzmarkt vermieten. Und den Rest verdienen sie dazu, indem sie
entweder Besuchern überteuerte Matroschkas andrehen
oder mit ihrem Auto als illegale Taxifahrer durch die Stadt cruisen und
Fußgänger mitnehmen, sobald diese seitlich die Hand ausstrecken.
Es scheint Mitfahrer genug zu geben, obwohl die Metro nicht nur ein
architektonischer Traum ist, sondern man sich bei der Vielzahl am
Polizisten dort deutlich sicherer fühlt als auf dem mit Plastikflaschen
und Papiertüten bedeckten Rücksitz eines hochgetunten Illegal-Taxis.
Außerdem, in der Metro ist man extra fürsorglich zu den Fahrgästen. In
welcher Stadt sonst läuft bei jeder Rolltreppe eine Permanentdurchsage,
in der man gebeten wird, beim Verlassen der Treppe nicht hinzufallen und
auch seinen Rock nicht einzuklemmen?
Sehr wohlmeinend ist es auch, einen Tag der Toleranz und gegen
Fremdenfeindlichkeit in den Schulen abzuhalten, ein Tag, den man sicher
nicht abhalten würde, wenn er nicht nötig wäre. Trotzdem, cool bei sind
solche Tage nicht. Cooler ist da schon das alljährliche Comicfestival,
das dieses Jahr mit Unterstützung des Goethe-Institutes und der EU zu
einem internationalen Comicworkshop werden soll, an dessen Ende 50 000
Comicbüchlein an den Schulen im Land verteilt werden sollen. Der
offizielle Slogan: Respekt. Der inoffizielle Slogan: »Du musst deinen
Nachbarn nicht lieben – respektier ihn einfach!« In diesem Sinne sind
wir sehr gespannt auf morgen, den ersten Mai.