Südossetien wählt neuen Präsidenten

Der neue Präsident Südossetiens Leonid Tibilow gibt ein Interview im Pressebüro der Zentralen Wahlkommission. Foto: AFP / East News

Der neue Präsident Südossetiens Leonid Tibilow gibt ein Interview im Pressebüro der Zentralen Wahlkommission. Foto: AFP / East News

Leonid Tibilow wurde nach langen Auseinadersetzungen zum neuen Präsidenten Südossetiens gewählt. Experten gehen jedoch davon aus, dass die Ruhe im Land nicht von Dauer sein wird. Das südossetische Volk wird sich auf weitreichende Veränderungen im politischen Gefüge einstellen müssen.

Südossetien wählt neuen Präsidenten

Das neue Staatsoberhaupt Leonid Tibilow, einst Chef des örtlichen KGB, konnte in der Stichwahl 54,12% der Stimmen auf sich vereinen. Das gab am Montag der Leiter der Zentralen Wahlkommission Südossetiens Bela Plijewa bekannt.

Porträt Tibilow

Leonid Tibilow wurde im Jahr 1952 geboren. Seiner ersten Ausbildung nach ist der künftige Präsident Südossetiens Lehrer. Die längste Zeit seines Lebens aber arbeitete Tibilow für den Geheimdienst. Dabei beschränkt sich seine Karriere nicht auf den Dienst beim KGB. Tibilow war vielmehr eine der Schlüsselfiguren bei der Regulierung des georgisch-ossetischen Konfliktes. Diesem Tätigkeitsfeld wandte sich der ehemalige KGB-Offizier bereits 1999 zu. Ab dem Jahr 2000 leitete Tibilow eine Expertengruppe der bevollmächtigten Delegation für die friedliche Konfliktregulierung Südossetiens. Im Februar 2012 soll er außerdem als Berater des bevollmächtigten Präsidentenvertreters für diese Fragen tätig gewesen sein. Insgesamt arbeitet Tibilow seit über 13 Jahren für die Normalisierung der Beziehungen zwischen Georgien und Südossetien.

Das Wahlergebnis war für die Einwohner der Kaukasusrepublik so offensichtlich, dass Leonid Tibilow sich nach Mitternacht im Pressebüro der Zentralen Wahlkommission einfand, um seinen Wählern zu danken. Auch seinem Herausforderer Dawid Sanakojew gegenüber äußerte er sich dankbar: Dieser habe auf sogenannte schwarze PR verzichtet, verkündete der Wahlsieger. Die beiden Kandidaten hatten vor Beginn des Wahlkampfs eine diesbezügliche Vereinbarung getroffen. Über Tibilow sagte er mit großer Anerkennung: „Ich weiß ihn zu schätzen und werde ihm anbieten, in unserer Regierungsmannschaft mitzuarbeiten.“ Die vordringlichste Aufgabe der neuen Staatsführung besteht nach seiner Auffassung darin, das Volk zu vereinen, das infolge der nun bereits ein halbes Jahr andauernden Wahlen zutiefst gespalten ist.

Unmittelbar nach Leonid Tibilow traf sein Herausforderer Sanakojew im Pressezentrum der Wahlkommission ein. Dieser präsentierte sich lächelnd und keineswegs als Verlierer. „Für uns ist dieser Tag keine Niederlage“, erklärte er. „Etwa 45% der Wähler haben ihre Stimme für uns abgegeben. Dieses Ergebnis lässt sich sehen. Wenn wir jetzt die Hände in den Schoß legen, haben wir nichts gewonnen. Wir haben keine Zeit zu verlieren und müssen die Probleme unseres Landes beherzt lösen.“ Er gratulierte seinem Kontrahenten zum Wahlsieg und nannte die Wahlen in der Republik legitim. Auf die Frage des Kommersant, ob er das von Tibilow unterbreitete Angebot zur Zusammenarbeit annehme, antwortete Sanakojew, er werde dieses sowohl mit dem Präsidenten als auch in seinem eigenen politischen Lager besprechen.

Experten indessen gehen davon aus, dass der erfolgreiche Abschluss der Wahlen und die Beruhigungsrhetorik der Kandidaten allenfalls eine vorübergehende Verschnaufpause ermöglichen. Zu sehr lasten die gravierenden Probleme auf dem Land - von den politischen über die sozialen bis zu den wirtschaftlichen. „Es wird nicht möglich sein, alles innerhalb kurzer Zeit zu verändern“, erklärt der Oppositionsführer Roland Kelechsajew. „Aber das Volk fordert schnelle Veränderungen. Es wird unweigerlich in ein paar Monaten von der neuen Regierung enttäuscht sein. Dann hängt viel vom Kabinett und dem geschlossenen Handeln der Regierung ab.“

„Unser neuer Präsident wird es nicht leicht haben“, sagt Wjaeslaw Gobosow, ein anderer führender Oppositionsvertreter. „Die Menschen werden genau verfolgen, wie die einzelnen Ämter besetzt werden. Die erste Personalentscheidung, die dem Volk nicht passt, könnte bereits eine Protestwelle auslösen.“

In Südossetien befürchten viele, dass Vertreter der alten Regierung wieder in ihre politischen Ämter zurückkehren. Die parlamentarische Mehrheit unterstützt nach wie vor den früheren Präsidenten Eduard Kokojty. Politische Beobachter halten eben deshalb Veränderungen im politischen System für unumgänglich. Die Registrierung von Parteien muss einfacher werden, will man es neuen politischen Kräften ermöglichen, an den Parlamentswahlen im Jahr 2014 teilzunehmen.

Der Artikel erschien zuerst bei  http://kommersant.ru/doc/1911755

Institut für GUS-Staaten: Warum Tibilow?

Wladimir Scharichin

Stellvertretender Direktor des Institutes für GUS-Staaten

„Die Wählerschaft war vor allem beunruhigt von den Problemen der Korruption und der intransparenten Verwendung staatlicher Mittel. Nicht zufällig fiel die Wahl auf einen Vertreter der Sicherheitsstrukturen, auf eine Führungsfigur des KGB, und nicht auf den Menschenrechtsbeauftragten des Präsidenten. Immerhin erzielte keine überwältigende Mehrheit - Tibilow vereint nicht 80% der Stimmen hinter sich, sondern liegt lediglich ein paar Prozentpunkte vor seinem Herausforderer. Die zahlenstarke Unterstützung des Ombudsmannes zeigt, dass zivilgesellschaftliche und politische Freiheiten für die Bürger Südossetiens ebenfalls einen hohen Stellenwert haben.“

Felix Stanewskij

Leiter der Abteilung Kaukasus des Institutes für GUS-Staaten


„Die frühere Opposition hat Tibilow zum Sieg verholfen, das heißt Anhänger von Alla Dschiojewa. Das ist erfreulich. Der Konflikt nach den Novemberwahlen scheint beigelegt. Ich hoffe sehr, dass Tibilow einen Teil dieser Oppositionskräfte in sein Kabinett aufnimmt. Das könnte die angespannte Atmosphäre, die Südossetien nach den Wahlen vom November ergriffen hat, beseitigen.“

Dieser Beitrag erschien zuerst bei RIA Novosti.

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