Wladimir Putin in der Staatsduma. Foto: kremlin.ru
Putin kam am Mittwochmorgen elf Minuten zu spät im Sitzungssaal der Staatsduma an. Als erstes erinnerte er an die „anstrengende Zeit der zurückliegenden Wahlen". Das Kapitel sei jetzt aber abgeschlossen, man solle „wieder in die Zukunft schauen".
Kinder, Löhne, Autos und Kosmos
Der Blick in die Zukunft begann dann aber mit einem Rückblick auf die Krise, die Russland im Vergleich zu vielen europäischen Staaten und den USA gut gemeistert habe. Er verwies auf den ausgeglichenen russischen Haushalt, während andere Länder „zu 90 bis 100 Prozent verschuldet sind".
Als Haupterfolg seiner vierjährigen Amtszeit als Regierungschef sieht Putin „die Stabilisierung und das Anwachsen der Bevölkerung Russlands". Zwischen 2008 und 2011 seien sieben Millionen Kinder geboren worden, so viele wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Trotz der Krise seien die Löhne „in diesen vier Jahren stetig gewachsen", so Putin, Er gab allerdings zu, dass die Schere zwischen Armen und Reichen immer noch weit geöffnet ist: „Die Einkommen der Reichsten sind im Durchschnitt 16 Mal höher als die der Ärmsten." Das müsse sich ändern.
Stolz ist Putin auf die Entwicklung der Automobilindustrie – der russische Markt sei „beim Wachstumstempo der zweite in Europa und der vierte in der Welt". Trotz aller Rückschläge und Pannen gebe es auch in der Flugzeugindustrie mit dem SuperJet-100 und im Weltraum mit dem GLONASS-Navigationssystem Erfolge zu vermelden.
Fünf entscheidende Punkte für die Zukunft
Moskau gehört zu den attraktivsten Metropolen der Welt für ausländische Investitionen
Was die Zukunft betrifft, will Putin „in den nächsten Jahren 25 Millionen Arbeitsplätze schaffen". Das Investitionsklima soll entscheidend verbessert werden – von derzeit Platz 120 soll Russland einen Sprung auf Platz 20 machen.
Die russische Wirtschaft müsse „qualitativ wachsen und auf alle Überraschungen gefasst sein", meint der scheidende Regierungschef: „Wir müssen bereit sein, einen Schock von außen abzufangen, (...) die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu kommt, ist ziemlich hoch."
Im ersten Erlass als neuer Präsident wolle er „Wegekarten" zu allen von ihm im Wahlkampf gemachten Vorschlägen aufzeigen. Das seien „Fragen von strategischer, prinzipieller Bedeutung für unsere historischen Perspektiven als Nation":
Hier nennt er fünf Punkte: die demographische Entwicklung, die Entwicklung der östlichen Gebiete (Sibirien und Fernost), die Schaffung von Arbeitsplätzen, den Aufbau einer neuen Wirtschaft und die Festigung der Stellung Russlands in der Welt.
Das Ende einer Epoche
Weiter ins Detail gehend, sprach Putin viele einzelne Themen an. Russische Hochschulen müssten besser arbeiten, damit die Abschlüsse international anerkannt würden. Unter anderem sollen die Gehälter für Hochschullehrer bis 2018 um das Doppelte steigen.
In den Schulen soll ein System der Früherkennung von Drogenabhängigkeit eingerichtet werden, das später auch auf die Hochschulen übergehen könnte.
Die Videokameras und Internetzugänge, die bei der Präsidentenwahl in den Wahllokalen installiert waren, sollen „dem russischen Bildungssystem zugute kommen", schlägt Putin vor. Auf diese Weise könnten Schüler z. B. „Zugang zu Bibliotheken und Museen bekommen".
Weiter soll das Durchschnittsalter der Russen bis 2018 auf 75 Jahre angehoben werden, fordert der künftige Staatspräsident. Diese Marke sei realistisch, denn „in den letzten vier Jahren ist die Lebenserwartung um 2,4 Jahre gestiegen".
Laut Putin ist die „postsowjetische Epoche" in der Geschichte Russlands jetzt abgeschlossen. Jetzt beginne „eine neue Etappe in der Entwicklung des Landes", die „unseren Bürgern Wohlstand auf Jahrzehnte hinaus sichern muss".
Proteste und Festnahmen
Im Vorfeld von Putins Auftritt mit dem Rechenschaftsbericht seiner Regierung hatte es vor dem Gebäude der Staatsduma in Moskau Proteste gegeben, bei denen u.a. der Oppositionelle Sergej Udalzow festgenommen wurde. Er wurde bereits zu einer Ordnungsstrafe über 2.000 Rubel verurteilt.
Den Winter über protestierten viele gegen Wladimir Putin, im Frühjahr ist nun die Luft raus
Im Saal weigerten sich dann die Mitglieder der Fraktion von „Gerechtes Russland", sich bei Putins Erscheinen im Raum von ihren Plätzen zu erheben. „Wir sind nicht verpflichtet aufzustehen, und mit seiner Politik sind wir nicht einverstanden", kommentierte Fraktionsmitglied Ilja Ponopmarjow die stille Protestaktion.
Putins Rede dauerte mehr als zwei Stunden. Im Anschluss durfte jede Fraktion drei Fragen an den Premierminister stellen. Im Weiteren diskutierte das russische Parlament über die Arbeit der Regierung und wird zum Abschluss des Tages eine Resolution zum Rechenschaftsbericht der Regierung annehmen.
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