Trotz des geplanten Beitritts Russlands zur WTO will der deutsche Landmaschinenhersteller Claas die Produktion in Russland ausbauen. Foto: Pressebild
Zurzeit fertigt Claas im russischen Krasnodar auf einem Produktionsgelände von fünftausend Quadratmetern rund eintausend Mähdrescher pro Jahr. Es ist geplant, bis 2015 eine zweite komplette Fertigungslinie – von Metallbearbeitung, über Endmontage und Lackiererei bis zur Qualitätskontrolle - in Betrieb zu nehmen. Die Produktionsfläche soll dabei auf 45.000 m² vergrößert werden.
Es wird damit gerechnet, dass bereits im Herbst ein Ausschreibungsverfahren zur Auswahl eines Generalauftragnehmers durchgeführt wird, damit im Frühjahr mit dem Bau begonnen werden kann. Nach Ralf Bendisch, Geschäftsführer des Krasnodarer Claas-Werkes, rechnet das Unternehmen mit vier bis viereinhalb Milliarden Rubel, also mehr als 100 Millionen Euro, die für die Investition aufgewendet werden müssen. Den größten Teil wird der Stammbetrieb im nordrhein-westfälischen Harsewinkel beisteuern.
Das Unternehmen will so seinen Local Content von derzeit 20 auf über 50
Prozent steigern. Schon jetzt liefern mehr als zwanzig russische OEM-Lieferanten Motorblöcke, Räder, Schnecken, Scheiben und andere Zulieferteile. Laut Bendisch können bei einem lokalen Produktionsanteil von über 50 Prozent im Rahmen eines russischen Förderprogrammes Kredite zu niedrigen Zinsen aufgenommen werden. Damit wird es möglich, den Kunden die Produkte zu günstigeren Konditionen anzubieten.
Der Leiter des Krasnodarer Werkes schätzt den russischen Markt auf sechs- bis achttausend Mähdrescher jährlich. "Claas ist dann in der Lage, ein Viertel des enormen Bedarfes zu decken," gibt sich Bendisch überzeugt. Für den Fall, dass die Konjunktur in Russland sich doch nicht wie erwartet entwickle, könne man die hier gefertigten Erzeugnisse auch in andere Länder der Zollunion exportieren, begründet er die Langfristigkeit des Engagements. Außerdem sieht der Claas-Ableger in Krasnodar auch großes Potential, seine Landmaschinen in andere GUS-Staaten liefern zu können, darunter in die Ukraine, Tadschikistan oder Usbekistan.
Insbesondere will man sich durch den Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation WTO nicht aufhalten lassen - auch wenn die
Einfuhrzölle für importierte Landmaschinen sinken. „Man könnte auf die Idee kommen, es sei günstiger, die Fertigprodukte direkt aus Deutschland zu beziehen, aber dem ist nicht so," meint der Statthalter von Claas in Krasnodar. Er rechnet vor, dass die Einfuhr eines Mähdreschers gegenwärtig ungefähr 25 bis 30 Tausend Euro Zoll kostet. Mit dem WTO-Beitritt sinke der Einfuhrzoll zwar von 15 auf fünf Prozent, was aber immer noch viel sei. Aber die Vor-Ort-Produktion sei eben noch günstiger, um deutsche Markenprodukte zu einem günstigen Preis in Russland anbieten zu können, erklärt er.
Die russische Vereinigung für Landmaschinenbau Rosagromasch beäugt diesen Prozess kritisch. Sein stellvertretender Direktor für internationale Beziehungen Andrej Agaschow, lässt kein gutes Haar am Engagement der Deutschen. Seiner Meinung nach wäre es zielführender, komplette Maschinen aus Deutschland zu importieren, anstatt Milliarden Rubel in den Ausbau des Werkes in Krasnodar zu stecken. Er meldet ernsthafte Zweifel an, ob es dem Unternehmen gelingen wird, bis zum Jahre 2015 einen Local Content von 50 Prozent zu erreichen.
Aber vielleicht spricht nur die Angst vor Konkurrenz aus Agaschows Worten. Die deutschen Landmaschinen aus russischer Produktion könnten den Markt ganz schön aufmischen. Die Agrarbetriebe und den Endverbraucher in Russland wird es aber freuen.
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