Gazprom reagiert auf 3. Europäisches Energiepaket

Der Wunsch von Gazprom seine europäische Firmenstruktur zu ändern kann signalisieren dass das Unternehmen zum Dialog mit der EU bereit ist, meinen die Experte. Foto: Getty Images/Fotobank.

Der Wunsch von Gazprom seine europäische Firmenstruktur zu ändern kann signalisieren dass das Unternehmen zum Dialog mit der EU bereit ist, meinen die Experte. Foto: Getty Images/Fotobank.

Der russische Energiegigant Gazprom reagiert mit einer Umstrukturierung seiner europäischen Aktivitäten auf das "Dritte Paket für Elektrizität und Gasmärkte" der Europäischen Union von 2009. Dies sieht im wesentlichen die Liberalisierung des Energiemarktes durch Trennung des Netzbetriebs von Versorgung und Erzeugung vor.

Gazprom will zwei neue Beteiligungsgesellschaften gründen: Die GMT Holding und die Gazprom Storages & Transport. Die GMT Holding soll der Konsolidierung und Verwaltung von Vermögenswerten im Gashandel mit dem Ausland dienen, die Gazprom Storages & Transport ist für die Zusammenführung aller Aktivitäten und das Management der konzerneigenen Infrastruktur für den Transport und die unterirdische Speicherung von Gas vorgesehen.

Wo die GMT Holding und die Gazprom Storages & Transport angesiedelt werden, ist noch offen. Gazprom konzentriert sich bei der Standortfrage auf Großbritannien, die Schweiz und Luxemburg, die alle ihre Vorzüge und Nachteile haben.

Darüber hinaus wird Gazprom Export auf Grundlage langfristiger Verträge weiterhin die Lieferungen von Gas nach Europa verantworten. Außerdem werden dem Unternehmen die Aktivitäten übertragen, die mit den

Lieferungen auf Grundlage von Verträgen mit der EU-Kommission zusammenhängen. Hier geht es vor allem um Gaslieferungen aus Mittelasien (Gazprom Schweiz AG) oder Beteiligungen an der finnischen Gasum und der serbischen JugoRosGas. Gazprom behauptet, diese Umstrukturierung unabhängig von der Europäischen Kommission vorzunehmen. „Wir wollen unsere Geschäftstätigkeit in Europa einfach optimieren", erklärt diesen Schritt der stellvertretende Vorstandsvorsitzende und Generaldirektor des Konzerns Gazprom, Alexander Medwedjew, "Steuern sparen und Kompetenz bei der Beurteilung und Realisierung von Infrastrukturprojekten aufbauen. Wir strukturieren unsere Vermögenswerte um, um die Rentabilität unserer Geschäftstätigkeit zu erhöhen."

Allerdings behaupten Grigorij Birg und Julia Wojtowitsch, Analysten bei Investcafé, einer unabhängigen internationalen Analyseorganisation, dass der Beschluss zur Umstrukturierung der Vermögenswerte "die Verluste aus der Umsetzung des Dritten Energiepakets durch eine Reihe Staaten, darunter Estland und Litauen," verringern sollen. Der Beschluss, die Vermögenswerte zu restrukturieren, wird wohl nur vorübergehend den Druck von Gazprom nehmen, glauben die Analysten. Der Gasgigant werde versuchen, den Status-quo in den Geschäftsbeziehungen zu den europäischen Kunden so lange wie möglich zu bewahren. Langfristig betrachtet werde der Druck auf Gazprom nicht abnehmen.

Im Kern ändere die Restrukturisierung der Vermögenswerte nicht die Europa-Strategie des Gasriesen Gazprom, befürchtet Oleg Semjonow, Direktor der Sankt Petersburger Filiale von 2K Audit-Business Consulting, des russischen Ablegers der Unternehmensberatung Morison International: „Der Konzern wird auch weiterhin Vertrieb und Transport kontrollieren, was jedoch nicht den förmlichen Forderungen des Dritten Energiepakets entspricht. So betrachtet, hat die Umstrukturierung wirklich kaum etwas mit Liberalisierungsbestrebungen der Europäischen Kommission zu tun." Er wettert: „Gazprom könnte seine Vermögenswerte auch in ein anderes Land verlagern, zum Beispiel in die Schweiz. Das würde auch den Zugriff der Europäischen Kommission erschweren."

Der Wunsch von Gazprom, seine europäische Firmenstruktur zu ändern, sei ein Signal an die EU: "Das Unternehmen ist zum Dialog bereit." Das

zumindest leitet Dmitrij Baranow, Berater in der Investmentholding Finam, aus dem Verhalten von Gazprom ab. „Gazprom demonstriert, dass das Unternehmen gewillt ist, seine Ausgaben zu kürzen, allerdings im Rahmen des Gesetzes. Zudem könnte die öffentliche Diskussion über die Umstrukturierung dazu beitragen, viel Geld und Steuern zu sparen. Es ist nicht auszuschließen, dass dem Unternehmen Angebote aus anderen europäischen Ländern unterbreitet werden, Gazprom-Töchter in ihren Ländern zu gründen - zu besonders günstigen Bedingungen. Als Beispiel könnten Gazprom Germania oder ArmRosGazProm dienen.

"Man darf nicht vergessen, dass das Hauptziel Europas darin besteht, von Gazprom maximale Rabatte auf die Gaspreise zu bekommen", erklärt Alexander Rasuwajew, Chefanalyst des Brokerhauses Alpari. „Im Gegenzug versucht Gazprom, sich bestmöglich abzusichern. Und der Konzern will dabei Transparenz walten lassen." „Man sollte dabei nicht vergessen, dass Gazprom in Europa das Image eines undurchsichtigen und unter politischen Aspekten geführten Unternehmens anhängt."

Der Analyst erkennt allerdings auch die Marktmacht von Gazprom. „Zwar verfolgt das Dritte Energiepaket das Ziel, das Pipelinebusiness als eigenständiges Geschäftsfeld abzutrennen. Aber das ist auch eine Chance für Gazprom. Gegenwärtig verkauft nicht Gasprom sein Gas, sondern europäische Unternehmen verkaufen das Gazprom-Gas an die Endverbraucher. Gazprom könnte auf den Trichter kommen, das Gas doch selbstständig an den Mann zu bringen", erläutert er. „Gazprom würde umgehend einen direkten Zugang zur Pipeline erhalten, sobald das Unternehmen einen Vertrag mit dem Endverbraucher abschließt".

Dieser Beitrag erschien zuerst bei der Zeitschrift Expert. 

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