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Medwedjew will seit je die Bedingungen für in- und ausländische Investoren verbessern, jetzt zeigt er Taten und setzt Fristen. Und da einige dieser Maßnahmen mit Sicherheit auf den Widerstand mächtiger Interessengruppen stoßen werden, sind die Reformen ein wichtiger Test für sein Durchsetzungsvermögen und seine Pläne, für eine weitere Amtszeit als Präsident zu kandidieren. Selbst nur ein Teilerfolg würde Medwedjew erlauben, beim Wahlkampf auf die Themen Korruptionsbekämpfung und staatliche Transparenz zu setzen.
Damit wird er vermutlich die aufstrebende Mittelschicht erreichen und einige „Protestwähler“. Das schlechte Abschneiden der Regierungspartei Einiges Russland bei den jüngsten Regionalwahlen zeigt, dass die Wähler mit dem Status quo unzufrieden und zu einem Wechsel bereit sind.
Der Erfolg von Alexej Nawalny, führender Blogger gegen Korruption, ist ein weiteres Alarmsignal für Medwedjew. Bemerkenswerterweise ähneln eine ganze Reihe der vom Präsidenten vorgeschlagenen Maßnahmen den Forderungen Nawalnys.
Medwedjew hat ein einfaches und überzeugendes Argument: Transparenz fürchten nur jene, die etwas zu verbergen haben. Das ist keineswegs eine abstrakte Behauptung. Nawalnys wiederholte Forderung nach Einsicht in die Protokolle von Vorstandssitzungen staatlicher Unternehmen stieß auf heftigen Widerstand.
Die umstrittenste von Medwedjews Maßnahmen ist die Entlassung der Staatsbeamten aus den Vorständen, darunter einflussreiche Minister und mehrere Vizepremiers. Die Logik dahinter ist indes einfach: Ein Regierungsbeamter, der gleichzeitig einen Konzern oder eine Bank leitet, steht vor einem inhärenten Konflikt zwischen öffentlichem und unternehmenseigenem Interesse.
Wie üblich kommt es bei solchen Initiativen auf die Umsetzung an. Zunächst einmal ist noch nicht klar, wer die Staatsbeamten auf dem Vorstandssessel ablösen soll. Kritiker behaupten, Medwedjew verfüge über kein geeignetes Team. Ob das zutrifft, werden die von ihm vorgeschlagenen Kandidaten zeigen.
Zweitens ist unsicher, ob die neuen Vorstandsvorsitzenden ihre Unternehmen auch tatsächlich führen. Es wäre durchaus denkbar, dass sie das Management schlicht übergeht. Oder umgekehrt die Vorstände nach den Direktiven der Regierung agierten. Im letzteren Fall wären alle reformistischen Bestrebungen eine Farce. Die gute Nachricht ist jedoch laut Medwedjews wichtigstem Wirtschaftsberater Arkadi Dworkowitsch, dass auch die staatlichen Direktiven „reformiert“ werden sollen.
Bestimmt erfahren wir noch vor dem 1. Juli, ob Medwedjew sein ehrgeiziges Programm umsetzen kann und in der Lage ist, weiteren Einfluss zu gewinnen.
Sergej Gurijew ist Direktor der New Economic School in Moskau. Alexander Zywinski ist Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Yale Universität.
Dieser Beitrag erschien in The Moscow Times.
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