Jakob Mirkin, Vorstandsvorsitzender der Investmentgesellschaft Evrofinansy
Zur Zeit
stocke ich meine Euroinvestitionen nicht auf. Der Markt funktioniert derzeit
nach Spielregeln, die den meisten Investoren unverständlich sind, weshalb
schwer vorauszusagen ist, was mit dem Euro geschehen wird. Aber ich denke, dass
sich der US-Dollar langfristig gegenüber dem Euro verteuern wird. Die Eurozone
wird jedoch überleben, falls keine groben Fehler durch einzelne, aus dem Rahmen
fallende Aktionen wie den Referendumsversuch in Griechenland gemacht werden.“
Andrej Sawelew, Präsident der Holding RESO, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der MDM-Bank
Wir haben
unsere Europositionen schon vor zwei Monaten abgezogen. Der Euro ist gegenüber
dem Dollar momentan überbewertet. Aber ich glaube nicht, dass er als Währung
verschwinden wird. Es ist zwar möglich, dass das eine oder andere Land die
Eurozone wird verlassen müssen, aber Länder wie Deutschland, Frankreich oder
Holland, die das Fundament der Währung bilden, werden den Euro sicher nicht
fallen lassen. Die größte Bedrohung für die Währung ist jetzt nicht mehr
Griechenland, sondern Italien. Dessen Wirtschaft kann nur noch durch ein Mittel
gerettet werden: die Notenpresse, die die Europäer dummerweise bis jetzt noch
nicht eingeschaltet haben. Die Amerikaner verwenden ihre Notenpresse zur Zeit wie
Antibiotikum, das sie bereits nach dem kleinsten Husten einsetzen. Die Europäer
versuchen es hingegen zuerst mit „Naturheilmitteln“, weshalb wir die Probleme
der Eurozone genauso zu spüren bekommen werden wie die amerikanische Krise von 2008.
Die ganze Welt wird in eine erneute tiefe Krise stürzen.
Alexej Mamontow, Präsident der internationalen Moskauer Währungs-Assoziation
Natürlich
nicht. Ich bin schon seit 20 Jahren auf dem Markt tätig, leitete den Handel
auch an jenem „schwarzen Montag“ und „schwarzen Dienstag“. Man muss zwischen
der lokalen Situation und dem objektiven Trend unterscheiden. Die EU und der
Euro im Ganzen sind als Trend zu verstehen, sie sind Teil auch der zukünftigen
globalen Wirtschaft. Jetzt wird über den Euro gewettert, genauso wie zu Beginn
des Jahres über den Dollar gewettert wurde. Aber der Euro wird stärker als der
Dollar bleiben, und zwar sowohl in nächster wie auch in ferner Zukunft. Die
Eurozone wird nicht zusammenbrechen.
Steen Jakobsen, Chefökonom der Saxo Bank
Ich würde
keine Euro verkaufen. Europa muss jedoch einen Grundsatzentscheid treffen, ob
die Eurozone und der Euro selbst erhalten bleiben sollen. Der Versuch,
periphere Währungen zu retten, ohne die Zusammensetzung der EU zu ändern, kann
zu einer bedeutenden Verwässerung des Euro führen. Ich denke, der Euro wird
nicht aufhören zu existieren, im kommenden Jahr könnte sich die Anzahl
teilnehmender Länder jedoch verringern.
Wladislaw Kotschetkow, Präsident und Vorstandsvorsitzender der Investmentholding Finam
Alles hängt
vom zeitlichen Horizont eines Investments ab. Ich empfehle immer, das Geld in
jener Währung aufzubewahren, in der man sein Haupteinkommen erzielt, oder ein
diversifiziertes Portfolio zu halten. Zur Zeit sind das für einen
Rubelverdiener 50% Rubel und je 25% Dollar und Euro, weil die Wahrscheinlichkeit
groß ist, dass sich in den nächsten eineinhalb bis zwei Jahren sowohl Dollar
als auch Euro weiter abwerten. Aber ein Zerfall der EU oder des Euros ist wenig
wahrscheinlich. Wir sind in der jüngsten Vergangenheit in Frankreich oder
Deutschland immer wieder auf gewisse Aussagen gestoßen, die auf eine Aufgabe
des Euros abzielten. Solche verbalen Interventionen einzelner Politiker haben
jedoch eher spekulativen Charakter.
Michail Chasin, Präsident der Consultingfirma Neokon
Auf keinen
Fall. Wenn Griechenland die Währungsunion verlässt, wird der Eurokurs
sprunghaft steigen, und wenn auch Italien aus dem Euro ausscheidet, umso mehr.
Ein teilweiser Zerfall der Eurozone wird unumgänglich sein, weil dieses Gebilde
in seiner jetzigen Form im Umfeld des ökonomischen Abschwungs ganz einfach
nicht überlebensfähig ist. Natürlich wird sich Europa bis zum Schluss dagegen
wehren, wobei auch für die USA massive Crashs zumindest vor den Wahlen nicht
wünschenswert sind.
Anton Strutschenewskij, führender Ökonom bei der Investmentgesellschaft Troika Dialog
Nein, ich
glaube nicht, dass es zu einem Zerfall der Währungsunion kommen wird. Aber ohne
Griechenland würde die Eurozone bedeutend besser dastehen. Griechenland kann
nicht mehr gerettet werden, und für die griechischen Kreditoren sind neue
Ausgaben unausweichlich.
Andrej Romanenko, Präsident von QIWI
Ich habe nie
Euro gehalten. Nach der alten Gewohnheit geht in Russland alles über den
Dollar, weshalb die Währungskonvertierungen auch über diesen laufen. Ich glaube
jedoch nicht, dass der Euro auseinanderbrechen wird, das würde niemandem einen
Vorteil bringen.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kommersant.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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