Schriftsteller Dmitri Gluchowski ließt sein Buch im Moskauer Metro. Foto: RIA Novosti.
Es passt schon vom Namen her: Das Hollywoodstudio Metro-Goldwyn-Mayer hat nach langen Verhandlungen bereits im April die Rechte zur Verfilmung von „Metro 2033" erworben. Nach einem mehrmonatigen Auswahlverfahren habe nun die Arbeit am Drehbuch begonnen.
„Ich bin vorsichtig optimistisch", antwortet Gluchowski auf die Frage nach seinen Erwartungen. Der jetzt verpflichtete Drehbuchautor habe ihn und die Produzenten mit seinem Konzept für die Adaption überzeugt. Jetzt solle dieser erst einmal in Ruhe arbeiten können: „Kein Autor mag es, wenn ein anderer Autor ihm über die Schulter schaut, während alles erst entsteht."
Ob es schwer für ihn sei, sein Werk loszulassen? „Nein, denn das Buch ist ja schon da. Eine Verfilmung ist ja eine Interpretation des Buches, eine Übersetzung in ein völlig anderes Medium. Mein Buch hat über 700 Seiten, ein Drehbuch hat 110, und wenn Sie einmal in eines hineingeschaut haben, werden Sie wissen, dass formatbedingt auch noch viel von den Seiten weiß bleiben muss. Natürlich wird es Kürzungen und andere Schwerpunkte geben. Filme sind eine andere Kunstform und haben nun einmal eine andere Struktur."
Überleben in der Metro nach dem 3. Weltkrieg
Der 33-jährige Autor hatte bereits in seiner Schulzeit die Idee zu seinem Bestseller über eine Zeit nach einem 3. Weltkrieg, in der die überlebenden Moskowiter im riesigen Röhrensystem der Metro Zuflucht gesucht haben. Die seitdem verstrichene Zeit erlaubt es ihm, sich über sein bekanntestes Werk zu freuen, ohne unter einem übermäßigen Beschützerinstinkt zu leiden. „ Metro 2033 hat ein eigenes Leben entwickelt, es gibt Buchautoren, die Geschichten in meiner Welt ansiedeln. Es wird ein Online-Rollenspieluniversum (MMORPG) geben. Seit Jahren existieren die Videospiele als Reihe mit eigenen Schwerpunkten. Es ist ähnlich wie mit einem Kind, es geht irgendwann seinen eigenen Weg."
Und wenn der Film nicht so gut wird wie erhofft? Gluchowski schmunzelt: „Ich kann das aus einer entspannten Position beobachten. Das Schlimmste, das mir dabei zustoßen kann, ist, dass die Menschen sagen, dass das Buch doch so viel besser war!"
Der Zukunft wird Gluchowski weiter verbunden bleiben. Er verrät, dass ein neues Buch im Entstehen sei, das mit der Welt von "Metro" nichts zu
tun habe. „Ich arbeite an einer Geschichte, in der das Altern der Zellen überwunden ist. Die Menschheit hat die Unsterblichkeit erreicht und steht nun vor einem unglaublichen Übervölkerungsproblem. Alle Ressourcen sind knapp. Um der Menschheit das Überleben zu ermöglichen, gibt es nun ein Gesetz: Nur dann darfst du ein Kind auf die Welt bringen, wenn du selbst bereit bist, zu altern und zu sterben, bevor das Kind erwachsen ist." Das Dilemma der Charaktere sei die klare Entscheidung, vor der wir Menschen vielleicht schon in naher Zukunft stehen könnten. Weit hergeholt sei das nicht, betont Gluchowski, und erinnert an das beinahe unmerkliche Verschwinden des Themas männlicher Impotenz durch eine kleine blaue Pille.
Quantensprünge in der Menschheitsgeschichte
„In der Geschichte gibt es manchmal Quantensprünge, im Großen und im Kleinen. Plötzlich ist die Welt eine andere. Mich interessieren die Konsequenzen dieser Veränderungen. Wie werden wir sein, wie wird uns diese andere Welt als Menschen verändern? Das Altern ist das, was uns antreibt, Dinge nicht liegen zu lassen. Wir wollen etwas von uns hinterlassen, und deswegen bringen wir Kinder in die Welt. Deswegen sind wir kreativ.
Was geschieht mit uns, wenn dieser Antrieb fehlt? Bleiben wir sozusagen im Kindheitsstadium oder sind wir bereit, uns dem Erwachsenwerden zu stellen? Wie groß ist die Sehnsucht nach Kindern wirklich? Wird eine Gesellschaft ohne den Tod noch Zuspruch in Religion suchen? Was wird aus unserer Seele: reift sie trotzdem, oder braucht sie die Sterblichkeit, um zu wachsen?"
Sein neues Buch soll „vielleicht im Frühling" fertig werden. Den Prozess des Schreibens vergleicht er lachend mit schwerem Trinken. Wenn man einmal richtig drin sei, werde es zunehmend schwer, damit wieder aufzuhören. Bis zu diesem Zeitpunkt jedoch sei es jedes Mal mühsam. Das erste Kapitel habe er mehrfach weggeworfen und neu beginnen müssen, bis es sich richtig angefühlt habe. Er freue sich schon auf den Moment, ab dem ihn der Strom der Geschichte mit sich ziehen würde. Das, sagt er, sei der größte Hochgenuss beim Schreiben.
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