Kampf gegen Korruption: Kein Auslandsvermögen für Beamte

Mit dem neuen Antikorruptiongesetz ist der Besitz von Immobilien und Konten im Ausland für die russische Beamten verboten. Foto: Getty Images/Fotobank.

Mit dem neuen Antikorruptiongesetz ist der Besitz von Immobilien und Konten im Ausland für die russische Beamten verboten. Foto: Getty Images/Fotobank.

Mit einem neuen Gesetz will Russland der Korruption den Kampf ansagen. Staatsdienern aller Ebenen soll der Besitz von Immobilien und Konten im Ausland verboten werden. Doch das Gesetz alleine bekämpft nicht die Ursachen der Korruption.

Nach dem Gesetzentwurf müssen alle Beamten ihre Einlagen bei ausländischen Banken abziehen sowie ihre Immobilien im Ausland verkaufen. Darunter fallen auch geerbte Immobilien und Schenkungen. Das Gesetz betrifft alle Angehörigen des Staatsapparats: die föderale Ebene, die Angehörigen des Polizei- und Sicherheitsapparats sowie die Angehörigen der Staatsduma und des Föderationsrates. Diskutiert wird außerdem, auch Top-Manager von Staatsunternehmen in die Liste aufzunehmen.

Großzügigere Regelungen sind lediglich in Ausnahmefällen vorgesehen. Wenn etwa Auslandsvermögen für die Erfüllung beruflicher Verpflichtungen erforderlich ist oder wenn ein Beamter medizinische Leistungen oder Bildungsdienstleistungen im Ausland benötigt, so darf er ein Auslandskonto eröffnen. Als Sanktionen im Falle eines Verstoßes gegen das Gesetz sind außer einer Entlassung aus dem Staatsdienst Geldstrafen von bis zu 10 Milliarden Rubel oder eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren vorgesehen.

Mehrheit der Russen steht hinter dem Vorhaben


Der Gesetzentwurf wurde von einer Gruppe ausgearbeitet und im Parlament eingebracht, der Mitglieder aller vier Fraktionen der Duma angehören. „Die von dem Gesetz verfolgte Absicht trifft auf breite Zustimmung in der Bevölkerung, daher ist es sehr wahrscheinlich, dass das Gesetz verabschiedet wird", meint Oleg Lebedew, Mitglied der KPRF-Fraktion.

Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts VZIOM sprechen sich 61% der Russen dafür aus, den Besitz ausländischer Konten und Immobilien radikal zu verbieten. Laut Jelena Schesopal, Leiterin des Instituts für politische Psychologie an der Lomonossow-Universität sei der typische Befürworter eines Verbots ein Einwohner einer kleineren Stadt mit einem Monatsgehalt von etwa 20 000 Rubel (ca. 500 EUR) ohne Hochschulbildung, Gegner seien meist Angehörige der besser gebildeten Wählerschichten – Moskauer im Alter zwischen 18 und 30 Jahren.

Offizielle Schätzungen des Gesamtwertes ausländischer Immobilien im Eigentum russischer Beamten gibt es nicht. Unabhängige Experten gehen

von sehr unterschiedlichen Größenordnungen aus. Die Beraterin der Internationalen Finanzholding FIBO Group Maria Zygulewa etwa schätzt diesen Wert auf einen Bereich von 350 bis 700 Millionen US-Dollar. Der Vorsitzende der gesellschaftlichen Vereinigung „Demokratische Wahl" Wladimir Milow wiederum würde hier höher ansetzen: Er gibt zu bedenken, dass das von dem Wirtschaftsmagazin Forbes veröffentlichte Ranking „Die Milliardäre der Welt" in der letzten Zeit zunehmend Personen listet, die im staatlichen Dienst stehen.

Das Übel an der Wurzel packen


Michail Deljagin, Leiter des Instituts für Probleme der Globalisierung, kann dem diskutierten Gesetz überhaupt nichts abgewinnen. Nach russischem Recht gelten als Familienangehörige eines Mannes nur dessen Ehefrau sowie minderjährige Kinder. Ein erwachsenes Kind oder Eltern eines Beamten dagegen zählen laut Gesetz schon nicht mehr zu seiner Familie, argumentiert Deljagin. Daher bestehen recht weitgehende Möglichkeiten, die drohenden Sanktionen zu umgehen. Und selbst wenn der Begriff der Familie gesetzlich weiter gefasst würde, stünden, entferntere Verwandte als willige Gehilfen bereit.

„Mit verschiedenen juristischen Kniffen lässt sich das Risiko einer Strafe ausschließen", erläutert Deljagin. Manche Offshore-Unternehmen haben sich sogar auf Wege und Tricks spezialisiert, geerbtes Vermögen vor den

Steuerbehörden zu verstecken. Michail Deljagin ist überzeugt, dass der Korruption nur dann mit Gesetzen beizukommen ist, wenn sie von einer anderen Seite bekämpft wird. „Ein großer Teil der Beamten bezieht seine Einkommen aus ganz offensichtlich korrupter Tätigkeit", so der Experte. Dem stimmt auch Maria Zygulewa zu. „Diese gesetzliche Beschränkung wird uns im Kampf gegen die Korruption nicht weiterbringen. Man muss an den Ursachen ansetzen, eine Korrektur der Folgen reicht hier nicht. Dieses gesetzliche Vorhaben ist eindeutig kein Weg zur Lösung unserer Probleme. Es dient nur dem populistischen Zweck, eine gesellschaftliche Proteststimmung aufzugreifen, macht aber den Schmiergeldnehmern das Leben nicht schwerer", erklärt Zygulewa gegenüber Russland HEUTE.

Der Gesetzentwurf wird derzeit im Fachausschuss für Verfassungsgesetzgebung und Staatsaufbau geprüft. In der zweiten Septemberhälfte erklärte einer seiner Verfasser, der Abgeordnete der Fraktion „Einiges Russland" Walerij Trapesnikow, den Beamten könne erlaubt werden, Immobilieneigentum im Ausland zu behalten, das sie vor dem Zerfall der UdSSR im Jahre 1991 geerbt oder erworben haben.

Auch wird das Verbot möglicherweise nicht für Immobilien gelten, die eine Person erworben hat, bevor sie in den Dienst des Staates trat, sofern sie zu diesem Zeitpunkt einen dauerhaften Wohnsitz in einem anderen Land hatte. Als Beispiel führt der Koautor des Gesetzentwurfes berühmte Sportler an. So hatten etwa der Hockeyspieler Wjatscheslaw Fetissow und der Boxer Nikolaj Walujew, als sie im Ausland lebten und arbeiteten, dort Wohnungen erworben.

Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland

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