Viele Fussballfans werden bei der EM 2012 Poland und die Ukraine für sich neu entdecken.Foto: AP
König Fußball regiert die Welt. Aber wie? Die Frage stellt sich angesichts der politischen Boykottdrohungen gegen die Ukraine einmal mehr. Ganz gleich, wie man die Situation um die inhaftierte Julija Timoschenko beurteilen mag, fest steht: Die Affäre wirft ihren Schatten nicht nur auf das Fußballereignis, sondern auch auf das Bild der Ukraine. Ist das auch ein Omen für die Winterspiele 2014 und die Fußball-WM 2018 in Russland? Sportliche Großveranstaltungen haben maßgeblichen Anteil daran, wie das gastgebende Land in der Welt wahrgenommen wird.
Deutschland hat von den vergangenen zwei Weltmeisterschaften profitiert. Sowohl 2006 bei den Männern als auch 2011 bei den Frauen gelang es König Fußball, die Herzen zu gewinnen. Der Slogan „Zu Gast bei Freunden“ wurde zum Leitbild. Teams und Fans aus aller Welt, die Sicherheitskräfte und die Medien waren dabei: gelebte friedliche Globalisierung, ein „Festival der Kulturen“ inner- und außerhalb der Stadien.
In der Rückschau überzeugt vor allem die Nachhaltigkeit. Das Bild des sympathischen Gastgebers, die positive Außenwirkung ist Deutschland als langfristiges Geschenk erhalten geblieben. Und auch Russlands Präsident hat jüngst die Bedeutung der anstehenden sportlichen Ereignisse für Russlands Bild in der Welt hervorgehoben.
Ich bin überzeugt: Das ist die Stunde des praxisnahen Bürgerdialogs! Hier sind unser Know-How und unsere Netzwerke in Kultur, Sport, Wirtschaft und Politik gefordert. Deshalb plant das Deutsch-Russische-Forum für den Oktober 2012 eine Kick-off-Veranstaltung mit Fußballverbänden, Ministerien, Fanbeauftragten und Initiativen. Das Signal: Unsere Bürger setzen Impulse mit völkerverbindendem Charme. Gefragt sind konkrete soziale und integrative Projekte, etwa für Toleranz, Aggressionsabbau oder auch Klimaschutz.
Also ist König Fußball doch ein Demokrat? Ja! Aber nur wenn der Bürgerdialog mehr ist, als ein niedliches Sahnehäubchen auf der WM-Torte politischer, wirtschaftlicher und sportlicher Partikularinteressen. „Die Welt zu Gast bei Freunden“ wird auf Dauer unsere Visitenkarte der Weltoffenheit bleiben. Denn in diesem Konzept ist der Bürger Hauptakteur, von ihm aus ist alles gedacht.
Und auch die EM in der Ukraine könnte unter Beweis stellen: Investiert man in Engagement und Eigeninitiative der Menschen, ist viel zu bewegen. Das hat nichts mit blauäugigem Wunschdenken, viel aber mit der Arbeit an einer gemeinsamen Interessen- und Wertebasis in Europa zu tun.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!