Ein Jahr im Rückblick

Terroranschlag im Flughafen Domodedowo


Foto:Reuters/Vostock Photo


24. Januar


Im internationalen Terminal des Moskauer Flughafens Domodedowozündete ein Selbstmordattentäter, der sich unter den Wartenden im Empfangsbereich befand, einen Sprengsatz mit einer Sprengkraft von sieben Kilogramm TNT. Es kamen 37 Menschen ums Leben, mehr als 200 wurden verletzt.


Was bleibt?


Präsident Dmitrij Medwedew unterzeichnete eine Liste mit Anweisungen zur Verkehrssicherheit: Er unterstützte den Vorschlag zur Schaffung einer gesonderten Bundesbehörde, welche sich ausschließlich mit Fragen der Verkehrssicherheit beschäftigten sollte; er beauftragte die Regierung, Vorschläge „zur komplexen Kontrolle von Personen und Gepäck“ in Flughäfen und auf Bahnhöfen auszuarbeiten und entließ eine Reihe Beamter aus dem Apparat des Innenministeriums sowie aus der der Führung des operativen Managements des Flughafens Domodedowo.

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Verabschiedung des Polizei-Gesetzes


Foto: Lori / Legion Media

1. März 


Im Kreml erkannte man die Notwendigkeit eines Imagewechsels der Miliz nach einer Serie skandalöser Verbrechen gegenüber friedlichen Bürgern, die durch Mitarbeiter des Innenministeriums verübt worden waren. Die stärkste Reaktion rief der Fall des Majors Jewsjukows hervor, der im April 2009 in einem Supermarkt einen Kunden erschossen hatte. Diese Gesetzesvorlage war das erste Dokument, das auf Initiative von Präsidenten Dmitrij Medwedews zur öffentlichen Diskussion ins Internet gestellt wurde.

Was bleibt?

Von nun an bringt es nichts mehr, sich mit dem Ruf “Miliz!” um Hilfe zu wenden. Dank der Reform erhielten russische Polizisten nicht nur eine neue Bezeichnung, sondern auch eine neu modische Uniform.

Das Gesetz legt detailliert das Vorgehen bei der Festnahme von Personen fest. Von nun an ist die Polizei dazu angehalten die Rechte und Freiheit der Menschen und Bürger zu verteidigen und Verbrechen zu bekämpfen und nicht mehr als „Schwert der Gerechtigkeit“ des Staates aufzutreten.

Leider zeigt das Vorgehen der Ordnungshüter bei den kürzlichen Protestaktionen gegen die Wahlen, dass von einer vollständigen Umwandlung der Miliz in eine Polizei vorerst nicht die Rede sein kann.

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Abschaffung der "Winterzeit"


Foto: Reuter


27. März 


An diesem Tag haben um zwei Uhr in der Nacht nach Moskauer Zeit die Russen zum letzten Mal die Uhren eine Stunde vor, das heißt auf die Sommerzeit, vorgestellt. Erstmals wurde in Russland im Jahre 1917 eine Zeitumstellung durchgeführt. Gegenwärtig werden die Zeiger der Uhr in 79 Ländern der Welt umgestellt.

Eine Alternative zur Zeitumstellung wäre eine Verlagerung der Arbeitszeit der Betriebe in umgekehrte Richtung(das heißt im Sommer begänne die Arbeit eine Stunde früher, im Winter später). Diese Variante hat allerdings in Russlands bisher keine Anwendung gefunden.

Was bleibt?


Am 30. Oktober, als der Wechsel zur "Winterzeit" hätte stattfinden sollen, haben die meisten Computer und Smartfons die Zeit automatisch umgestellt und damit ihre Besitzer völlig durcheinandergebracht. Neben den Verspätungen auf dem Weg zur Arbeit hat diese Neuerung den Bewohnern des Landes eine Verlängerung der Tageslichtzeit im Winter sowie die Vermeidung des Stresses durch Störung des menschlichen Biorhythmusses gebracht.

Eine tatsächliche Einsparung von Elektroenergie durch das Umstellen der Zeit konnte nicht nachgewiesen werden(die Einsparung pro Bewohner Russlands beträgt weniger als 20 Eurocent im Monat), wohin gegenüber ständig Probleme im Verkehrswesen, besonders bei der Eisenbahn, zu verzeichnen waren.

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Untergang des Fahrgastschiffes Bulgaria


Foto: RIA Novosti 


10. Juli 


Das Zweideck-Ausflugsschiff Bulgariasank im Gebiet des Dorfes Sjukejewo im Bezirk Kamsko-Ustinskij der Autonomen Republik Tatarstan. Nach Zeugenaussagen von Passagieren, die gerettet werden konnten, bekam das Schiff plötzlich Schlagseite und ging binnen weniger Minuten unter. Unterm Strich konnten von den 201 Passagieren, die sich an Bord befunden hatten, 79 gerettet werden. Als Hauptursache für die Tragödie wurden offen gelassene Bullaugen, durch die die Wellen hinein schwappten, genannt. Entsprechend den Vorschriften, haben die Bullaugen nicht nur geschlossen, sondern auch luftdicht verschlossen zu sein, wenn ein Schiff den Hafen verlässt.

Was bleibt?


Der 12. Juli wurde erst in Tatarstan, später dann in ganz Russland zum Volkstrauertag ernannt. Am Ufer der Unglücksstelle wurde der Grundstein für eine Kirche und eine Moschee gelegt.

Die Eltern des Fünfjährigen Kyrill Tschernows, der beim Untergang des Dampfers Bulgaria ums Leben kam, erklärten, dass sie für die Mittel aus der Schadenersatzzahlung ein Kinderdorf in der Nähe der Ortschaft  Krasnogorskij in der Autonomen Republik Mari El errichten werden.

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Sokurows Faust holt den Goldenenen Löwen


Alexander Sokurow mit dem wohlverdienten Hauptpreis des Filmfestivals von Venedig, dem Goldenen Löwen. Foto: AP

10. September

Die Entscheidung über die Verleihung des Hauptpreises des 68. Filmfestspiele von Venedig an Alexander Sokurows Film Faust, mit dem Russland im Wettbewerbsprogramm des Festivals vertreten war, erfolgte einstimmig und mit der Begründung "Ein Film, der für immer das Leben dessen verändert, der ihn gesehen hat“.

Faust ist der letzte Teil einer Historien-Tetralogie, die außerdem die Filme Moloch über Adolf Hitler, Taurus über Wladimir Lenin und Solntse (Die Sonne) über den japanischen Kaiser Hirohito umfasst. Nach der Auffassung Sokurows kann Faust allerdings auch als erster Film betrachtet werden, da alle vier Filme der Tetralogie einen Ring bilden, den man endlos entlanggehen kann.

Diese frei Interpretation Goethes Fausts basiert auf dem Drehbuch von Jurij Arabow. Für die Dreharbeiten wurde extra eine ganze Stadt in der Nähe von Prag errichtet. Die Produktionskosten beliefen sich auf insgesamt 9,3 Millionen Euro.

Seinen ersten Löwen erhielt Russland 2003 für Andrei Swjaginzews Film Die Rückkehr.

Was bleibt?


Sokurows Sieg wurde zur größten Überraschung für die Russische Filmkunst. Nach Meinung des Regisseurs, gehöre Faust in den flächendeckenden Verleih, “... damit weder die Zuschauer, noch der Regisseur enttäuscht werden“. Doch bisher ist das Interesse bei den ausländischen Verleiher größer als das ihrer russischen Kollegen.

Alexej Utschitel, ein anderer namhafter Regisseur, äußerte, dass „... diese Auszeichnung für den Russischen Film von unschätzbarem Wert“ sei.

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Vernichtung der Eishockey-A-Mannschaft von Jaroslawl Lokomotive durch einen Flugzeugabsturz


Foto : Itar-Tass/Valeri Chaifulline


7. September


In der Nähe des Jaroslawlers Flughafens Tunoschna stürzte ein Flugzeug des Typs Jak-42, an dessen Bord sich 45 Passagiere befanden, ab: 37 Spieler der Jaroslawler Eishockey-Mannschaft und acht Personen der Besatzung. Letztlich kamen 44 Menschen um, nur der Flugbegleiter Alexander Sisow überlebte. Experten kamen zu dem Schluss, dass die Piloten während des Starts aus Versehen die Bremse betätigt haben, worauf hin das Flugzeug nicht die notwendige Flughöhe erreichen konnte und mit einen Antennenmast streifte.

Was bleibt?


Der Untergang der Eishockeymannschaft Lokomotive ist die größte Katastrophe im Sport in den vergangenen zehn Jahren. Am 10. September fand im Jaroslawler Sportpalast Arena-2000 die Trauerfeier für die bei dem Absturz umgekommenen Eishockeyspieler, Trainer und Mitarbeiter von Lokomotive statt. Es fanden sich nahezu 100.000 Menschen ein. Zur Unterstützung der Angehörigen und der den Spielern Nahestehenden wurden in Russland eine ganze Reihe Benefizveranstaltungen sowie Gedenkfeiern durchgeführt.

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Wiedereröffnung des Bolschoi-Theaters


Foto: Reuters

28. Oktober 

Nach sechsjähriger Renovierung wurde die Hauptbühne des Staatlichen akademischen Bolschoi-Theaters wiedereröffnet.

Im Ergebnis der Rekonstruktionsmaßnahmen, an denen 956 Menschen beteiligt waren, hat sich die Fläche des Bolschoi-Theaters verdoppelt – insgesamt auf 80.000 Quadratmeter. Im Zuschauersaal gibt es nun eine einmalige Akustik. Die Bühne ist mit der Höhe eines sechsgeschossigen Hauses die größte in Europa. Das Bolschoi-Theater verfügt nunmehr auch über einen unterirdischen Teil, in dem unter anderem das Lager für die Requisiten untergebracht ist. Mit dem Aufbringen des Blattgoldes auf die Inneneinrichtung waren 156 Fachleute aus ganz Russland ein ganzes Jahr lang beschäftigt. Sie verteilten dabei 4,5 Kilogramm Gold auf 981 Quadratmeter Fläche. Die Rekonstruktionsmaßnahmen verschlangen Schätzungen nach 500 Millionen Euro.

Was bleibt?


Anlässlich der Eröffnung wurde ein Potpourri der besten Darbietungen, die während der Geschichte des Bolschoi-Theater jemals gezeigt wurden, dargeboten. Fast das gesamte Ensemble sowie fünf zusätzlich eingeladene Opernstars kamen zum Einsatz. Die Eröffnungsveranstaltung des Bolschoi-Theaters wurde in sechzig Ländern der Erde in Kinos sowie vom Fernsehsender Russland 1 und im Internet übertragen. Das Konzert kostete den Regierenden drei Millionen Euro.

Normalsterbliche hatten keine Chance, der Eröffnungsveranstaltung beizuwohnen. Die Folgen der Renovierung hatten jedoch gerade sie zu tragen: Durch die Errichtung der Schallschutzwände, die den unterirdischen Konzertsaal des Bolschoi-Theaters vor schädlichen Vibrationen schützen sollen, wurde im November zeitweise der Verkehr der in der Nähe vorbei führenden U-Bahn-Linie der Moskauer Metro eingestellt.

Die Höhepunkte des laufenden Repertoires sind das Ballett Der Nussknacker und die Oper Carmen.

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Abschluss des Experiments Mars-500


Foto: IMPB/Oleg Voloshin

4. November 

Das einmalige Experiment Mars-500zur Simulation eines bemannten Raumfluges zum Roten Planeten fand seinen erfolgreichen Abschluss.

Die internationale Mannschaft, bestehend aus drei Russen, einem Franzosen, einem Italiener und einem Chinesen, verbrachten 520 Tage abgeschottet von der Außenwelt. 
Die „Expedition“ wurde vom Russen Alexej Sitjew angeführt, der Mannschaftsarzt – Suchrob Kamolow – war ebenfalls ein Russe. Während des „Fluges“ wurde er durch den Forschungs-Kosmonauten Alexander Smolejewskij unterstützt. Bordingenieur des Raumschiffes war Romain Charles aus Frankreich. Der Italiener Diego Urbina und der Chinese Wang Yue befanden sich als Forschungsingenieure an Bord.



Ziel des Experiments war die Erforschung der Einwirkung eines geschlossenen Raums auf die Arbeitsfähigkeit und den psychischen Zustand der Bordmannschaft.



Was bleibt?


Während des anderthalb Jahre dauerndes Experiments haben die Mitglieder der Bordmannschaft eine hohe Stressresistenz, psychologische Stabilität und die Fähigkeit, hervorragend mit Notfallsituationen zurecht zu kommen, nachgewiesen. Im Rahmen der „Reise“ wurden mehr als einhundert wissenschaftliche Experimente durchgeführt, darunter der Ausstieg der Kosmonauten auf die „Marsoberfläche“.

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 Nord Stream



Foto: RIA Nowosti


8. November


Die Erdgaspipeline Sewernyj potok (Nord Stream) ist ein Projekt der Gasprom AG zum Export russischen Erdgases nach Europa. Die Erdgaspipeline Sewernyj potok wurde auf dem Grund der Ostsee von Russland (Wyborg) nach Deutschland (Greifswald) verlegt. Der erste Strang der Erdgaspipeline Nord Stream, die Russland mit Deutschland auf dem Grund der Ostsee miteinander verbindet, verfügt über eine Kapazität von 27,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr und wurde am 8. November in Betrieb genommen. Die Inbetriebnahme des zweiten Strangs, der die Kapazität der Pipeline verdoppeln wird, ist für Oktober 2012 geplant.

Was bleibt?


Am 19. Juli 2011 wurde bei einem Treffen zwischen Dmitrij Medwedew und Angela Merkel die Möglichkeit diskutiert, einen dritten Strang der Nord-Stream-Pipeline zu bauen. Die deutsche Seite hat jedoch kein Interesse, den Gasimport aus Russland zu erhöhen.

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Wahlen zur Staatsduma



Foto: RiA Novosti

4. Dezember 


Am 4. Dezember fanden in ganz Russlands die Wahlen zur Staatsduma statt. Die Wahlbeteiligung betrug insgesamt 60 % der Bevölkerung Russlands. An den Wahlen nahmen sieben in Russland registrierte Parteien teil, von den nur fünf die Sieben-Prozent-Hürde überwinden konnten. Die Partei Einiges Russland verlor ihre Verfassungsmehrheit, bildet aber trotzdem die größte Fraktion im Parlament.

Was bleibt?


Die Wahlen zur Staatsduma sind in ganz Russland auf große Resonanz gestoßen. Bereits am Wahltag wurden im Internet Videoclips gezeigt, die die Versuche von Wahlmanipulationen in den Wahllokalen zeigen. Am Tag nach den Wahlen, am 5. Dezember, versammelten sich ca. 7.000 Menschen zu Demonstrationen, was zu Massenverhaftungen führte. Unter anderem wurden der Politiker Ilja Jaschin und der populäre Blogger Alexej Nawalnyj festgenommen. Diese Ereignisse führten zur Empörung bei der Bevölkerung, es kam darauf hin zu Demonstrationen in ganz Russland. Die größten fanden in Moskau statt – am 10. Dezember versammelten sich auf dem Bolotnaja-Platz ungefähr 60.000 Menschen, am 24. Dezember auf dem Wernadskij-Prospekt ca. 100.000.

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Protokollunterzeichnung zu Russlands WTO-Beitritt


Foto: AFP_EastNews

16. Dezember 


Russland bemühte sich 18 Jahre lang, Mitglied dieser Organisation zu werden. Während der letzten Jahre konnte Moskau von fast allen Mitgliedsstaaten der Organisation das Einverständnis für den Beitritt zur WTO einholen, sogar das der USA und der Mitgliedsländer der Europäischen Union. Das letzte WTO-Mitglied, mit dem Russland sich einigen musste, war Georgien. Im November unterzeichneten Georgien und Russland eine Vereinbarung bezüglich des Beitritts Russlands zur WTO. Am 16. Dezember 2011 wurde auf der Ministerkonferenz der WTO in Genf das Protokoll über den Beitritt Russlands zur Organisation unterschrieben.

Was bleibt?


Der Beitritt Russlands zur WTO stärkt dessen Einbindung in die Weltwirtschaft. Im Rahmen des Beitritts hat Russland sich verpflichtet, die Zölle für Landwirtschaftsprodukte, Bier, Wein und eine Reihe anderer Waren zu senken, sowie Vergünstigungen für Automobilproduzenten und Lieferanten von Automobilkomponenten zu bieten. Strategisch gesehen ist dieses Ereignis sehr vorteilhaft für die Wirtschaft: Gegenüber Russland sind ungefähr einhundert  Restriktionsmaßnahmen  in Kraft, darunter Anti-Dumping-Prozeduren, deren Revision es mit seinem Beitritt zur WTO verlangen können wird.

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Fusion von MICEXund RTS


19. Dezember


Das Hauptargument der Baumeister dieses Deals zur Börsen-Fusion war die Schaffung einer Organisation, die „ein realistisches Gegengewicht gegen den Druck ausländischer Handelsplätze bilden kann“. Am 29. Juni unterzeichneten dann endlich die MICEX AG (Moscow Interbank Currency Exchange), die größte russische Börse, und die RTS AG, die russische Wertpapierbörse, eine Rahmenvereinbarung über die Fusion, die am 9. September von der Antimonopolbehörde genehmigt wurde. Als offizieller Start für den Handel der vereinigten Börsen wurde der 19. Dezember benannt.

Was bleibt?


Bereits wenige Stunden nach Handelsstart der Börse kam es zu einem unerhörten Ausfall. Auch wenn die finanziellen Verluste der Händler sich in Grenzen hielten, war der entstandene Imageschaden doch gigantisch.

Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland

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