Rochade für Syrien

Außenminister Sergej Lawrow mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad in Damaskus am 7. Februar. Foto: Reuters

Außenminister Sergej Lawrow mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad in Damaskus am 7. Februar. Foto: Reuters

Russland wird vom Westen diplomatisch bedrängt, dem syrischen Machthaber Assad Asyl zu geben. Doch Moskau besteht offiziell weiter auf Mitspracherechten des Diktators bei einer Lösung des Konflikts im Lande.

Westliche Länder, vor allem die USA, würden aktiv versuchen, Russland zu einer Aufnahme von Baschar al-Assad zu drängen, sagte ein Informant aus russischen diplomatischen Kreisen gegenüber der Zeitung „Kommersant“. 

Formell besteht Moskau auf Assads Teilhabe in Syrien

Russland hege aber nach wie vor keine Pläne, Assad ein Exil zu bieten, so die Quelle. Offiziell trifft dies auch zu: Russland bestand bei der Genfer Syrien-Konferenz darauf, das Assads Name im Schlussdokument unerwähnt blieb und zugleich die Formulierung aufgenommen wurde, dass die Zukunft Syriens „von den Syriern“ – also allen Konfliktparteien gemeinsam in einer Übergangsregierung – gestaltet werden solle. 

Allerdings hatten nach der Konferenz die Außenminister der USA und Frankreichs erklärt, „Assad muss gehen“. Dies entspricht aber nicht der russischen Position, die dem langjährigen Verbündeten zumindest theoretisch weiterhin eine Rolle und ein Mitspracherecht in Syrien einräumen will. 

Die Tatsache, dass Moskau aus Nato-Staaten bekniet würde, den syrischen Diktator aufzunehmen, widerlege zugleich Gerüchte, wonach schon lange entschieden sei, dass der Assad-Clan samt seines Vermögens Asyl in Russland bekommt, sagte der Informant. 

Kreml gibt Assad zehn Prozent Überlebens-Chance

Hinter den Kulissen ist man sich aber auch in Moskau darüber im Klaren, dass Assads Regime wohl nicht mehr zu retten ist: „Er hat zu viel Zeit verloren. Die Chancen, dass er sich halten kann, liegen bei etwa zehn Prozent“, so ein Kreml-Insider gegenüber der Zeitung. 

Wer in Syrien in Zukunft herrschen werde sei für Moskau dabei schon nicht mehr die grundlegende Frage – was zählt, sei eine ausländische Militärintervention wie in Libyen oder dem Irak zu verhindern.

Der Westen verspricht sich von der Ermöglichung einer Flucht Assads in ein sicheres Exil einen schnelleren Machtwechsel in Syrien. Die Gefahr, dass dieser dann in einem Gemetzel an den Assad-Getreuen (denn der Diktator wird kaum alle seine Gefolgsleute und sein Volk der Alawiten nach Russland mitnehmen können) oder in gewaltsamen Machtkämpfen innerhalb der zerstrittenen Opposition endet, wird dadurch allerdings nicht gemindert.

Russland empfängt syrische Oppositions-Delegation

Russland hat sich inzwischen deutlich von der urspünglichen Position verabschiedet, Assad fast um jeden Preis im Amt halten zu wollen. Inzwischen freundet sich Moskau auch mit der syrischen Opposition an, die nächste Woche mit einer Delegation in Russland zu Gast sein wird. 

Insofern ist die Frage, ob der im Westen sicher nicht willkommene Assad letztlich doch irgendwo sicheren Unterschlupf suchen muss, durchaus aktuell. 

Weißrussland als Asyl-Park für Diktatoren?


Wladimir Sotnikow, ein Experten für Internationale Sicherheit der Akademie der Wissenschaften, hält es dabei für möglich, dass Russland seinen übel beleumundeten Ex-Alliierten aus Nahost letztlich aber nicht bei sich selbst unterbringen wird. 

Um Moskaus Image nicht zu sehr zu beschädigen, könnte auch das verbündete Weißrussland die Familie Assad aufnehmen – sozusagen als Abklingbecken für abgebrannte Diktatoren aus Moskaus Dunstkreis: 2010 fand in Minsk auch der gestürzte kirgisische Präsident Kurmanbek Bakijew ein Asyl.

„(Alexander) Lukaschenko wäre dazu durchaus bereit“, so Sotnikow – der nicht ausschließt, dass darüber bereits mit Minsk verhandelt wird.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Russland-Aktuell.

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