Bidzina Iwanischwili ist der neue Ministerpräsident Georgiens. Foto: AP.
Er ist französischer Staatsbürger, besitzt zudem einen russischen Pass, aber keinen georgischen mehr. Er hat zu Hause einen eigenen Zoo, sammelt zeitgenössische Kunst und bezahlt der Armee die Stiefel. Einiges ist bekannt über den Milliardär Bidsina Iwanischwili, der Georgiens neuer Ministerpräsident werden wird. Dennoch ist Iwanischwili vielen Georgiern rätselhaft wie eine Sphinx - und ausländischen Beobachtern erst recht.
Die offiziell zugänglichen Informationen über Iwanischwilis Leben zeichnen ein Bild, das jedes Klischee einer erfolgreichen Karriere in der post-sowjetischen Zeit bedient. Iwanischwili stammt aus ärmsten Verhältnissen. Er wurde 1956 als jüngstes von fünf Kindern eines Kleinbauern und Minenarbeiters in der georgischen Region Imeretien geboren. Durch viel Fleiß und gute Leistungen in Schule und Universität sei er schnell vorangekommen und in Moskau habe er durch Fantasie und harte Arbeit seinen kometenhaften Aufstieg begonnen, heißt es.
Pinguine und Kopien von Henry Moore
Er gründete 1990 eine Bank, die Rossiski Kreditbank, an der er heute noch Anteile hält. Anschließend soll er im Rohstoffhandel jene gewaltigen Gewinne gemacht haben, die ihn auf der Forbes-Liste der reichsten
Menschen der Welt auf Position 153 vorrücken ließen. Forbes schätzt sein Vermögen auf 6,4 Milliarden US-Dollar. Heute lebt der Selfmade-Milliardär abwechselnd in seinem Geburtsort Tschorwila und nahe der Hauptstadt Tiflis. Dort, so berichtet die englische Zeitung The Guardian, soll er einen Privatzoo mit Pinguinen, Lemuren und einem Zebra unterhalten. Auf diesem Anwesen, das wegen seiner futuristischen Bauweise aus Glas und Stahl den Spitznamen "Glasschloss" trägt, hat er zahlreiche Kopien von Skulpturen des englischen Künstlers Henry Moore ausgestellt. Die Originale sind laut Guardian in einem unterirdischen Depot in England sicher verwahrt.
Guter Mensch mit weißer Weste?
Wer innerhalb weniger Jahre aus dem Nichts ein Vermögen von mehreren Milliarden Euro anhäuft, muss sich die Frage gefallen lassen, wie ihm das gelungen ist. Beinahe allen Neureichen in Russland und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion werden mehr oder weniger enge Verbindungen zu kriminellen Kreisen und korrupten Zirkeln der Politik nachgesagt. Im Falle Iwanischwili scheint das anders zu sein. Die Autorin Wendell Steavenson etwa, die ein Buch über Georgien geschrieben hat, zitiert in ihrem Artikel "Der gute Oligarch" den französischen Botschafter in Tiflis, Eric Fournier, einen Freund Iwanischwilis. Der hält den Milliardär für den einzigen Oligarchen "mit einer weißen Weste".
Sie musste aber auch feststellen, dass viele Georgier das Thema Iwanischwili als Tabu betrachten, sie reden nicht gern über den Milliardär. Und wenn sie doch über ihn reden, dann voller Bewunderung und Verehrung. Steavenson fand zum Beispiel einen Taxifahrer, der Iwanischwili schlicht für "Gott" hält. Michael Weichert, bei der Friedrich-Ebert-Stiftung zuständig für die Region Südkaukasus, erklärt diese unkritische Haltung mit den hohen Erwartungen, die viele Georgier hegen. Die würden über Iwanischwili denken: "Da kommt ein Messias, der uns an seinem Reichtum beteiligen wird."
Fehleinschätzung
Dennoch bleibt bei vielen ein Unbehagen, weil nicht klar ist, wie genau Iwanischwili zu seinem Reichtum gekommen ist, wer ihm dabei geholfen hat und wem er nun verpflichtet sein könnte. Auch die Georgien-Expertin Iris Kempe, die für die Heinrich-Böll-Stiftung in Tiflis gearbeitet hat, ist skeptisch. Im Gespräch mit der DW nennt sie den Georgier "eine schillernde Person, bei der viele Dinge noch offen sind".
Die Erwartungen an den neuen Ministerpräsidenten Georgiens sind ebenso groß wie die Vorbehalte mancher Beobachter. Wie undurchsichtig Iwanischwilli ist, hat er schon bewiesen. Nach der sogenannten Rosenrevolution unterstützte er den jetzigen Staatspräsidenten Mikhail Saakaschwili.
Der war sich sicher, einen treuen Gefolgsmann gefunden zu haben. Er kenne Iwanischwili zwar nicht gut, gab er zu, denn der lebe "wie der Graf von Monte Christo. Ich habe ihn erst einmal getroffen". Aber dennoch sagte Saakaschwili noch 2008: "Er hat keine politischen Ambitionen. Überhaupt keine." Wie man sich täuschen kann.
Die ungekürzte Fassung dieses beitrags erschien zuerst bei DW-World.de
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