Die Band hatte am 21. Februar 2012 in der Moskauer Christ-Erlöserkathedrale, die als Hauptkirche der russisch-orthodoxen Kirche gilt, vor dem Altar eine sogenannte „Punk-Andacht“ abgehalten – mit Masken, voll aufgedrehten Lautsprechern und Äußerungen, die viele Gläubige als Gotteslästerung empfanden.
Tage später wurden mehrere Bandmitglieder verhaftet. Gegen Verlängerungen der U-Haft hatten Bürgerrechtler protestiert; zwischenzeitlich war es bei den Anhörungen zur Haftverlängerung vor dem Gerichtsgebäude zu tumultartigen Auseinandersetzungen gekommen.
Vor Gericht stehen jetzt Nadeschda Tolokonnikowa, Maria Alechina und Jekaterina Samuzewitsch. Sie sind des Rowdytums angeklagt; die Höchststrafe liegt nach dem russischen Strafgesetz bei sieben Jahren. Die erste Verhandlung wird am Freitag unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.
Weitere Ermittlungen?
Derweil berät ein Ausschuss der russischen Staatsduma über die
Beantragung der Überprüfung weiterer Aktionen der Punk-Gruppe. So soll sie eng mit der skandalösen Petersburger Künstlergruppe „Wojna“ (Krieg) zusammengearbeitet haben. Wojna wurde weltweit bekannt, als sie 2010 auf einer Newa-Klappbrücke an der FSB-Zentrale einen riesigen Phallus aufgesprüht hatten.
Vor der „Punk-Andacht“ war Pussy Riot unter anderem durch eine Aktion auf dem Roten Platz in Moskau aufgefallen, wo sie Schmählieder über Putin gesungen hatten. An den Auftritten der jungen Frauen scheiden sich die Geister – für die einen sind ihre frechen Aktionen Ausdruck demokratischer Freiheit, andere schelten sie als „vom Teufel besessen“.
An der Band scheiden sich die Geister
Viele oppositionell gesinnte Russen begrüßen die ausgefallenen Auftritte der Gruppe, die sie als Widerstand gegen die immer weiter fortschreitende konservative Entwicklung einschätzen; Vertreter der russischen Kirche verurteilen sie dagegen als gotteslästerlich.
Laut BBC hat der Anwalt der Wachleute der Christ-Erlöserkathedrale, die in dem Prozess als Mitkläger auftreten, Pussy Riot als „verbrecherische Gemeinschaft“ bezeichnet, deren Aktionen „sich bald zu Ereignissen auswachsen können, die mit den Anschlägen in Amerika vom 11. September vergleichbar wären“. All ihre Auftritte seien „vom Satan angezettelt“.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Russland Aktuell.
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