Alexej Kudrin will wieder in die Politik - jetzt mit einer Stiftung. Foto: akudrin.ru
Seinen Plan machte Kudrin per Twitter öffentlich: „Ich werde Gesetze vorschlagen, die unbedingt verabschiedet werden müssen, und sinnvolle Initiativen unterstützen“, lautet der Tweet des früheren Finanzministers. Nach den Parlamentswahlen seien viele Menschen zu den Kundgebungen gegangen und alle hätten sie die Absicht geäußert, aktiv die Bürgergesellschaft mitzugestalten. „Lasst uns diese Idee durch konkrete Vorhaben unterstützen!“, rief er auf.
Laut einem Vertrauten von Kudrin wurde die Stiftung zwar bisher noch nicht registriert, doch die Anmeldeunterlagen sind bereits vorbereitet und werden bald eingereicht. „Als Gesellschaftsform haben wir eine gemeinnützige Organisation gewählt“.
Ex-Finanzminister will zwischen Machthabern und Gesellschaft vermitteln
Ziel der Stiftung sei es, gesellschaftliche Initiativen zu starten oder professionell zu bündeln und diese dann mit einem Investor zusammenzuführen, erklärt der Gesprächspartner der Zeitschrift Wedomosti. Besonders möchte man Gesetze mit Signalcharakter diskutieren, die Reformen vorantreiben können. Wenn diese von der Regierung abgelehnt werden, sei das ein wichtiges Signal für die Gesellschaft.
Die Stiftung könnte zum öffentlichen Opponenten der Regierung werden, räsoniert ein hochrangiger Regierungsbeamter: „Kudrin hat trotz seines Rücktrits ein hohes Ansehen bewahrt, mit dem er Druck ausüben kann. Er hat auch früher schon ständig Kritik geübt, wenn auch nur im kleinen Kreise – jetzt kann er dies öffentlich tun“. Seiner Meinung nach hat Kudrin die Logik notwendiger Veränderungen erkannt und „wenn er sich der Sache annimmt, so wird er systematisch vorgehen“.
Die Gesellschaftsform der Stiftung wurde vollkommen richtig gewählt, glaubt ein Beamter einer Wirtschafts- und Finanzbehörde. Wissenschaftliche Einrichtungen dagegen beschäftigen sich mit grundlegenden Untersuchungen und kümmern sich ganz konsequent nur um ihr eigenes Gebiet. Eine Stiftung ist jedoch ein gesellschaftliches Organ, das sich seine Themen frei aussuchen kann und das auf die Zusammenarbeit mit anderen Regionen und gesellschaftlichen Organisationen ausgerichtet ist. Die Gesetzesvorlagen könnten über die Parteien, einzelne Abgeordnete, die Branchen-Vereinigungen oder auch über die Ministerien selbst eingereicht werden, so der Beamte.
Die Unterhaltskosten für solch eine Stiftung sind nicht sehr hoch, ist sich der Rektor einer großen Hochschule sicher — es müssen lediglich ein kleiner Verwaltungsapparat und ein paar Experten bezahlt werden. Er ist überzeugt, dass die Stiftung Mittel akquirieren wird und bezeichnet Kudrin als „einen der besten Fundriser des Landes“. „Kudrin weiß sehr gut, was er macht, und er verfügt über ausgezeichnete Kontakte sowohl im Land selbst als auch in der ganzen Welt.“
Die Arbeit in der Stiftung hindert Kudrin nicht daran, die Gründung einer liberalen Partei zu unterstützen, nimmt der wissenschaftliche Leiter der Wirtschaftsuniversität, Jewgenij Jasin, an. Seiner Meinung nach geht die Sache deshalb nicht voran, weil bislang unklar ist, wer die Parteiführung übernehmen soll – Michail Prochorow hat seine persönlichen Pläne bisher nicht konkretisiert.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei der Tageszeitung Wedomosti.
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