Witali Kalojew verlor seine Frau und die beiden Kinder beim Zusammenstoß zweier Flugzeuge über dem Bodensee. Foto: /Reuters_Vostock-Photo
Kalojew hatte bei der Katastrophe über dem Bodensee seine Frau und beide Kinder verloren und einen Schweizer Fluglotsen erstochen, den er für schuldig hielt an der Tragödie vom 1. Juli 2002. Mehrere Jahre hatte er im Gefängnis gesessen; seit 2008 ist er Vizeminister für Bauwesen und Architektur in der russischen Teilrepublik Nord-Ossetien.
In einem Interview für die Moskauer Boulevardzeitung „Moskowski Komsomolez“ sagt Kalojew, am Jahrestag des Absturzes der Tu-154, bei dem 71 Menschen ums Leben kamen, werde an der Unglücksstelle in Überlingen eine Gedenkfeier stattfinden, zu der die Eltern der gestorbenen Kinder eingeladen seien.
Er selbst wolle auch fahren und habe ein Visum beantragt, sei sich aber nicht sicher, ob er nach seiner Verurteilung eine Einreisegenehmigung in die EU bekommen wird. Außerdem fordere das schweizerische Gericht 150.000 Franken für den Gefängnisaufenthalt von ihm: „Selbst wenn ich das Geld hätte, würde ich es Waisenhäusern oder sonstwohin geben, aber bestimmt nicht der Schweiz!“, so Kalojew.
“Der Mord hat keine Erleichterung gebracht“
Der heute 56 Jahre alte Mann sagt, er habe nach dem Unglück seinen Glauben verloren: „Nach dem, was passiert ist, habe ich mich mit Gott zerstritten.“ Der Mord an dem Fluglotsen habe ihm keine Erleichterung gebracht, aber niemand außer dem Staatsanwalt vor Gericht hätte ihm jemals Vorwürfe gemacht.
Den Mord habe er begangen, weil er „alle Möglichkeiten ausgeschöpft hatte, auf gesetzlichem Wege Gerechtigkeit zu erlangen“: „Ich denke, jeder Mensch hat in solch einer Situation das Recht, mit den eigenen Händen Gerechtigkeit zu schaffen.“
Kalojew lebt seit dem Tod seiner Familie allein, schließt aber nicht aus, vielleicht irgendwann wieder zu heiraten. Vor den schlimmen Erinnerungen rette ihn die Arbeit, sagt er.
Dieser Artikel erschien zuerst bei Russland Aktuell.
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