6 Jahre hat es gedauert, bis Amnesty Chodorkowski und Lebedew als politische Gefangene eingestuft hat. Foto: Getty Images/Fotobank
Am Dienstag hatte ein Moskauer Bezirksgericht das Urteil gegen die beiden Ex-Yukos-Bosse Michail Chodorkowski und Platon Lebedew um ein Jahr Haft gemildert, so dass sie statt 2017 bereits 2016 auf freien Fuß kommen. Am Abend erklärte Amnesty sie zu „Gewissenshäftlingen".
Alexander Brod von der Russischen Bürgerkammer erklärte heute: „Für mich ist das eine überraschende Entscheidung, denn für alle ist der Fall Chodorkowski und Lebedew ein Wirtschaftsfall."
AI habe deshalb mehrmals auf die Anerkennung der beiden als politische Häftlinge verzichtet. Es sei unverständlich, warum sie gerade jetzt ihre Meinung ändern.
In russischen Menschenrechtskreisen herrscht dagegen Zufriedenheit über die Entscheidung von Amnesty. Alexej Simonow vom „Fonds zum Schutz der Glasnost" sagt, er freue sich über „den Sieg des gesunden Menschenverstands".
Zufriedenheit bei Menschenrechtlern
Diese Entscheidung würde dazu führen, dass Amnesty nun eine Unterstützungskampagne in der ganzen Welt starten würde, so Simonow. Unter anderem würden bald Briefe aus aller Welt nach Moskau gehen, in denen die Revision des Urteils gefordert werde.
Ludmila Alexejewa, Leiterin der Moskauer Helsinki-Gruppe, zeigt sich ebenfalls zufrieden mit der Amnesty-Entscheidung. „Das zeigt die internationale moralische Verurteilung dieses Gerichtsurteils. Das ist wichtig. (...) Ich unterstütze diese Entscheidung, wenn ich auch sagen muss, dass Amnesty International lange in dieser Frage gezögert hat."
Amnesty: Schwere Rechtsverletzungen beim zweiten Prozess
Die Programmdirektorin von Amnesty International Europa und Zentralasien, Nicola Duckworth, kommentiert die Entscheidung folgendermaßen: „Unabhängig davon, ob Michail Chodorkowski und Platon Lebedew in der ersten Sache schuldig oder unschuldig waren:
Heute gibt es überhaupt keine Zweifel daran, dass der zweite Prozess unter gröbstem Bruch der Rechtsnormen verlief und einen politischen Hintergrund hatte.
Wir sehen über mehrere Jahre, wie diese beiden Menschen zwischen die Mühlsteinen eines Gerichtssystems geraten sind, das nicht juristische, sondern politische Fragen klärt.
Das heutige Verdikt hat klar gezeigt, dass russische Gerichte auf niedriger Instanz die Rechtsprechung in diesem Fall nicht gewährleisten können oder wollen."
Laut Duckworth ist der Oberste Gerichtshof Russlands jetzt die letzte Hoffnung auf gerechte Rechtsprechung.
Dieser Artikel erschien zuerst auf Russland-Aktuell.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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