Trainer Dick Advocaat dirigiert die russische Nationalelf. Foto:
Herr Advocaat, nach dem Spiel haben Ihnen viele ausländische Journalisten zu dem Unentschieden gegen Polen gratuliert. Sind Sie selbst denn zufrieden mit diesem Ergebnis?
Bereits vor Beginn der Europameisterschaft war mir klar, dass es gegen die Tschechen leichter als gegen die Polen oder Griechen werden würde. Die Polen spielen zu Hause, die Griechen nicht. Die Situation ist noch nicht ganz klar. Das heimische Stadion hilft den Polen natürlich immens, das haben wir ja in den letzten Spielminuten erlebt. Im Februar haben die Portugiesen hier auch nur ein Unentschieden herausgeholt. In diesem Sinne ist dieser friedliche Ausgang als ein vollkommen normales Ergebnis zu werten. Dabei haben wir gut gespielt und den Ball kontrolliert. Aber dann haben wir das Tor einstecken müssen, weil wir uns ganz dem Angriff hingegeben und hinten nicht schnell genug wieder dicht gemacht haben. Unsere Spieler hatten das Gefühl, dass das Spiel ganz gut läuft und sie noch ein zweites Tor erzielen könnten. Für den Gegner haben sich Freiräume aufgetan, in die er erfolgreich eingedrungen ist.
Unter dem Strich sind Sie mit der russischen Mannschaft im Spiel gegen Polen zufrieden. Was hat Ihnen dabei jedoch nicht so gut gefallen?
Als wir in Führung lagen, haben wir uns zu leicht den Ball abnehmen lassen. In einigen Situationen waren unsere Spieler etwas selbstverliebt – das Hackenspiel, die Täuschungsmanöver. Manchmal muss man eben simpel, aber dafür zuverlässig spielen.
Sie sprachen die Selbstverliebtheit der Spieler an. Die ist mir bereits im Spiel gegen die Tschechen aufgefallen.
Mir auch. Einigen Spielern kann man das einfach nicht abgewöhnen. Sie lieben es, schön zu spielen. So klappt es bei ihnen halt besser. Bestimmt sehen Sie es doch auch so, dass es in den meisten Fällen auch gut geht. In der Begegnung mit Polen ließ Schirokow in einer Situation den Ball zwischen seinen Beine hindurch, um ihn Kerschakow zu überlassen, aber dieser hatte so einen „Trick“ von seinem Partner wohl nicht erwartet.
Und so etwas gefällt Ihnen?
In einigen Situationen gefällt es mir, aber in anderen Situationen, in denen wir dadurch den Ball verlieren, eher nicht.
In den ersten beiden Begegnungen erhielt Ihre Mannschaft lediglich zwei Gelbe Karten. Sprechen Sie mit den Spielern darüber?
Ja. Ich bitte die Spieler, mit dem Schiedsrichter nicht zu diskutieren.
Als nächstes steht die Begegnung mit den Griechen an. Es heißt, Russland habe es generell schwer mit Mannschaften, die aus der Verteidigung heraus agieren.
Das sehe ich nicht so. Ganz im Gegenteil, mir gefällt es, wenn wir das Spiel kontrollieren. Aber das heißt auch, dass man nicht nur mit der gesamten Mannschaft nach vorne stürmt, sondern die gesamte Mannschaft auch wieder mit nach hinten muss. Genau darauf lege ich Wert vor dem Spiel gegen Griechenland. Aber ich finde deren Art gar nicht so verteidigungsorientiert. Mit den langen Pässen erinnert ihr Spiel vielmehr an das der Engländer.
Die Griechen müssen unbedingt gewinnen, Russland dagegen reicht auch ein Unentschieden.
Ich weiß nicht, wie Griechenland spielen wird, wir jedoch müssen unseren Fußball zeigen. Auf ein Unentschieden werden wir es auf keinen Fall ankommen lassen. Wir wollen siegen! Wobei ich die Jungs darum bitten werde, etwas konzentrierter zu spielen.
Wollen Sie unbedingt Gruppenerster werden?
Ganz und gar nicht. Unser Ziel besteht darin, das Viertelfinale zu erreichen.
Das Interview führte Maxim Ljapin.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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