Neuer Sommertrend: Fahrradfahren in Moskau - hier vorbei an der Basilius-Kathedrale. Foto: Ilija Warlamow
Knapp drei Viertel aller Russen leben in Städten, und immer mehr von ihnen machen sich Gedanken, wie sie diese attraktiver gestalten können. Der Blogger Ilja Warlamow alias „zyalt“ entwickelte zum Beispiel ein Zehn-Schritte-Programm für ein „menschliches Moskau“: Der verkehrsüberlasteten Stadt verordnet er Fahrradwege, Bänke zum Ausruhen und eine Innenstadtmaut für Autofahrer - modern und europäisch.
Der bekannte Designer Artemij Lebedjew träumt im Livejournal von beleuchteten Fußgängerüberwegen, restaurierten Holzhäusern und Orten, an denen sich die kreative Szene austoben kann – das würde die russischen Städte in seinen Augen viel lebenswerter machen.
Die Stadt wird zur Marke
Lebenswert und nach außen sympathisch wirken – darum geht es beim City Branding. Die Stadt selbst wird zur Marke, sie bekommt ein Image, und das lässt sich verkaufen, zum Beispiel als Souvenir an Touristen.
In Zeiten der Globalisierung
treten Städte in einen weltweiten Konkurrenzkampf um zahlungskräftige Reisende, Firmennie-
derlassungen und pendelnde
Geschäftsleute. Eine attraktive,
lebendige Stadt zieht junge, intelligente und gut ausgebildete Menschen an, die sie in ihrer Entwicklung voranbringen. Berlin mit seinem Ampelmann, dem Fernsehturm und dem Berliner Bären als Symbol sowie dem lockeren Spruch „Arm, aber sexy“ ist nur ein Beispiel dafür, wie
gelungenes Stadtmarketing aussehen kann. München ist die Weltstadt mit Herz, Paris unangefochten die Stadt der Liebe.
Moskau dagegen hat noch kein Image und keine eigene Marke, dafür aber einen ziemlich schlechten Ruf: teuer, laut und hektisch. Die Basilius-Kathedrale ist zwar sein Wahrzeichen, aber viele andere Sehenswürdigkeiten, die für Touristen interessant sein könnten, sind weitgehend unbekannt und zu wenig zugänglich gemacht. Von Privatpersonen initiiert, entstehen deshalb gerade verschiedene Marken, die das ändern und Moskau ein positives Image verpassen sollen.
Die rot-weiß gestreifte Zwiebelkuppel der Basilius-Kathedrale ist das Herzchen Moskaus. Foto: Pressebild
Das Herzchen Moskaus
Alexander Elzesser hat mit seiner Firma Babushkov die Marke „Heart of Moscow“ entwickelt. Moskau hat ein Herz, und das will der junge Moskowiter an Russen wie Touristen weitergeben. Er ist gern in seiner Stadt und möchte, dass auch andere die russische Hauptstadt in ihr Herz schließen. Seine Produktpalette zeichnet das Bild eines idealen Moskaus. Das Herz ist rot-weiß gestreift, die Form der Streifen ahmt das Muster der Basilius-Zwiebelkuppel nach. Das Symbol ist auch für Touristen einzuordnen, Elzesser kombiniert es mit Produkten, die traditionell mit Russland in Verbindung gebracht werden. Er
bietet dicke Wollsocken und Fäustlinge für den Winter an, aber auch T-Shirts, iPhone-Hüllen und
sowjetische Modellautos im Zwiebelkuppel-Herzchendesign, die Stil, Qualität und die Liebe zu Moskau in sich vereinen.
Elzesser wohnt seit seiner Geburt mitten im Zentrum, ächzt wie alle unter den täglichen Staus, genießt aber im Gegenzug die abendliche Ruhe und Schönheit der Straßen und Parks. „Hier gibt es einige Probleme, aber ich liebe Moskau.
Es kommt auf die innere Einstellung an. Teilten viele Moskowiter meine Sicht, lebten auch sie wie meine Frau und ich in der schönsten Stadt der Welt.“
Mitbringsel vom Roten Platz
Dass Souvenirs aus Moskau originell und zugleich funktional sein können, hat auch das Stadtkomitee für Tourismus bewiesen: Für rund 120 000 Euro ließ es moderne Andenken entwickeln und produzieren, insgesamt 30 000 Stück: USB-Sticks, umhüllt von Holzmatrjoschkas oder einem Kremlturm in Plastik, Mousepads mit Panoramablick und Kugelschreiber, die sich in Holzlöffeln verstecken. In Geschäften gibt es diese Souvenirs aber nicht zu kaufen - sie sollen auf internationalen Tourismusmessen verteilt werden.
Andenken der anderen Art bietet auch die Internetseite Wow Moscow. Das Symbol, das unter anderem auf Tassen, Bettlaken und Baseballkappen gedruckt ist: ein Lächeln. Dass es in Russland nicht immer kalt ist, spricht sich langsam herum – und wenn es gelingt, ein Herz und ein Lächeln als Image der russischen Hauptstadt durchzusetzen, gehören negative Assoziationen vielleicht schon bald der Vergangenheit an.
Kathrin Aldenhoff schreibt
für die Moskauer Deutsche Zeitung.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!