Kim Jong Un. Foto: AP
Geplant ist der Satellitenstart für den Zeitraum vom 14.-16. April. Die internationale Zivilluftfahrtorganisation und andere internationale Organisationen wurden bereits offiziell über die technischen Parameter des geplanten Starts sowie die berechneten Gebiete, in denen die erste und zweite Stufe des Raketenträgers auf der Erde einschlagen werden, informiert. Pjöngjang will auch internationale Gäste zu dem Satellitenstart einzuladen. Allerdings sieht es bislang nicht danach aus, dass dieser Einladung viele Beobachter folgen werden.
Die wichtigsten internationalen Akteure - die USA, die Volksrepublik China, Russland, Japan, Südkorea, der UN-Generalsekretär sowie der EU-Vertreter - haben den angekündigten Satellitenstart bereits verurteilt.
Das russische Außenministerium verweist darauf, dass die Russische Föderation "niemals das souveräne Recht der Demokratischen Volksrepublik Korea auf eine friedliche Erschließung des Weltalls bestritten hat. Allerdings wird in der Resolution 1874 des UN-Sicherheitsrats Pjöngjangs Verzicht auf alle Starts gefordert, bei denen die Technologie ballistischer Raketen zum Einsatz kommt - unabhängig davon, ob es sich um Raketen für militärische Zwecke oder zivile Trägerraketen handelt".
Den schärfsten Ton wählte Seoul. "Unsere Regierung hält den von Nordkorea geplanten Start eines sogenannten 'Arbeitssatelliten' für eine dreiste Provokation, die auf die Bereitstellung von Trägern für Langstrecken-Nuklearraketen mit Hilfe der Technologie ballistischer Raketen abzielt", erklärte am Montag der Sprecher des südkoreanischen Präsidenten.
Am Montag wurde bekannt, dass Südkorea als Gastgeber des für den 26.-27. März geplanten zweiten Gipfeltreffens zu Problemen der Nichtverbreitung von Kernwaffen beabsichtigt, den geplanten Satellitenstart in Nordkorea als eigenen Punkt auf die Tagesordnung zu setzen. Berichten der japanischen Zeitung "Yomiuri" zufolge kann davon ausgegangen werden, dass Nordkorea auch Thema bei den bilateralen Gesprächen am Rande des Gipfeltreffens sein wird, an dem Staats- und Regierungschefs aus 53 Ländern, darunter auch US-Präsident Barak Obama und der russische Präsident Dmitrij Medwedjew, teilnehmen werden. Möglicherweise wollte Pjöngjang mit der sensationellen Ankündigung des Satellitenstarts genau das erreichen.
Bemühungen um Entspannung des Konflikts
Als der junge nordkoreanische Führer Kim Jong Un nach dem Tod seines Vaters Kim Jong Il Ende Dezember 2011 an die Macht kam, hofften viele auf einen Neuanfang für den Verhandlungsprozess über das nordkoreanische Atomprogramm.
Am 23. und 24. Februar fanden in Peking Verhandlungen zwischen dem
ersten stellvertretenden Vorsitzenden des Außenministeriums der Volksrepublik Nordkorea Kim Ge Gwan und dem Sonderbeauftragten der USA Glyn Davis statt. Damals stimmte Pjöngjang einem Moratorium für Atomversuche, weitere Starts von Langstreckenraketen sowie die Urananreicherung in der Nuklearanlage Yongbyong zu. Zudem erklärte sich die Demokratische Volksrepublik Nordkorea auf Bitte der USA und zum Zwecke einer positiven Atmosphäre der Gespräche auf hoher Ebene zwischen Nordkorea und den USA bereit, der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEO die Kontrolle über das Moratorium bezüglich der Urananreicherung solange zu erlauben, wie ein produktiver Dialog stattfindet.
Die USA versprachen dem im letzten Jahr von Missernten und Überschwemmungen geplagten Nordkorea im Gegenzug Hilfe in Form von 240.000 Tonnen Lebensmitteln, wobei in Aussicht gestellt wurde, dass diese Hilfe perspektivisch weiter ausgebaut werden könne.
Allerdings scheint Nordkorea allem Anschein nach entschlossen, in die nächste Runde der sechsseitigen Gespräche (USA, Russland, China, Japan sowie Nord- und Südkorea) über die Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel nicht als ausgehungerter Bittsteller sondern als gleicher Teilnehmer zu gehen - und zwar im Sinne von Stärke und militärischen Möglichkeiten. Dabei geht es vor allem um Kernwaffen und deren Träger - die ballistischen Raketen. Der angekündigte Satellitenstart soll noch einmal daran erinnern, dass Pjöngjang darüber verfügt und zu deren Anwendung bereit ist.
Die Sprecherin des amerikanischen Außenministeriums Victoria Nuland bekräftigte bereits, dass ein Satellitenstart zur Folge haben würde, dass die USA die in Aussicht gestellte Lebensmittelhilfe verweigern werden. Für Nordkorea ist eine spärliche Ration jedoch nichts Neues. Die Vorgehensweise des Westens in Libyen sowie die direkten Drohungen an die Adresse von Syrien und den Iran haben den außenpolitischen Kurs von Nordkorea offensichtlich stärker beeinflusst als der Machtwechsel im Dezember.
"Es scheint, dass die immer häufiger auftretenden Fälle einer harten und bisweilen gewaltsamen Einmischung in innere Angelegenheiten von Staaten einen Stimulus für das eine oder andere autoritäre Regime (und nicht nur für solche Regime) im Hinblick auf den Besitz von Atomwaffen darzustellen vermag“, meinte der wiedergewählte Präsident Wladimir Putin in einem vor den Präsidentschaftswahlen im März veröffentlichten programmatischen Artikel zur russischen Außenpolitik. „Ich sage, ich habe die Atomwaffe in der Tasche und schon lassen mich alle in Ruhe, da es sie teuer zu stehen kommen könnte. Und wer nicht über die Bombe verfügt, den erwartet eine 'humanitäre' Intervention", so Putin in dem Artikel.
Die Situation im Zusammenhang mit Nordkorea fügt sich voll und ganz in dieses Bild. Es ist recht schwierig, in der momentanen Situation den Ausgang der sechsseitigen Nordkorea-Verhandlungen zu prognostizieren. Das Szenario einer gewaltsamen Lösung ist möglicherweise noch gefährlicher als im Falle des Iran. Allerdings wäre es auch naiv abzuwarten, dass das jetzige Regime von Nordkorea fällt. Es bleibt ein Wechsel zwischen heiß und kalt: Sanktionen - Verhandlungen, Verhandlungen - Sanktionen, von Zeit zu Zeit begleitet durch Konflikte von unterschiedlicher Intensität.
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