Moskaus neue Oasen der Erholung

Der Gorki-Park wurde diese Jahr stark umgestaltet. Foto: andreyrem/Flickr

Der Gorki-Park wurde diese Jahr stark umgestaltet. Foto: andreyrem/Flickr

Eines der Versprechen von Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin lautet, dass die Parks der Hauptstadt innerhalb von fünf Jahren komplett umgestaltet werden sollen und nach der Realisierung des Programms zur „Entwicklung der Tourismus- und Freizeitindustrie 2012-2016“ zu den „besten der Welt“ gehören werden. Das Programm sieht einen Aus- und Umbau der Grünflächen in einem bisher noch nie dagewesenen Umfang vor. Doch wird die Asphalt- und Beton-Metropole Moskau tatsächlich in eine Parkstadt verwandelt?

Die neue Idylle


Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion waren die Moskauer Parks dem langsamen Tod ausgeliefert. Sie waren von Verwahrlosung, zweifelhaften Imbissbuden und Rudeln von Straßenhunden gekennzeichnet. „Wir leben in der Nähe des Sokolniki-Parks und gehen manchmal dort spazieren, obwohl er einen eher traurigen Anblick von sich gibt“, sagt der 47-jährige Wladimir Antonow. Gemäß einer kürzlich durchgeführten Studie sind etwa 63% der Bewohner Moskaus der gleichen Meinung.

Die Frage, wie die Zukunft der Moskauer Parks aussehen sollte, blieb lange offen. Nun füllt eine neue Ideologie dieses Vakuum, und die lautet: Moskaus Parks sollen für jeden Geschmack und jedes Budget etwas zu bieten haben. Die Freizeitgestaltung der Stadtbewohner lässt sich grundsätzlich in drei Kategorien aufteilen: Sport, Unterhaltung, passive Erholung, und alle drei Kategorien sollen in den erneuerten Parks angeboten werden, wobei jedes Territorium ein individuelles Entwicklungskonzept erhalten soll.

 

Für eine aktive Freizeitgestaltung


„Früher gingen die Menschen in den Park, um zu spazieren und auf einer Bank sitzend zu plaudern. Heute wollen wir in einer Reihe von Parks eine Infrastruktur für sportliche Betätigung aufbauen, damit die Besucher ihre Freizeit mit einem Nutzen für ihre Gesundheit verbinden können“, sagt Alexander Minin, stellvertretender Leiter der Organisation „Ökologie“, die zum Institut des Generalplans für Moskau gehört.

Es sieht jetzt danach aus, dass die Parks endlich vom Fleck kommen werden. „In den Parks kann man nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter Sport treiben“, sagt Moskaus Bürgermeister. So wird der Gorki-Park derzeit in ein ganzjähriges Sportzentrum umgewandelt. Während im Sommer bereits Bereiche für Fahrrad- und Skateboardfahrer eingerichtet wurden, wird Anfang Dezember die mit 15000 Quadratmetern größte Eisbahn Moskaus – und gleichzeitig eine der größten Europas – eröffnet werden. Die riesige Fläche wird in vier Zonen aufgeteilt sein: Eine Hauptzone, eine Kinder-, eine Kunsteislauf- und eine Hockeyzone. Außerdem soll ein System von Loipen angelegt werden, wodurch erstmals im Zentrum von Moskau ein vollwertiges Wintersportgebiet entstehen soll. Und im kommenden Sommer soll der Park dann den etablierten Fitnesszentren Konkurrenz machen.

 

Oasen der Ruhe


Eine weitere Entwicklungsrichtung ist der Ausbau von Spazierwegen. Um einen Spaziergang zu einem wirklich erholsamen Erlebnis zu machen, müssen drei Aufgaben gelöst werden. Die dringlichste davon ist, die Parks vom Müll zu befreien.

In einem zweiten Schritt soll in die Landschaftsgestaltung investiert werden. Dabei „muss nicht unbedingt überall neuer Rasen gesetzt werden“, meint der Vizedirektor des Botanischen Gartens der Moskauer Staatsuniversität, Alexander Rappoport, und fügt hinzu: „In Moskau gibt es bereits zahlreiche Ecken, wo die Natur ihre eigene Landschaft und ein eigenständiges Ökosystem bewahren konnte.“ In der Tat verfügen viele große Parks in Moskau bereits über ein individuelles, historisch wertvolles Gesicht.

Den Landschaftsgestaltern steht bevor, zahlreiche wichtige Aspekte zu beachten. So haben viele Moskauer das Bedürfnis, einen optischen Ruhepunkt gegenüber den dicht und monoton bebauten Schlafstädten, in denen sie leben, aufzusuchen. „Durch die Erneuerung der Parks haben wir die Chance, die Ästhetik der Stadt ein gutes Stück voranzubringen“, meint Oleg Schapiro, der im Aufsichtsrat des Medien-, Architektur- und Design-Instituts Strelka einsitzt.

Die dritte Aufgabe besteht darin, in den Parks Ruhezonen zu schaffen. „Moskau ist eine sehr laute Stadt, und eine der wichtigsten Funktionen, die ein Park in einer Metropole  erfüllen muss, ist, eine Oase der Ruhe zu sein“, meint Schapiro.

 

Lärm und Spaß


Als im vergangenen April die veralteten Fahrgeschäfte vom Gorki-Park entfernt wurden, reagierten viele zunächst mit Unverständnis: Wo werde man nun in Moskau noch Achterbahn fahren können? Die Stadtregierung beruhigt und sagt, dass es in den Moskauer Parks auch weiterhin die Möglichkeit geben wird, sich den nötigen Nervenkitzel zu holen. Dabei sollen die neuen Fahrgeschäfte nicht nur unter freiem Himmel, sondern auch in Hallen aufgebaut werden.

Andere Projekte sollen vermehrt auch Touristen anziehen. So ist im Sokolniki-Park der Bau einer Modellanlage mit Rekonstruktionen der 250 bekanntesten architektonischen Sehenswürdigkeiten Moskaus geplant, die auch das Interesse der ausländischen Besucher wecken dürfte.

Die Erneuerung der Moskauer Parks bietet eine hervorragende Chance, alte Sehenswürdigkeiten wiederauferstehen zu lassen und neue zu erschaffen. Diese Attraktionen werden nicht nur die Stadtbewohner, sondern auch die Besucher der Hauptstadt in ihren Bann ziehen.

Wie das abschließende Resultat der Kampagne zur Erneuerung von Moskaus Parks aussehen wird, ist noch unbekannt. Derzeit stehen hierfür aus dem Budget der Hauptstadt 120 Mrd. Rubel (rund 2,9 Mrd. Euro) zur Verfügung. Zusätzlich sollen private Mittel herangezogen werden. In fünf Jahren sollen sich die Besucherzahlen von heute 15 auf rund 30 Millionen Menschen pro Jahr verdoppeln. Dies wird in etwa dem jährlichen Besucherstrom im New Yorker Central Park entsprechen.

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