Scheinriesen in der Presse

Wladimir Putin. Foto: Reuters

Wladimir Putin. Foto: Reuters

Wer mit BILD im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten, sagt Axel-Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner über das umstrittene Boulevard-Blatt aus seinem Hause. 

Nun zeichnen sich die BILD-Macher bisweilen durch eine Ehrlichkeit aus, die anderen Medien abgeht. Denn es ist nicht nur die Bildzeitung, die Realitäten konstruiert und dann wieder einreißt. Das Auf und Ab des Lifts ist Bestandteil der modernen Mediengesellschaft und kann Popstars genauso treffen wie Politiker. Aufgabe der Medien ist es, uns Dinge zu zeigen und zu deuten, zu denen wir keinen Zugang haben. Wir können nicht anders, als uns darauf verlassen, dass diese Bilder nicht allzu verzerrt sind. 

Am größten ist die Abhängigkeit, wenn es um das Ausland geht. Wir kennen häufig weder die Mentalität des Volkes, noch die Sprache. Wir müssen also den Vermittlern glauben, uns darauf verlassen, dass sie nicht manipulieren wollen und sich auch nicht manipulieren lassen. Doch zahlreich sind die Versuchungen bei der Auslandsberichterstattung. Wer alte Klischees bedient, erntet beifälliges Nicken: „Hab ich schon immer gewusst!“ Wer überzeichnet, erzeugt Spannung. Wer differenziert, verwirrt und langweilt nur. 

Wladimir Putin als Dämon der Macht, ein Ivan der Schreckliche. Moskau, Kreml, KGB - läuft dem deutschen Leser nicht schon beim Klang dieser Worte ein Schauder über den Rücken? Ist dieser Popanz aber erst einmal aufgeblasen, kann man die Luft nach Belieben auch wieder herauslassen. 


Der allmächtige Putin schwächelt. Wie immer zeigt die englischsprachige Presse uns den Weg und macht Putin ganz klein: „Russlands unglaublicher Schrumpfpremier“ titelte die Europa-Ausgabe des Time Magazins vom 5. März. Im Jahr 2007 wählte Time ihn noch zum Mann des Jahres. Schwächer denn je sei er nun, und das sei gefährlich für alle. Es ist kleinlich, dass Putins Pressesprecher Dmitri Peskow diesen Titel als „russophob“ kritisiert. Positiv denken! Soll er sich doch freuen, dass sich Time einen starken Putin wünscht. Und als Medienprofi sollte er wissen, dass die Lift-Regel auch russische Politiker betreffen kann.

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