Den Russen im Allgemeinen und dem Moskauer im Besonderen wird ab und an ein gewisser Größenwahn unterstellt. Da liegt der Verdacht nahe, dass auch den Organisatoren des diesjährigen Festivals „Krug Sweta" („Ring des Lichts") bei ihren Zahlenspielchen ein wenig die Verhältnismäßigkeit abhanden gekommen ist. Mehr als drei Millionen Besucher werden zum Festival in Moskaus Innenstadt vom 28. September bis 2. Oktober erwartet, sagt Mitorganisator Wladimir Jakowlew – und er klingt dabei sehr überzeugt. Dabei soll sich die Besucherzahl innerhalb nur eines Jahres verzehnfachen.
Das Festival mit Lichtinstallationen und Lasershows findet in Moskau zum zweiten Mal statt. Zur ersten Auflage im vergangenen Jahr kamen etwa 300.000 Besucher. „Ganz ohne Werbung", sagt Jakowlew. Schon damals verwandelten sich die Gebäude am Roten Platz in Projektionsflächen für die Fantasien internationaler Lichtkünstler. Der deutsche Lasershow-Designer Jerry Appelt, einer der besten seines Faches weltweit, projizierte Rosen auf die Kremlmauer und ließ die Kuppeln der Basilius-Kathedrale im Takt vom Glockenklang aufscheinen. Eine ähnlich imposante Bühne für ihre Installationen finden die Designer nur selten.
Jerry Appelt ist in diesem Jahr nicht im Wettbewerbsprogramm des Festivals vertreten. Dafür haben 100 andere Künstler ihre Teilnahme
zugesagt, sie kommen unter anderem aus Italien, der Türkei, der Ukraine, Irland und Portugal. Die Multimedia-Show auf dem Roten Platz wurde vom französischen Künstlerkollektiv ECA2.4. entwickelt. Verpassen kann sie kaum jemand, sie wird an jedem Abend zweimal pro Stunde gezeigt. Auf der Fassade des Hotel Moskwa verewigen sich Gäste aus England. Ein Team aus Deutschland wird das große Tor des Gorki-Parks in ein neues Licht tauchen. Der Brunnen im Park liefert das Wasser für einen 30 Meter langen Wasservorhang, auf dem die Bilder aus Licht projiziert werden. Alles unter dem diesjährigen Festivalmotto: Energie des Lebens.
Außer der Eröffnungsveranstaltung auf dem Roten Platz und der Abschiedszeremonie im Gorki-Park, sind alle Veranstaltungen kostenlos. Wer eine der angekündigten 850 Shows besuchen möchte, wird an den Festivaltagen im Ausstellungszentrum „Manege", entlang der Krimskaja Nabereschnaja, am Hotel Moskwa auf dem Roten Platz und im Gorki-Park fündig.
Urheber des Festivals sind nicht etwa enthusiastische Künstler, die Moskaus Zentrum mit Lichtschein und Laserstrahlen erobern wollten. Die Idee stammt vielmehr aus den Beamtenstuben im Moskauer Amt für Massenmedien und Werbung. Mit dem „Ring des Lichts" hoffen sie, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Zunächst einmal bringen die fünf Festivaltage viel Licht in die beginnende dunkle Jahreszeit. Zweitens – und das ist den Beamten besonders wichtig – soll der Eventtourismus in der russischen Hauptstadt gestärkt werden.
Wenn es nach den Wünschen des Amtsleiters geht, wird „Ring des Lichtes" demnächst ein Moskauer Markenzeichen werden, das in den kommenden Jahren noch weit mehr als drei Millionen Besucher in die Hauptstadt lockt. „Wir haben die talentiertesten Künstler versammelt, und wir zeigen unsere Stadt in einer neuen Schönheit", sagt Amtsleiter Wladimir Tschernikow.
Fast wortgleich argumentiert Mitorganisator Wladimir Jakowlew. Das Festival werde zeigen, wie mit Hilfe von Licht die Infrastruktur der Millionenstadt verändert werden könne, sagt Jakowlew. Und: „Die Menschen müssen verstehen, dass es hier nicht um ein kurzweiliges Vergnügen geht". „Ring des Lichts" sei ein Festival für die gesamte Familie, ein Fest der Emotionen, das nachhaltig Eindruck mache.
Vor allem aber ist das Festival ein Fest der Superlative. Drei Millionen Besucher – diese Rekordmarke haben sich die Organisatoren fest vorgenommen. Ob es geklappt hat, wird erst nach dem 2. Oktober bekannt werden. Eine andere Zahl steht bereits fest – und auch die ist gewaltig. Um alle Lichter zum Brennen zu bringen, werden 2,5 Megawatt benötigt. Das entspricht in etwa der Leistung einer größeren Windkraftanlage.
Nähere Informationen zum Programm des Festivals auf Russisch und Englisch unter:
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