Die milliardenschweren Investitionen in die Infrastruktur des APEC-Gipfels sollen das Image von Russland verbessern. Foto: Vitaly Raskalov
Das Symbol für Modernisierung im russischen Fernen Osten ist 1104 Meter lang, 23.000 Tonnen schwer und hat rund eine Milliarde US-Dollar gekostet. Die nach russischen Angaben "längste Schrägseilbrücke der Welt" steht in Wladiwostok und verbindet die russische Hafenstadt am Pazifik mit der Insel Russki. Das Bauwerk wurde anlässlich des Wirtschaftsgipfels der asiatisch-pazifischen Staaten (APEC) gebaut, der am Freitag (07.09.2012) begonnen hat.
Schöner Schein
Wladiwostok gilt als Russlands Vorposten im Fernen Osten. Der Name der rund 9000 Kilometer östlich von Moskau gelegenen Stadt an der Grenze zu China bedeutet im Russischen so viel wie "Besitze den Osten".
Bei der Vorbereitung des APEC-Gipfels 2012 hat Russland tief in die Tasche gegriffen. Die Gesamtkosten für neue Straßen, Brücken, Hotels und Konferenzzentren belaufen sich nach offiziellen Angaben auf über 20 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Die Ukraine hat für die Fußball-Europameisterschaft im vergangenen Sommer etwa ein Drittel dieser Summe ausgegeben.
Russlands Schwäche
Modernisierung sei zwar wichtig, doch die milliardenschweren Investitionen in die Vorbereitung des APEC-Gipfels hätten auch ein anderes Ziel, meinen Experten: Russlands Image. Die Staats- und Regierungschefs sowie Wirtschaftseliten aus Ländern wie Japan, China oder Singapur sollen sehen, "dass Russland sowohl politisch als auch ökonomisch ein wichtiger Akteur in der Region" sei, sagt Margarete Klein von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).
Tatsächlich sei Russland wirtschaftlich eines der schwächeren Länder im asiatisch-pazifischen Raum, meint Klein. Russland habe zwar
"Ressourcen und Rohstoffe zu bieten", meint ihr Kollege Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Doch wenn es um Innovationen und Infrastruktur gehe, habe Russland "wenig zu bieten" und könne im Wettbewerb mit den Staaten der Region "kaum bestehen", sagt Meister. Ähnlich sehen das auch Experten in Moskau. Abgesehen von einigen Großprojekten wie dem Bau einer Gaspipeline nach China sei Russland in Asien "kaum präsent", meint Dmitri Suslow vom Rat für Außen- und Verteidigungspolitik. Die Wirtschaftskraft im dünn besiedelten russischen Fernen Osten liegt bei knapp 8000 US-Dollar pro Kopf - in Südkorea sei die Wirtschaftskraft dreimal so hoch, rechnet Wladislaw Inosemzew vor, Direktor des Zentrums für die Erforschung der postindustriellen Gesellschaft.
Asien attraktiver als Europa?
Vor diesem Hintergrund soll die luxuriöse Infrastruktur beim APEC-Gipfel über die tatsächliche Schwäche Russlands in der Region hinwegtäuschen. Moskau gibt sich entschlossen, seine Stellung im
asiatisch-pazifischen Raum auszubauen. Wirtschaftlich könnte Asien für Russland immer attraktiver werden, sagt Stefan Meister von der DGAP. Wegen der Krise im Euroraum sei die EU aus Moskaus Sicht "kein zukünftiger Wachstumsmarkt" für Russland. Dabei scheint der Dialog mit manchen asiatischen Staaten für Russland leichter als mit dem Westen, meint Margarete Klein von der SWP. Die Tatsache, dass Staaten wie China ihre Wirtschaft modernisieren konnten, ohne dabei auch eine politische Modernisierung durchzuführen, werde in Moskau als "Erfolg dieses Modells" gesehen, so die Expertin.
Gipfel ohne Obama
Manche Beobachter haben nach der erneuten Wahl Wladimir Putins zum Präsidenten vermutet, dass sich Russland während dessen dritter Amtszeit stärker nach Asien orientieren werde. Eine seiner ersten Auslandsreisen führte Putin dann auch tatsächlich nach Peking.
Seinen US-Kollegen wird der russische Präsident beim APEC-Gipfel in Wladiwostok dagegen nicht treffen. Barack Obama, der dieser Tage auf dem Nominierungsparteitag in Charlotte erneut zum Präsidentschaftskandidaten seiner Partei gekürt wurde, ließ sich aus diesem Grund entschuldigen. Dies sei eine "Enttäuschung" für Russland gewesen, meint Margarete Klein von der SWP: "Es ist auch ein Zeichen, dass die USA Russland in Asien nicht als wichtigen Partner ansehen."
"Mit Handbremse Richtung Asien"
Wenn Russland einen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen mit Ländern der Region anstrebe, stehe es auch vor einem Dilemma, meint Stefan Meister von der DGAP. Russland habe "Angst, dass zu viele Investitionen aus Asien kommen, die dann möglicherweise eine Dominanz von asiatischen Staaten in dieser Region bedeuten würde", sagt der Experte. Russland bewege sich "mit angezogener Handbremse Richtung Asien". Eine wirkliche Öffnung gegenüber Investoren aus den APEC-Staaten wolle Moskau "nicht wirklich".
Dieser Beitrag erschien zuerst bei der Deutschen Welle.
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