Altai: Land voller Energie

Altai - Ein Himmel auf Erden. Foto: Lori/Legion Media

Altai - Ein Himmel auf Erden. Foto: Lori/Legion Media

Hier an der Grenze zur Mongolei und zu Kasachstan findet man Relikte alten Schamanenglaubens und prähistorische Felszeichnungen über blühenden Wiesen. Von Wildwasserkanufahren, Wandern, Bergsteigen bis zu Übernachten in einer traditionellen Jurte – Altai bietet eine Vielzahl von Vergnügen.

Ein Nachtzug bringt die Besucher aus der sibirischen Hauptstadt Nowosibirsk in das entlegene Bijsk mit seinen Holzhäusern und der im 19. Jahrhundert durch Kaufleute erbauten Kirche mit Silberkuppel. Bijsk ist bekannt für seine kunstvoll verzierte Steinhäuser im sibirischen Barock, eines davon ist das städtische Museum.

Die Straße hin zu den Bergen am Horizont wird immer malerischer, je weiter sie sich in Wäldern und Tälern verliert. Hier werden sogar einige saisonale Märkte organisiert, wo verschiedene  Produkte aus der Region verkauft werden: Honig mit Nüssen, eingelegte Gurken, Liköre aus Waldfrüchten oder Marmelade aus Walderdbeeren. Besucher aus der näheren Umgebung erholen sich an den Sommerwochenenden an den Ufern des Flusses Katun.

Der Katun (was in der Landessprache “Prinzessin” bedeutet) fließt durch Kiefernwälder, vorbei an hohen Klippen, an Dörfern und Sommerhaussiedlungen. Zahlreiche Firmen bieten Rafting-Touren an, die von zwei Stunden bis zu mehreren Tagen reichen. Die Teilnehmer werden mit Rettungswesten sowie wasserdichter Montur und Helmen ausgestattet, um für die Wildwassertour vorbei an Felsen und Inseln vorbereitet zu sein.

Abenteuerlustige können ihre Geschicklichkeit in Klettergärten wie dem “Extreme Park” erproben. In der Nähe des bekannten Örtchens Tschemal kann man den Staudamm des Wasserkraftwerkes per Hochseil überfliegen oder von den Klippen Bungee springen. Besucher, die das spirituelle Erlebnis suchen, pilgern zur Inselkapelle St. Johannes, die nur über eine schwankende Seilbrücke zu erreichen ist, oder nehmen an einem der New-Age-Festivals teil.

Der Tschuiski-Trakt, eine 600 Kilometer lange Hauptstraße zur mongolischen Grenze, durchschneidet die Republik und bietet ständig wechselnde, dramatische Ausblicke. Der höchste Punkt ist der 1600 m hohe Seminski-Paß, wo es einen Steinkreis, eine Handvoll Cafés, Souvenirläden sowie eine Sportanlage gibt. Die Berge ringsum sind mit wunderschönen Wildblumen bewachsen, wie Lupinen, Schneerosen, Lilien und Akelei.

Der nächste Paß, lang und kurvenreich, wird „Schwiegermutterzunge“ genannt. Hier schmilzt der Schnee erst im Spätfrühling, und in manchen Jahren kann man bis in den Mai hinein Ski laufen. Neben der Straße findet man geheimnisvolle Steinfiguren, bekannt als “ steinerne Großväter”. Steinritzungen im roten Gestein von Hirschen oder Bisons haben Tausende von Jahren überstanden.

Südlich des Tschuiski-Trakts erheben sich schneebedeckte Berge über staubigen Ebenen, durchschnitten von reißenden eiskalten Flüssen. Die Berge sind nur zu Fuß zu erkunden, aber die Bemühung lohnt sich: die Aussichten sind atemberaubend. Das Tourismusunternehmen “Sib-Alp” betreibt einen Campingplatz in der Gegend, wo man in Jurten, dem traditionellen Zelt der Nomaden, übernachten kann, eine kalte Quelle und kiefernholzbefeuerte Banja inklusive. Übliche Schwierigkeiten wie Plumpsklo, Insekten und extreme Temperaturen sind hier fast unempfindlich: Die Natur ist wunderschön.

Die Ebenen und Täler hier im Schatten des Berges Ak-Tru unweit des Viehzüchterstädtchens Aktasch gehören zu den atemberaubendsten im gesamten Altai. Die Felder sind voller Blumen: blauer Enzian, goldene Luzerne und Labkraut, lila Wicken, Glockenblumen und Mädesüß. Der Altai ist bekannt für seine vielfaltige Flora, darunter seltene und bedrohte Pflanzen. Biosphärenreservat und verschiedene Naturschutzgebiete machen die Region zum Paradies für Naturfreunde.

Weiter östlich gehen saftige Wiesen in felsige Mondlandschaften über mit vereinzelten knotigen Bäumen. Erdhörnchen huschen zwischen Felsen und Kissen wilden Thymians hin und her und Gänsefingerkraut bildet wuchernde, übelriechende Teppiche zwischen niedrigen Büschen. Adler, Milane und Bussarde kreisen über der Landschaft. Kosch Agatsch, die letzte Stadt vor der Grenze, wirkt verlassen, dementsprechend ist auch Ihr Spitzname: „Abschiedsbäume“.

“Kurgany”, die hiesigen Grabhügel, wirken gespenstisch in der Wüste, die sich bis hin zur mongolischen Grenze erstreckt. Der alte Telengiti-Stamm hat kürzlich seinen traditionellen Platz für religiöse Rituale restauriert, um seine Naturreligion zu erhalten. Der offene Platz mit Steinkreis und Altar wurde gewählt, weil man von hier aus einen freien Blick auf die drei heilige Berge am Horizont hat. Slawa Toktoschew, einer der Organisatoren der Restaurierungarbeiten, erklärt uns, der Altar sei ein “spiritueller Tisch: ein Mittelpunkt für Natur, Bäume, Berge und Urgewalten.”


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