Baltikum im Fernen Osten Russlands

Der Lenin-Platz. Foto: Itar Tass

Der Lenin-Platz. Foto: Itar Tass

Glänzende Kirchen, die sich harmonisch in die elegante Architektur des 19. Jahrhunderts einfügen, eine lebendige Kulturszene und die Nähe zur urwüchsigen Taiga machen Chabarowsk an den Ufern des gewaltigen Amur zu einer der schönsten Städte Russlands. Der letzte große Halt auf der transsibirischen Strecke vor Wladiwostok mit seinen 620 000 Einwohnern hat so gar nichts Asiatisches an sich. Zwar liegt China nur einen Katzensprung von 30 Kilometern entfernt, doch fühlt man sich in der Stadt eher an die 8000 Kilometer entfernte Ostseeküste erinnert.

Im Sommer strahlt Chabarowsk ein leichtes mediterranes Flair aus; Sonnenanbeter strömen an die Uferstrände, um ein Sonnenbad zu nehmen und knusprig braun zu werden. An den Uferstraßen pulsiert das Leben, hier gibt es mehrere Cafés und Restaurants mit Live-Rockbands, die oft bis spät in die Nacht auftreten. Besucher können mit Tragflügelbooten Vergnügungsfahrten auf dem Amur unternehmen. Am Abend lockt der zentrale Lenin-Platz, der für seine kunstvollen Brunnen berühmt ist, Skater, heimische Künstler, Familien und Spaziergänger an. Oder eine 90-minütige Fahrt auf dem Amut bietet eine wundervolle  Gelegenheit, die beleuchtete Architektur am Ufer zu betrachten. Es werden aber auch längere Fahrten nach Norden bis zu den Städten Komsomolsk-na-Amure und Nikolajewsk-na-Amure angeboten.

Gegründet wurde die alte Dame bereits 1858, und alles, angefangen von den breiten Alleen, den präsowjetischen Gebäuden und den Straßenbahnen bis zu den malerischen Cafés, den Plätzen mit Springbrunnen und den belebten Uferstraßen erinnert an Europa. An der Murawjowa-Amurskowo-Straße präsentieren sich dem Besucher schöne Ziegelbauten aus dem 19. Jahrhundert sowie vorrevolutionäre Architektur, die von der Stadtverwaltung sorgfältig gepflegt wird. An dieser Straße befindet sich auch das regionale Geschichtsmuseum, eines der besten im Fernen Osten Russlands.

Während die Stadt einerseits stolz ist auf ihre sowjetische Vergangenheit, erlebt sie andererseits auch eine religiöse Renaissance. Der ehemalige Gouverneur Viktor Ischajew spielte eine bedeutende Rolle beim Wiederaufbau russisch-orthodoxer Kirchen, die während der Stalinschen Säuberungen zerstört worden waren. In der Stadt befindet sich auch die größte orthodoxe Kirche im Fernen Osten Russlands - die Verklärungskirche mit ihren goldenen Kuppeln, die sich dem Besucher schon beim Landeanflug auf die Stadt deutlich zu erkennen gibt.

Der Zentrale Park in Chabarowsk. Foto: Lori Legion Media


Während die Sommer heiß und feucht sind, stürzt im Winter die Temperatur auf durchschnittliche minus 30 Grad ab. Doch auch diese Zeit hat ihre Reize: Man kann auf dem zugefrorenen Amur lange Spaziergänge unternehmen, und auf dem Lenin-Platz gibt es Eisskulpturenfeste und einen der größten Weihnachtsbäume in der Region.

Großartige Natur

Keine Reise nach Chabarowsk wäre vollständig ohne ein Picknick in den nahegelegenen Wäldern. Viele Bewohner haben ein Sommerhäuschen, die meisten in Woronesch-1, einer Gegend, die für eine Grillparty mit Bier und volkstümliche Weisen wie geschaffen ist.

Wer das Abenteuer sucht, macht sich allerdings gleich zum Berg Heksir auf, dessen Gipfel 970 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Der Aufstieg gestaltet sich schwierig und führt durch dichte Wälder. Hier beginnt die große Ussuriskaja Taiga, die Heimat des Amur-Tigers, des größten Tigers der Welt.

Auf dem Weg zum Gipfel des Heksir bieten sich immer wieder herrliche Ausblicke auf Chabarowsk, und von der Spitze aus kann man die Kuppeln ihrer Kirchen erspähen. Doch viele, die die Strapazen der Bergwanderung zum Heksir auf sich nehmen, wollen eigentlich einen Blick auf die russisch-chinesische Grenze werfen. Obwohl man dort, wo der Ussuri in den Amur mündet, von China lediglich ein Stück Wald sieht, braucht man für die Gipfelwanderung eine Sondergenehmigung, da es sich um ein politisch-militärisch sensibles Gebiet handelt.

Der Archipel der Schantar-Inseln. Foto: RIA Novosti


Ganz in der Nähe von Chabarowsk befindet sich auch der abgeschiedene Archipel der Schantar-Inseln, einer Inselgruppe, die in den Wintermonaten völlig unzugänglich ist. Die 15 Inseln im Ochotskischen Meer sind berühmt für ihre schroffen Steilküsten und dichten Tannenwälder. Im Sommer jedoch ist der Archipel ein Paradies für Naturfreunde. Hier bekommt man Bartrobben, Grönlandwale und die vom Aussterben bedrohten Grauwale zu sehen. Von Chabarowsk kommt man nur per Hubschrauber auf die Inseln, oder man heuert auf einem der Fischdampfer an, die in den vier eisfreien Monaten im Jahr auslaufen können, bevor der Eisgang den Archipel wieder unzugänglich macht.

Ajay Kamalakaran war von 2003 bis 2007 Herausgeber von The Sakhalin Times.

Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!