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Johannes Ebert. Foto: Pressebild |
Im Juni beginnt in Russland das Deutschlandjahr und in Deutschland das Russlandjahr. Was ist alles zu erwarten?
Alle Teile der deutschen Gesellschaft werden sich vorstellen: Kultur, Bildung, Wirtschaft, Politik. Eine Ausstellung zum Thema „1000 Jahre Deutsche und Russen“ eröffnet das Jahr.
Das Thema des Jahres lautet zwar „Deutsche und Russen – gemeinsam die Zukunft gestalten“, aber wir blicken erst einmal auf die Grundlage unseres Zusammenlebens. Es wird viel im Bereich Musik geben, aber auch etliche Präsentationen der Wirtschaft.
In der zweiten Hälfte 2012 stehen Moskau und Sankt Petersburg im Mittelpunkt des Geschehens, in der ersten Hälfte 2013 die Regionen mit Schwerpunkt Nowosibirsk, Jekaterinburg, Wolgograd, Nischnij Nowgorod und Kaliningrad.
Warum der Titel „Gemeinsam die Zukunft gestalten“?
Es gibt Themen, die beide Länder am besten gemeinsam bewältigen können. Etwa Energie, aber auch gesellschaftliche Themen. Wie geht es weiter mit den Finanzen, dem Bildungssystem, der Kulturförderung? Viele Fragen diskutiert man in beiden Ländern.
Haben Deutsche und Russen denn eine gemeinsame Zukunft?
Russland und Deutschland werden auch in Zukunft vernetzt sein und aufeinander angewiesen. Die „Modernisierungspartnerschaft“ formuliert, dass wir ein enges, partnerschaftliches Verhältnis eingehen. Und nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht. Da sind auch ganz viele persönliche Kontakte: junge russische Künstler, die für einige Zeit nach Berlin kommen, und deutsche Künstler, die aus Russland neue Impulse mitbringen. Viele Russen haben Verwandte in Deutschland. Es gibt natürlich Dinge in Russland, die in Deutschland kritisch gesehen werden, oft zurecht. Solche Dinge werden von den Medien aufgegriffen, sie werden entsprechend stark wahrgenommen. Das führt dazu, dass Russland ein schlechteres Image in Deutschland hat als umgekehrt.
Welche Rolle kann das Russlandjahr in Deutschland da spielen?
Damit bringt die russische Seite ihr Image im Rahmen der Möglichkeiten voran. Die Kollegen haben ein sehr erfolgreiches Russlandjahr in Frankreich gemacht, und ich bin mir sicher, dass sie ihre Erfahrungen auch in Deutschland einbringen können.
Ich bin übrigens davon überzeugt, dass es für beide Länder nützlich ist, die Sprache des anderen zu sprechen. Ich fände es sehr sinnvoll, wenn mehr Deutsche Russisch lernen, und möchte auch, dass meine Kinder weiterhin am Russischunterricht teilnehmen.
Fünf Jahre lang haben Sie das Goethe-Institut in Moskau geleitet. Welche Projekte haben Sie auf den Weg gebracht?
Die Aufgabe des Instituts ist es, nicht nur Kontakte zwischen den Ländern, sondern zwischen den Individuen der Länder herzustellen. Wir haben Projekte initiiert, bei denen Deutsche und Russen wirklich zusammenarbeiten, zum Beispiel das zweisprachige Portal für Austausch und jungen Journalismus www.to4ka-treff.de.
Eine gelungene Initiative war auch „Interdance“, ein zweijähriges Projekt für modernen Tanz mit Teilnehmern aus ganz Europa, die in Russland zusammengearbeitet und dann bei einem Festival ihre Choreographien vorgestellt haben.
Das Goethe-Institut hat sich stärker als zuvor zeitgenössischen Fragen gewidmet. Es gab die Vorlesungsreihe „Gegenwart der Zukunft“, bei der es um Zukunftsfragen ging, die unsere Gesellschaften betreffen, „Investigativer Journalismus“ etwa oder die „Stadt der Zukunft“. 2009 eröffneten wir dann ein weiteres Institut in Sibirien, in Nowosibirsk, das war ein ehrgeiziges Projekt.
Zudem haben wir mit der Robert Bosch Stiftung ein neues Programm
Riesige Ampelmännchen, kleine Stolowajas
Die Lern-Deutsch-Kampagne zieht durch die Südostsibirische Kleinstadt Tschita
gestartet, in dessen Rahmen junge deutsche Kulturmanager an Orte geschickt werden, wo der kulturelle Austausch mit Deutschland bislang noch nicht sehr ausgeprägt war. 2010 haben wir die Sprachinitiative „Lern Deutsch“ geschaffen, ergänzt durch die Tour „Deutsch unterwegs“: Drei junge deutsch-russische Teams fuhren mit dem Zug durchs Land und warben im öffentlichen Raum und an Schulen für die deutsche Sprache.
Biografie
Johannes Ebert (48), geboren 1963 in Ulm, studierte Politik und Islamwissenschaft. Seit 1991 ist er für das Goethe-Institut tätig, er war Leiter in Riga, Kiew und Kairo, seit 2007 in Moskau. Am 1. März trat er seine Stelle als Generalsekretär des Goethe-Instituts in der Münchener Zentrale an.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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