Präsident Dmitri Medwedew in Magnitogorsk. Foto: RIA Novosti
"Korruption ist leider ein großes Problem“, erklärte Medwedew auf einer Tagung der von ihm eingerichteten Kommission für Modernisierung in Magnitogorsk. Er forderte, dass bis Mitte des Jahres alle Minister in Aufsichtsräten durch unabhängige Repräsentanten ersetzt werden und verlangte eine Senkung der Sozialabgaben, die erst in diesem Jahr trotz heftigen Widerspruchs erhöht worden waren.
„Ein Satz von 34 Prozent kann viele Sektoren strangulieren“, sagte Medwedew. „Ich werde die Regierung beauftragen, den Steuersatz ab 1. Januar 2012 wieder zu verringern. “Der führende Wirtschaftsberater des Kreml, Arkadi Dworkowitsch, äußerte dazu, dass diese Maßnahme den Staatshaushalt 400 bis 500 Milliarden Rubel (10 bis 12 Milliarden Euro) kosten könnte.
Die Verquickung zwischen Verwaltung und Unternehmen ist ein russisches Phänomen und zeigt sich bei zahlreichen staatlich kontrollierten Wirtschaftsgiganten. Zum Beispiel ist Finanzminister Alexej Kudrin Mitglied des Kontrollgremiums bei der Außenhandelsbank WTB, und der Stellvertretende Ministerpräsident Igor Setschin übt diese Funktion beim Mineralölkonzern Rosneft aus. Im Aufsichtsrat des Gasmonopolisten Gazprom sitzen gleich drei Köpfe des Staates, nämlich Wirtschaftsministerin Elvira Nabiullina, Energieminister Sergej Schmatko und der Erste Stellvertretende Ministerpräsident Wiktor Subkow.
Medwedew forderte auch die schnelle Umsetzung des Vorhabens der russischen Regierung, größere Anteile an staatlichen Schlüsselunternehmen zu privatisieren. Mit dem Verkauf von 10 Prozent an WTB hatte diese Initiative in diesem Jahr begonnen. Außerdem müssen Gazprom, Transneft und die staatliche Russische Eisenbahn ihre Materialkosten um 10 Prozent jährlich senken.
Der Präsident ist der Ansicht, dass Korruption das Hauptproblem für die Wirtschaftsentwicklung und ein vernünftiges Investitionsklima sei. „Korruption bleibt ein Faktor, der sich auf die gesamte Wirtschaftssituation auswirkt. Weil sie die Wirtschaft im Griff hat, müssen wir ihr jetzt endlich an den Kragen.“ Laut Medwedew können nur Investitionserhöhungen sicherstellen, dass eine neue Wirtschaft mit kreativen, qualifizierten Arbeitsplätzen entsteht.
Dazu plant Medwedews einen Investmentfonds. Er soll sowohl durch den russischen Staat als auch durch ausländische Fonds gebildet werden, die in die russische Wirtschaft investieren wollen. Er soll bis Mitte des Jahres eingerichtet werden und vorerst mit 1,4 Mrd. Euro ausgestattet werden. Das Volumen soll dann schrittweise auf 7 Milliarden erhöht werden. Der Fonds soll einen weiteren Kapitalzufluss von mindestens dem Fünffachen seiner eigenen Größe auslösen, erläuterte Medwedew seine Wirkungsweise.
}
Medwedew hat auch das Wirtschaftsentwicklungsministerium mit neuen Befugnissen ausgestattet, um das Investmentklima im Land zu verbessern. „Das Ministerium wird bevollmächtigt, dem Justizministerium Vorschläge zur Beseitigung von Verwaltungsvorschriften zu machen, die die Abwicklung von Geschäften und Investitionen erschweren. Seinerseits wird das Justizministerium zudem Behörden, die das Geschäftsleben behindernde Vorschriften eingeführt haben, zur Auflage machen, sie unverzüglich wieder zu revidieren."Gleichzeitig sei ein Gesetz in die Staatsduma einzubringen, das die Befugnisse der Kommission zur Überwachung von Transaktionen in strategisch bedeutsamen Sektoren wieder einschränken soll, weil die überbordende Bürokratie viele Initiativen abgewürgt hat.
Auch das Problem der Transparenz für Minderheitsaktionäre steht für den Präsidenten auf der Tagesordnung. „Wenn Minderheitsaktionären vorsätzlich bestimmt Informationen vorenthalten werden, kann dies nur bedeuten, dass etwas verschleiert werden soll," wetterte Medwedew. „Jeder Verstoß gegen die Rechte von Minderheitsaktionären ist ein Beispiel für eine inkompetente Geschäftsführung.“ Er kündigte an, dass die staatliche Behörde für Regulierung und Überwachung der Finanzmärkte die Einhaltung dieser Forderung kontrollieren werde.
Mit Blick auf die erfolgte Aufhebung der erst kürzlich verschärften Einreise- und Registrierungspflichten für Ausländer sowie im Hinblick auf seine Forderung, die Sozialsteuer zu senken, beauftragte Medwedew die Regierung, künftig sicherzustellen, dass Gesetzentwürfe und Verordnungen rechtzeitig vor ihrer Inkraftsetzung mit Verbänden erörtert werden.
Schließlich kritisierte der Präsident auch die aktuelle Bildungspolitik und Hochschulbildung. Auf seine Frage, wie viele Hochschuleinrichtungen im Land existierten, erwiderte Erziehungs- und Wissenschaftsminister Andrej Fursenko, es gäbe zwischen 1200 und 1300 staatliche und private Einrichtungen. Trocken verkündete Medwedew: „Wir sind der Meinung, dass die Hälfte davon problemlos ohne Verlust für die Qualität der Ausbildung geschlossen werden könnte.“ Als Fursenko die Augen rollte, setzte er zu: „Im Gegensatz zu Ihnen darf ich so etwas sagen.“
(Reuters, Bloomberg, Interfax)
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Tageszeitung The Moscow Times.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!