Handel mit APEC-Länder: Geht im Osten die Sonne auf?

Für Russland es ist lohnend den Warenumsatz mit APEC-Länder zu steigern. Foto: Pawel Lysizin, RIA Novosti.

Für Russland es ist lohnend den Warenumsatz mit APEC-Länder zu steigern. Foto: Pawel Lysizin, RIA Novosti.

Wie OECD und APEC registrieren, übertrifft das ökonomische Wachstum im asiatisch-pazifischen Raum weiterhin den Rest der Welt. Doch Russland tut sich schwer mit seinen östlichen Nachbarn. Kulturelle Unterschiede, fehlende traditionelle Handelsbeziehungen, träge russische Staatsbetriebe, zu wenige qualifizierte Fachkräfte und die Enttäuschung potenzieller ausländischer Investoren lähmen die Wirtschafts- und Handelsentwicklung im russischen Osten.

70 Prozent aller russischen Bodenschätze - Erze, Dünger, Kohle, Erdöl, Erdgas - befinden sich zwischen Ural und dem Stillen Ozean. Obwohl die danach gierenden asiatischen Märkte gleich nebenan liegen, hat schafft es Russland nicht, seinen Anteil am Warenumsatz im Raum der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftszusammenarbeit (Asia-Pacific Economic Cooperation, APEC) nennenswert zu steigern. Seit Jahren

dümpelt er irgendwo bei einem Prozent herum. Russlands Handel mit den APEC-Ländern umfasste 2011 gerade einmal ein Viertel aller Exporte. Das sieht auf den ersten Blick ganz ordentlich aus, ernüchtert aber, weil sich unter den 21 APEC-Ländern auch Russlands wichtigster Handelspartner - die Volksrepublik China - befindet. Sergej Men, Managing Partner der Firma Eurasia Capital Partners (Hongkong), macht gleich mehrere Gründe dafür aus: „Erstens fehlt den Russen die komplexe Sichtweise auf die Gesamtregion,  besonders bei den Staatsbetrieben. Zweitens gibt es keine entwickelte Transportinfrastruktur, also Straßen, Eisenbahnlinien, Häfen und Pipelines. Zum Dritten braucht Russland mehr Direktinvestitionen aus Ost- und Südostasien“.

Wie ungeschickt und kurzsichtig die russische Wirtschaft mit seinen potenziellen asiatischen Partnern umgeht, zeigt ein Beispiel aus dem Energiebereich. Er ist für Erica Downs, Expertin für China bei Brookings Institution, einer US-amerikanischen privaten Non-Profit-Organisation für unabhängige Forschung und innovative politische Lösungen, ein idealer Bereich für Kooperationen zwischen China und Russland.

Peking will seine Abhängigkeit von den Energieträgern aus dem Nahen Osten und aus Afrika reduzieren, die ungefähr 90 Prozent seiner Ölimporte ausmachen. Und Russland will bereits seit längerer Zeit  den Export seiner fossilen Brennstoffe diversifizieren und dessen Anteil in Richtung Europa verringern, der heute noch mehr als 80 Prozent umfasst. Einen weiteren förderlichen Faktor sieht Downs in der Absicht Pekings, Energieträger möglichst direkt über Pipelines zu beziehen, die nicht durch Flotte der USA zu kontrollieren sind.

Aus diesen naheliegenden Gründen forcierte China denn auch nach der Normalisierung seiner Beziehungen zur Sowjetunion Ende der achtziger Jahre den Bau neuer Erdöl- und Erdgaspipelines in China. Doch die Vollendung der Projekte lässt seit 15 Jahren auf sich warten. Das liegt vor allen an den Russen. Der damalige Jukos-Chef Michail Chordokowskij begann zwar mit dem Pipelinebau auf russischem Territorium, aber nach der Abtretung der Jukos-Aktiva an Rosneft, legte dessen Vorstandsvorsitzender  und Vize-Ministerpräsident Igor Setschin auf Eis.

Nachdem Peking klar geworden war, dass Russland es mit der

Umsetzung der Vereinbarung offensichtlich nicht eilig hat, begann es, sich nach anderen Lieferanten umzuschauen. 2006 wurde die erste Erdöl-Pipeline nach Kasachstan fertiggestellt. Parallel baute Peking sein Programm "Erdöl für Kredite" in Afrika und Lateinamerika aus. So kam das russisch-chinesische Abkommen über Erdöllieferungenerst im Herbst des Krisenjahres 2009 aus den Hufen. Um den Staatsetat nicht zuüberfordern, mussten Rosneft und Transneft bei den Chinesen einen Kredit in Höhe von 25 Milliarden US-Dollar aufnehmen und ihn mit den künftigen Lieferungenabsichern.

Danach wurde der Bau der Pipeline nach China im Eiltempo in Angriffgenommen. Schon 2010 ging sie in Betrieb, doch bereits 2011 reduzierten die Chinesendie Zahlungen. Sie begründeten diesen Schritt mit den ungerechtfertigt hohen Preisenund Durchleitungsgebühren. Das rief eine kleine Wirtschaftskrise hervor: Wäreder Vertrag mit China geplatzt, hätten Rosneft und Transneft den gigantischen Kreditsofort zurückzahlen müssen und wären auf einer im Nirgendwo endenden Pipelinesitzengeblieben. Die Chinesen hätten den Verlust ungleich besser verkraftetet. Alsomusste Russland klein beigeben: Die Transportgebühren wurden um 1,50 US-Dollarpro Barrel gesenkt.

Das Fehlen einer intakten und ausgebauten Transportinfrastrukturim russischen Fernen Osten ist für alle, die Kohle, Erz oder Getreide nach Asienliefern wollen, ein kolossales Problem. Auch die Umschlagskapazitäten in den Häfen limitieren den Außenhandel. Dieses Problem muss man im Zusammenhang mitdem für den Auf- und Ausbau sowie die Modernisierung notwendigen Kapital sehen. Gerade dafür könnten asiatische Investoren gewinnen werden. Doch Russland stellt sich auch hier ungeschickt an. Erst vor kurzem gründeten der Russische Fondsfür Direktinvestitionen und die China Capital Investment Corporation einen Fonds über vier Milliarden US-Dollar für Investitionen auf dem Hoheitsgebietder Russischen Föderation.

Bis heute jedoch wurde kein einziges Projekt in Angriff genommen. Das soll, wie es heißt, mit einer inoffiziellen politischen Doktrin zu tun haben, die Chinesen lediglich an unkritischen Projekten, nicht aber ansensiblen, strategisch wichtigen Exportstrukturen beteiligen will. Klar, dass inzwischen das Interesse Pekings am Fonds nachlässt.

Generell tut sich Russland immer noch schwer, Investitionen durch asiatische Länder zu fördern oder dort Kapital einzuwerben. Einen ersten Versuch startete im Krisenjahr 2009 Oleg Deripaska mit seinem Unternehmen RUSAL, dem größten Aluminiumproduzenten der Welt. Er platzierte sein Unternehmen an der Hongkonger Börse und erreichte damit einen großartigen Erfolg. Er erzielte mit 10,6 Prozent seiner Aktien einen Erlös von 2,2 Milliarden US-Dollar.

Nach diesem beeindruckenden Beispiel wollten auch andere russische

Unternehmen, darunter Gazprom und LUKOIL, Wertpapiere in Hongkong und ananderen asiatischen Börsenplätzen begeben. Doch Deripaskas Erfolgsgeschichte wiederholtesich nicht. „Die Zusammenarbeit zwischen Russland und Asien besitzt ein kolossales Potential. Einen zweiten Markt mit diesem Potenzial für russische Exporte und eine andere Kapitalquelle für die Realisierung von Investitionen gibt auf der ganzen Welt nicht mehr", konstatiert Sergej Men. „Nur: Moskau muss endlich lernen, sich in der Region zu engagieren, Fachleute für den Handel mit den asiatischen Nachbarn auszubilden und Investmittel in diese Region umzuleiten“.

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