Google-Konkurrent Yandex bringt eigenen Browser auf den Markt

Yandex-Gründer Arkadi Wolosch: Auf jedem lokalen Markt muss man auch auf globale Suchanfragen antworten können. Foto: ITAR-TASS.

Yandex-Gründer Arkadi Wolosch: Auf jedem lokalen Markt muss man auch auf globale Suchanfragen antworten können. Foto: ITAR-TASS.

Yandex ist nicht mehr nur eine Suchmaschine - seit Oktober bietet das Unternehmen auch einen eigenen Browser an. Im Interview nennt der Gründer und Generaldirektor von Yandex Arkadi Wolosch die Gründe für diesen Schritt und erklärt den zunehmenden Wettbewerb auf dem Suchmaschinenmarkt.

Russland HEUTE: Was hat Sie dazu bewegt, in den heiß umkämpften Browser-Markt einzusteigen?


Arkadi Wolosch: In der Vergangenheit waren wir bemüht, uns eher an fremde Plattformen anzupassen statt mit ihnen zu konkurrieren. Wir waren der Meinung: Die Entwicklung von Browsern ist eine eigenständige Branche, und wir beteiligen uns daran lediglich über die Entwicklung von Cloud-Dienstleistungen. Das haben wir auch getan. Aber vor ein paar Jahren begann die Situation, sich zuzuspitzen: Google puschte seinen Browser Chrome und begann, die Wettbewerber aktiv aus diesem Markt heraus zu drängen.

Was momentan passiert ist eine Entwicklung gegen die Netzneutralität, die in der Vergangenheit von allen so vehement verfochten wurde. In der Vergangenheit herrschte das Prinzip der Offenheit – das ist nunmehr Vergangenheit. Wir haben lange Zeit mit Mozilla kooperiert, aber der Browser wurde aufgekauft und es war klar, dass wir um die Entwicklung unseres eigenen Browsers nicht herumkommen. Aber wir haben bis heute ein gutes Verhältnis zu Opera und wir entwickeln die Plattformen gemeinsam.

Und das bedeutet nicht, dass Sie Opera übernehmen könnten?

Die russische Suchmaschine Yandex stellt auf der Technologiekonferenz YaC, die am 1. Oktober in Moskau eröffnet wurde, ihren eigenen Browser und App-Store vor.

Der Yandex.Browser vereinigt in sich die besten Eigenschaften der Browser Chrome und Opera – von dem einen übernahm er die Engine und die kostenlose Cloud Chromium, von dem anderen die Technologie Turbo, die das Datenvolumen beim Besuch von Internetseiten verringert.

Im Browser sind die Dienste von Yandex integriert, die praktisch identisch mit denen von Google sind: Suchfunktion, Mail, Cloudspeicher und eine automatische Übersetzungsfunktion.

Nein. Apple, Google und Microsoft bieten den Leuten ihre Tools an. Aber was bleibt den unabhängigen Entwicklern? In der Vergangenheit waren wir der Meinung, dass wir als kleines Unternehmen nicht alles machen können und uns auf die Entwicklung von Diensten konzentrieren müssen. Wir waren uns sicher, dass wir immer Partner finden würden, die Bedarf an unseren Diensten haben, und wir auf diese Weise nicht unsere Vertriebskanäle verlieren. So war es auch bisher. Aber dann ereignete sich unlängst der Vorfall, dass Google das seine Karten von der Apple-Plattform abzog, und wir waren gezwungen, unsere Strategie anzupassen. Und das war gar nicht mal so einfach: Wenn man eine eigene Plattform samt aller dazu gehörenden Dienste anbietet, muss man gewährleisten, dass diese von Anfang an auf der ganzen Welt funktioniert, damit die gigantischen Entwicklungskosten wieder hereingeholt werden. Für den lokalen Markt wäre das mit viel zu hohen Kosten verbunden. Das ist auch der Grund, weshalb wir mit unseren Diensten auch gleich auf den Weltmarkt gehen.

Haben Sie vor, Ihre Interessen mithilfe der Antimonopolbehörden zu verteidigen?


Wir werden gute Anwendungen entwickeln. Wenn diese zur Verfügung stehen, werden die Plattform-Entwickler bei uns Schlange stehen, um diese bei sich zu integrieren. Die Anwendungen sind der Kernpunkt. Wir bieten gegenwärtig noch alle unsere Anwendungen für die wichtigsten Plattformen an. Wir gehen bisher immer noch davon aus, dass das Internet offen ist. Wenn die Situation sich nicht in unserem Sinne entwickeln sollte, werden wir möglicherweise auch unsere eigene mobile Plattform anbieten — dafür haben wir die Firma SPB Software.

Die Analysten werfen Yandex häufig vor, dass Ihr Geschäftsmodell nicht ausreichend diversifiziert sei und der Erlös ausschließlich von den Werbeeinnahmen abhänge. Haben Sie vor, sich in Richtung kostenpflichtiger Dienste zu bewegen, um diese Abhängigkeit zu verringern? Es existiert ja zum Beispiel bereits der kostenpflichtige mobile Dienst Yandex.Music. Wie wird es weitergehen?


Die Ökonomie des Internets beruht darauf, dass Hunderte Milliarden Dollar auf der Welt durch die Hardware erwirtschaftet werden. Ein paar Dutzend Milliarden Dollar werden mit der Werbung verdient und einige

Milliarden mit dem Verkauf der gesamten Inhalte – sowohl Musik, als auch Filme, Bücher und Software. Zusammengenommen beträgt der Gesamterlös aus dem Content nur einen Bruchteil des Werbemarktes. Die Umsätze von iTunes erscheinen im Vergleich zur Konkurrenz riesig, aber das Ganze dient wohl mehr zum Anheizen des Hardwarehandels, mit dem Apple Hunderte Milliarden umsetzt. Wenn gesagt wird, dass wir ein nicht ausreichend diversifiziertes Geschäftsmodell haben, vergisst man dabei, dass dieses auf Hunderttausenden von Kunden basiert. Das bedeutet, dass es intern durchaus ausreichend diversifiziert ist. Wir haben momentan lediglich einen kostenpflichtigen Dienst — unser Musikangebot für Handys. Und das auch nur deshalb, weil dies eine Forderung der Rechteinhaber war.

Es ist ja bekannt, dass Yandex an einer weltweiten Suchfunktion arbeitet und plant, so viele Internetseiten wie nur möglich zu indizieren und zwar nicht nur im russischen Runet, sondern auf der ganzen Welt. Wie steht es um dieses Projekt und wie groß ist Ihre Datenbasis bereits?


Wir haben bereits Dutzende Milliarden Dokumente indiziert. Und mittlerweile haben wir einen Index, der mit dem der führenden Suchmaschinen mithalten kann - wir befinden uns inzwischen in der Premier League der Suchmaschinen. Über einen solch mächtigen Index verfügen ansonsten nur noch Google und Bing.

Was haben Sie in Zukunft damit vor? Sie benötigen ja wohl kaum einen solch riesigen Index ausschließlich für den russischen Markt...


Auf jedem lokalen Markt, in den wir einsteigen, muss auch auf globale Suchanfragen reagiert werden. Der globale Suchindex, über den wir verfügen, funktioniert gegenwärtig sowohl in Russland, als auch in der Ukraine und in der Türkei.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Vedomosti.ru

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