Wilkommen, Olympia!

Foto: Mihail Mordasow

Foto: Mihail Mordasow

Die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi, direkt am schwarzen Meer, dürften schon jetzt den Rang des bedeutendsten Projekts der jüngeren russischen Vergangenheit für sich beanspruchen können. Der Countdown zum Start der Spiele läuft und das gigantische Projekt Sotschi hat bereits deutliche Konturen angenommen – doch das hat seinen Preis.

Die Wettkämpfe in Sotschi, die erste Winterolympiade in Russland, waren schon lange vor der Entscheidung des Internationalen Olympia-Komitees (IOC) für die russische Stadt im Jahr 2007 spektakulär. Niemand wäre je auf die Idee gekommen, Wintersportwettbewerbe in subtropischem Klima durchzuführen. Verständlicherweise reagierten einige Mitglieder des IOC überrascht auf die Nachricht, dass 40 Minuten Fahrtzeit von der Küste entfernt alle Voraussetzungen gegeben sind, eine Infrastruktur für alpinen Skisport auf internationalem Niveau aufzubauen. Aber ungeachtet der Exotik dieses Projektes ließen sich die Mitglieder des IOC von der Bewerbung Russlands überzeugen und stimmten für Russland.

An den von der russischen Regierung aufgestellten Plänen zur Vorbereitung der Spiele fällt sofort das Budget auf. Anfangs wurden die Ausgaben auf 316,4 Milliarden Rubel (etwa 9 Milliarden Euro) angesetzt, von denen 185,5 Milliarden staatlich abgedeckt und der Rest aus dem privaten Sektor angeworben werden sollten. Doch nach jüngsten Schätzungen der russischen Ministerien nähern sich die Kosten der Olympiade mittlerweile bereits der Billionenmarke. Damit liegt Sotschi mit den Sommerspielen in Peking 2008 gleich auf, die bislang kostspieligsten Wettkämpfe von Olympia. Das IOC legt großen Wert darauf, das im engeren Sinne für die Olympiade vorgesehene Budget nicht mit vor- und nachgelagerten Projekten wie etwa Infrastrukturmaßnahmen zu vermischen - somit läge das Budget im Standardbereich von 2,5 Milliarden Dollar. Am Kern der Sache ändert das jedoch nichts.

Angesichts des Umfangs der innerhalb kürzester Zeit zu realisierenden Arbeiten scheinen die veranschlagten Kosten nicht übermäßig zu sein. Nehmen wir zunächst die elf Olympischen Objekte: Skipisten, Bob- und Rennschlittenbahnen, Snowboardpark, Eislaufzentrum, Sprungschanze, verschiedene Eisflächen und andere Anlagen. Sie sind wie bei Winterolympiaden üblich in zwei Kernen konzentriert. Die Wettkämpfe in Eishockey, Eiskunstlauf, Curling, Short Track Eisschnelllauf werden in der Ebene der Imeretinska-Niederung ausgetragen. In den Bergen finden unter anderem nordisch Ski, Bobbrennen, alpiner Ski und Snowboardrennen statt. Die entsprechenden Objekte werden in Krasnaja Poljana angelegt.

Die ungewöhnliche Nähe dieser beiden Cluster zueinander stellt übrigens auch eine Besonderheit von Sotschi dar. Die Austragung der Wettkämpfe wird auf sehr engem Raum stattfinden – ein Aspekt, der den Zuschauern gelegen sein wird. Letzteren wird zudem ein attraktiver Wechsel des Landschaftsbildes geboten: Der aus den Bergen ins Tal fahrende Tourist gelangt innerhalb kürzester Zeit von Minustemperaturen an die Küste mit ihrem milden subtropischen Winterklima.

Fotos: Mihail Mordasow

Die Sportkomplexe erweisen sich erwartungsgemäß als der einfachste Part des Projekts. Sie werden nach Aussage des stellvertretenden Vizepremiers der russischen Regierung Dmitri Kosak alle bereits 2012 in Betrieb genommen. Zum Jahr 2013 hin finden Testwettkämpfe statt. Einige von ihnen, unter anderem das Sportzentrum Rosa Chuto, werden jetzt bereits genutzt. Wesentlich schwieriger ist es, die Infrastruktur der Region angemessen zu modernisieren. Selbst ein flüchtiger Blick auf das Geschehen in Sotschi und Umgebung lässt keine Zweifel daran bestehen, dass die Geschichte der Olympischen Bewegung kein vergleichbares Großprojekt kennt.

Ein zentraler Faktor für die erfolgreiche Durchführung der Olympiade ist eine entwickelte Verkehrsinfrastruktur, die allerdings bis zum Beginn der Baumaßnahmen zur Vorbereitung der Winterspiele zu wünschen übrig ließ. Besonders die Verbindung zwischen den beiden Clustern bereitete den Architekten der Olympia-Kulisse Sorgen. Um die Möglichkeit eines Verkehrskollapses auszuschließen, entschied man sich für den Bau der viel diskutierten „Kombimagistrale“ von Sotschi, die eine Autostraße mit dem Schienennetz verbindet. Die sich über 48 km erstreckende Verbindung verläuft fast ausschließlich durch Tunnel oder auf Hochbahntrassen entlang von Flussufern. Angesichts der technischen Komplexität dieser Arbeiten können die Kosten des Projektes nicht überraschen. Sie belaufen sich trotz verschiedener Maßnahmen zur Drosselung der Ausgaben auf mehr als 6 Milliarden Rubel. Die „Kombitrasse“ ist damit die weltweit teuerste Magistrale gemessen an ihrem Preis pro Kilometer.

Außerdem wird in Sotschi, das über lediglich eine die Stadt durchziehende Hauptverkehrsader verfügt, noch eine Umgehungsstraße entstehen, für deren Bau 15 Brücken und 5 Tunnel einer Gesamtlänge von über 10 Kilometern angelegt werden müssen. Nicht zu reden von zunächst als nachgeordnet erscheinenden, aber nicht weniger wichtigen Projekten: Etwa der Bau eines neuen Schienennetzes, das die Belieferung der Region mit fast 100 Millionen Tonnen Frachtgut sicherstellen soll, der neue und bereits in Betrieb genommene Flughafen, die Erweiterung des Frachthafens, der Bau von insgesamt 6 neuen Kraftwerken, 16 Umspannwerken und Kläranlagen.

Hinzu kommt der fundamentale Umbau der gesamten Hotellerie der Region. Dies ist unerlässlich, soll Sotschi in ein ganzjährig attraktives touristisches Zentrum internationalen Standards umgewandelt werden. Und genau das ist das Ziel der politischen Entscheidungsträger. Das Angebot der Hotellerie soll mit der Neuschaffung von 42 Tausend Betten in Sotschi um ein Vielfaches gesteigert werden. Größtenteils handelt es sich dabei um 3-Sterne-Hotels, die nach der Olympiade in Wohnraum umfunktioniert und zum Verkauf angeboten werden sollen. Bereits im Frühjahr 2014 schließlich, wenn die Olympischen Spiele und die darauf folgenden Paralympics vorüber sind, wird Russland um eine grundlegend modernisierte Region reicher sein, die allen Vorstellungen über einen wirklich internationalen Urlaubsort entspricht.

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