Foto: Phoebe Taplin
Weihnachten in Russland
Weihnachten könnte so einfach sein. War es auch mal: vor etwa 300 Jahren, als Peter der Große in Russland noch das Sagen hatte und von seinen Reisen aus Europa den Tannenbaum und ein paar andere Traditionen mitbrachte. Seitdem gab es in Russland einige Umstürze – und Weihnachten ist kompliziert geworden.
Machen wir uns zunächst mit dem Personal vertraut. Der Weihnachtsmann heißt „Djed Moros“ – Väterchen Frost. Er kommt in Begleitung seiner Enkelin Snegurotschka (dem Schneeflöckchen), einer lieblichen jungen Frau. Beide wohnen seit über zehn Jahren offiziell etwa 950 Kilometer nördlich von Moskau, in Welikij Ustjug.
Moskaus Bürgermeister Jurij Luschkow hatte aus unerklärbaren Gründen die 30 000-Einwohner-Stadt zur Hauptresidenz von Väterchen Frost erklärt. In der Silvesternacht spannt er dort die Pferde vor die Trojka und macht sich hurtig auf, Geschenke zu verteilen. In der Silvesternacht? Eben. Genau hier wird die Geschichte kompliziert. Wenn in Europa schon die Tannenbäume nadeln, geht die Feierei hier erst richtig los.
Denn was Peter der Große begründete, schafften die Bolschewiken nach der Oktoberrevolution ab: Das Fest zur Geburt Christi war den Atheisten ein Dorn im Auge. Und sie führten den gregorianischen Kalender ein, der schon in ganz Europa galt. Die russische Kirchenführung dagegen blieb dem julianischen Kalender treu. Da der aber gegenüber der neuen Variante um 13 Tage „nachging“, fällt das Weihnachtsfest seit dieser Zeit in Russland auf den 7. Januar. Viel zu feiern gab es zu Sowjetzeiten freilich nicht. Weihnachten wurde zu einem Fest in den eigenen vier Wänden, für manche Querdenker und geheime Kirchgänger.
Dass es ganz ohne großes Winterfest doch nicht geht, wurde den Kommunisten ein paar Jahre später klar. Sie schufen ein atheistisches Weihnachten, legten es auf den 1. Januar und nannten das Fest „Nowy God“ - Neujahr. Der erste sowjetische Neujahrsbaum wurde 1937 im Säulensaal des Moskauer Gewerkschaftshauses aufgestellt. Auch Djed Moros marschierte ein.
Die Russen freundeten sich schnell mit dem Fest an, bis heute ist Nowy God der wichtigste Feiertag, an dem die Familie an einem reich gedeckten Tisch beisammensitzt, Streithähne einander um Entschuldigung bitten und Geschenke unterm Tannenbaum liegen.
Gleichzeitig gewinnt das ursprüngliche Weihnachten („Roschdestwo“ – Geburt) wieder an Bedeutung. Christen fasten heute wieder 40 Tage vor dem Weihnachtsfest und beginnen das Festmahl mit Sotschiwo, einer Speise aus Nüssen, Mohn, Honig und Getreide. An Heiligabend, dem Koljada-Fest, ziehen Prozessionen durch die Straßen. Doch damit nicht genug. Nach einem Erlass von 2005 geht Russland zwischen Weihnachten und Neujahr in einen kollektiven zehntägigen Urlaub.
Moskau wird in diesen Tagen traditionell zu einem schlafenden Riesen. Die Einwohner feiern mit ihren Familien in den russischen Regionen, die Hotels sind leer, an den Theaterkassen gibt es endlich einmal keine Schlangen. Ein wahres Weihnachtsparadies.
Wie man in Moskau Weihnachten feiert
Väterchen Forst kommt nach Moskau
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Am 24. Dezember wird Väterchen Forst mit viel Pomp in Moskau einziehen. Seine Ankunft gleicht einem Theaterschauspiel. Am selben Tag wird auf dem Roten Platz auch der größte Weihnachtsbaum Russlands aufgestellt.
Der präsidiale Weihnachtsbaum
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Eine der wenigen Naturtannen in der Moskauer Weihnachtszeit steht im Kreml. Der präsidiale Weihnachtsbaum wird traditionell am 18. Dezember im Moskauer Umland geschlagen und dann in einem wahren Staatsakt in die Hauptstadt gebracht. Insgesamt werden in Moskau mehr als 70 Weihnachtsbäume aufgestellt.
Weihnachtsmärkte in Moskau
Foto: seasons.ru
Weihnachtsmärkte gibt es auch in Moskau. Der größte befindet sich auf dem Theaterplatz in der Nähe des Bolschoi-Theaters. Internationalen Flair versprüht der Weihnachtsmarkt im Gorki-Park. Dort präsentieren nicht nur die russischen Völker ihre Spezialitäten und Souvenirs, Besucher finden auch belgische Waffeln, französischen Glühwein und italienische Pasta.
Moskauer Kreml-Glocken
Foto: Reuters/Vostok-Photo
Das Neue Jahr wird traditionell mit dem Läuten der Moskauer Kreml-Glocken eingeläutet. Danach gibt es auf dem Roten Platz jede Menge Champagner, Sekt und ein Konzert bis in den Morgen.
Schlittschuhlaufen und Skifahren
Foto: Reuters/Vostok-Photo
Am liebsten nutzen die Moskauer die Weihnachtszeit zum Erholen, zum Schlemmen und Trinken. Am zweit liebsten trainieren sie die Pfunde aber wieder ab – beim Schlittschuhlaufen oder Skifahren. Die prominenteste Eislauffläche der Stadt steht ab Mitte Dezember auf dem Roten Platz. Im Gorki-Park werden die Wege vereist und für Schlittschuhfahrer hergerichtet. Hier sollen erstmals in diesem Jahr Hundeschlitten fahren. Auch in den meisten übrigen Parks Moskaus, werden Eisflächen und Loipen angelegt. Schlittschuhe und Skier können ausgeliehen werden. (www.katok.su/roll/moscow)
Das Weihnachtstheater
Foto: bolshoi.ru
Weihnachtszeit ist auch die Zeit der Kultur. Welch ein Glück, dass das Bolschoi-Theater nach mehrjähriger Renovierung pünktlich zum Fest wieder im Weihnachtsprogramm mitmischt. Gezeigt werden der „Nussknacker" und die Oper „Carmen" (www.bolshoi.ru). Auch die übrigen Moskauer Theater und Opernhäuser bieten allerhand Märchenhaftes und Besinnliches.
Hauptgottesdienst in der Christi-Erlöser-Kathedrale
Foto: Photoxpress
Das eigentliche Weihnachtsfest feiern die gläubigen Moskauer mit einem Gottesdienst. Zum Hauptgottesdienst in der Christi-Erlöser-Kathedrale kommen fünf- bis sechstausend Menschen. Der Gottesdienst dauert von 22 Uhr am 6. Januar bis 1 Uhr am nächsten Tag. Wer die Weihnachtsmesse miterleben möchte, sollte schon ein paar Stunden früher da sein, sonst findet er keinen Platz mehr.
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