Michael Prochorow, Parteivorsitzende von Prawoje Delo. Foto: Reuters/VostockPhoto
Auf einer Pressekonferenz sprach der Parteivorsitzende Michail Prochorow erstmals über sein Wahlkampfprogramm. Dabei lobte er provozierend die georgischen Behörden und wiederholte, er wolle Wladimir Putins Job als Ministerpräsident nur, wenn man ihm freie Hand in der Politik lasse. "Wir müssen den Plan wieder aufnehmen, ein großes Europa von Lissabon bis Wladiwostok zu bauen", verkündete Prochorow. "Russland muss einen kühnen strategischen Schritt vorwärts gehen und sich sowohl dem Schengenraum wie der Eurozone anschließen."
Die Idee eines "großen Europa" wurde erstmals von Putin in einem Artikel für die Süddeutsche Zeitung erwähnt. Sein Vorschlag bezog sich jedoch auf Hindernisse für Russlands Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO, die, wie er schrieb, von westlichen Ländern aufgebaut würden. Politische Beobachter sagen, Prochorows Rede sei ein Versuch gewesen, Stimmen zu fangen und nicht etwa Opposition gegen das politische Establishment zu machen. Doch es könnte sein, dass die Behörden allmählich an ihrer Unterstützung für Prochorow zu zweifeln beginnen.
Pro-Kreml-Projekt
Die Partei wurde 2008 als Pro-Kreml-Projekt gegründet und sollte als Sammelbecken für liberale Wähler dienen. Medwedjew, ein selbsternannter Liberaler, traf mit Prochorow kurz nach dessen Wahl zum Vorsitzenden von Prawoje Delo zusammen und lobte einige seiner Ideen. Doch einige Mitglieder der Regierungselite sehen Prochorow als einen kühnen politischen Emporkömmling - das meint Mark Fejgin, Mitglied der oppositionellen vereinigten demokratischen Bewegung „Solidarität“ am Telefon. "Sie könnten irritiert sein, weil Prochorow ein ehrgeiziger und reicher Mann ist, der vielleicht zu weit gehen wird, und sie wollen ihn ein bisschen klein halten."
Prawoje Delo könnte das Schicksal der linksgerichteten Partei "Gerechtes Russland" teilen, die mit dem Segen des Kreml 2006 gegründet wurde, um den Kommunisten Wähler wegzunehmen. Sie fiel dieses Jahr jedoch in Ungnade, als sie begann, stattdessen Stimmen von der Putin-Partei „Einiges Russland“ abzuziehen.
Indes hat „Einiges Russland“ Prochorows europäische Integrationsvorschläge umgehend in der Luft zerrissen. "Prochorow mag zwar höchstpersönlich der Eurozone beigetreten sein, aber niemand hat unser Land zum Beitritt eingeladen", so der hochrangige Parteifunktionär Juri Schuwalow gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax sarkastisch. "Und selbst wenn man uns einladen würde, bedeutet das keineswegs, dass wir die Einladung mit Freuden annehmen sollten, denn dies würde die Souveränität Russlands gefährden.“
„Äußerst cleverer Schachzug“
Alexej Muchin, Politologe vom Zentrum für Politische Information, hält den Vorschlag des Beitritts zur Eurozone für einen äußerst cleveren Schachzug, um Wähler außerhalb der liberalen Stammwählerschaft der Partei zu erreichen. "Die liberale Öffentlichkeit wird von der Idee begeistert sein, aber auch bei der älteren Generation wird sie Unterstützung finden, denn die weiß auch ohne Prochorow, dass es besser ist, Ersparnisse in Euro zu haben als in Rubeln“, so Muchin am Telefon. Muchin räumte allerdings ein, dass die Wähler Prochorow, dessen Nettovermögen vom Magazin Forbes auf 18 Milliarden Dollar geschätzt wird, noch immer als Oligarchen sähen - als einen korrupten Kapitalisten, der mit der Regierung im Bunde steht.
Prochorow, 46, der vor seiner Wahl zum Vorsitzenden von Prawoje Delo im Juni keinerlei politische Erfahrung vorzuweisen hatte, verspricht, dass er seiner Partei mit 15 Prozent die zweitgrößte Fraktion in der Duma verschaffen werde. In den verbleibenden dreieinhalb Monaten hat er allerdings noch einen langen Weg vor sich, denn die Unterstützung für die Partei bewegt sich laut jüngsten Umfragen noch immer um die zwei Prozent.
Laut Alexander Muchin werde Medwedjews Unterstützung für Prochorow Putin nicht passen, der immer noch der Dienstälteste im regierenden Tandem und Vorsitzender von „Einiges Russland“ ist. Prochorow "ist vielleicht begeistert von dieser Unterstützung, doch das könnte Rivalitätsgefühle in Putin wecken, der immerhin den Aufbau sämtlicher Parteien im Land in der Hand hat", so Muchin.
Dieser Beitrag erschien ungekürzt zuerst in The Moscow Times.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!