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Am Dienstag erklärte die Sprecherin des US-Außenministeriums Victoria Nuland, die Lage in Syrien erfordere die Anwendung von Artikel 7 der UN-Charta, der militärische Mittel zulässt, wenn Friede und Sicherheit bedroht sind. Die USA sehen also nur eine Möglichkeit, den syrischen Konflikt zu lösen – die der Militärintervention, ob mit oder ohne UN-Resolution. Und offensichtlich ist auch, dass sie sich bereits auf diesen Schritt vorbereiten.
Diese Woche verbreiteten die Medien mehrfach Äußerungen hochgestellter Militärs über die Möglichkeit einer bewaffneten Intervention. Am Montag erklärte US-General Martin Dempsey, Chef der Joint Chiefs: „Wir sind bereit, [militärische] Szenarien vorzuschlagen, wenn man uns danach fragt“.
Am folgenden Tag präzisierte George Little, ein Pentagon-Sprecher: „Auch wenn wir über militärische Varianten reden, stehen diplomatische und wirtschaftliche Strategien im Vordergrund. Aber schließlich ist das Verteidigungsministerium dafür zuständig, das gesamte Spektrum an Möglichkeiten auszuloten und diese, falls nötig, auch realisierbar zu machen.“
Russland: Nicht mit uns
Russland reagierte unverzüglich und warnte vor einer Umgehung des UN-Sicherheitsrates. „Der zuverlässigste Weg, Katastrophenszenarien zu vermeiden, besteht darin, den Annan-Plan umzusetzen. Dafür sollten sich alle mit ihren Möglichkeiten einsetzen, so, wie es die Resolutionen des Sicherheitsrates vorsehen“, erklärte der ständige Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen Witali Tschurkin gegenüber der Presse. Wenn dieser Plan scheitere, seien schwerwiegende Folgen zu erwarten, für Syrien und für die gesamte Region, so Tschurkin weiter. Der russische Botschafter rief dazu auf, „sehr gründlich nachzudenken, ehe man mit irgendwelchen Gesten, Bemerkungen oder Handlungen an die Öffentlichkeit tritt, die darauf zielen, den Sicherheitsrat und den Plan von Kofi Annan auszuhebeln".
Seinen gleich bleibenden Kurs der Nichteinmischung in die syrische Frage bekräftigte am Dienstag auch das chinesische Außenministerium. Nicht zu vernachlässigen ist auch ein anderer Aspekt: Bei weitem nicht alle arabischen Staaten sind bereit, sich mit den Monarchien am Persischen Golf zu verbünden, die sich für eine Militärintervention aussprechen.
Skepsis in der Arabischen Welt
Bereits im Februar dieses Jahres erklärte Rafik Abdessalem, der Außenminister Tunesiens, im Rahmen einer Bilanz der Konferenz der „Freunde Syriens“: „Das wichtigste Anliegen dieser Konferenz war es, dem syrischen Volk Unterstützung zuzusichern.“ Er betonte dabei: „Auf keinen Fall dürfen wir zulassen, dass die für dieses Ziel eingesetzten Mittel in Syrien jene Tragödie auf den Plan rufen, die bereits andere arabische Staaten durchleben mussten.“
Schließlich sprechen sich auch einige Vertreter der syrischen Opposition deutlich gegen eine Einmischung aus dem Ausland aus. Kadri Schamil, einer der führenden Köpfe der Front für Wandel und Befreiung, der es abgelehnt hatte, an dem ersten Treffen der „Freunde Syriens“ teilzunehmen, erklärte: „Das Treffen wird Syriens Probleme nicht lösen. Es dient dem Ausland, unter Federführung der USA, als öffentlichkeitswirksamer Schachzug, um sich einen Weg zur Einmischung von außen zu bahnen.“
Der rationale Kern der Drohungen, ohne Billigung des Sicherheitsrates militärisch gegen Syrien vorzugehen, scheint somit allein darin zu liegen, psychologischen Druck auf Damaskus aufzubauen und auf diese Weise Baschar al-Assad zum Rücktritt zu zwingen. Zu diesem Zweck werden Informationen in Umlauf gebracht, Moskau und Washington diskutierten über eine „Jemen-Lösung“ – den freiwilligen Rücktritt Assads unter der Voraussetzung einer Sicherheitsgarantie für den Präsidenten. In dieses Schema fügt sich auch die auf das Massaker von Hula folgende konsequente Ausweisung syrischer Diplomaten aus den westlichen Metropolen, obwohl die Ermittlungen zu diesem Ereignis noch nicht abgeschlossen sind. Psychologischen Druck soll schließlich auch die Verschärfung wirtschaftlicher Sanktionen gegen Damaskus aufbauen.
Ein militärischer Sieg der Opposition ist bislang noch nicht absehbar, das oppositionelle Lager von einer Einigung weit entfernt. Davon zeugen die regelmäßigen Rücktrittserklärungen des Präsidenten des Syrischen Nationalrates Burhan Ghaliun. Auf der anderen Seite erfährt das Assad-Regime unübersehbar heute weit mehr Unterstützung durch die Bevölkerung als früher. Das erklärt die Eile, mit der man versucht, Baschar al-Assad – einen Freund Teherans und Feind Israels – aus dem Präsidentenpalast zu verjagen.
Die Diskussion über ein militärisches Eingreifen in Syrien ohne UN-Resolution, das heißt über eine Verletzung der UN-Charta, verfolgt das Ziel, Assad unter Druck zu setzen. Der syrische Präsident aber zeigt, offenbar das Schicksal von Gadaffi und Hussein vor Augen, großes Beharrungsvermögen. Er wird kämpfen bis zuletzt, selbst wenn Moskau seine Position aufweichen sollte. Letzteres allerdings ist unwahrscheinlich. „Von Zugeständnissen, zu denen sich Russland politisch zwingen ließe, kann nicht die Rede sein", erklärte in diesem Zusammenhang Dmitri Peskow, der Pressesprecher des russischen Präsidenten.
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