Derzeit hängt der russische Sport von staatlichen Subventionen ab. Auf dem Bild: der ehemalige Cheftrainer der russischen Nationalmannschaft Dick Advocaat. Foto: ITAR-TASS.
Institute für Sportmanagement gibt es an vielen Hochschulen Russlands. Doch ist es für die Absolventen fast unmöglich, anschließend eine Arbeit zu finden. Qualifizierte Führungskräfte werden in Sportorganisationen nicht gebraucht – zumindest nicht jene, die frisch von der Hochschule kommen.
Loyalität gegenüber den Chefs – den staatlichen Geldgebern
Grund für das Nichtvorhandensein professioneller Sportmanager sind die Sitten des russischen Sportgeschäfts. Diese sind meist Resultat der vielen im Sportbereich agierenden CEOs, die aus den „flotten Neunzigern" stammen. Um diesen Sitten zu entsprechen, müssen Manager in erster Linie loyal ihren Chefs gegenüber sein und erst in letzter Hinsicht etwas von ihrem Beruf verstehen.
„Derzeit ist der Sport in Russland ein Bereich, der von staatlichen Subventionen abhängt, da die Einnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten, Fernsehrechten, aus Sponsoring und Merchandising noch
sehr gering sind. Dies gilt sowohl für Sportklubs und -verbände als auch für Sportveranstaltungen", meint Irina Kolesnikowa, eine der Geschäftsführerinnen des Sportportals Sportmanagement.ru. „Deswegen ist es nur logisch, dass das Hauptaugenmerk der Manager auf der Zusammenarbeit mit ihren Geldgebern liegt –den führenden Politikern der Regionen, den Beamten und den Klubbesitzern. Die Fähigkeit, den Interessen der beteiligten Parteien nachzukommen, und die Zusammenarbeit mit Investoren stehen daher im Vordergrund, und nicht etwa der richtige Umgang mit Zuschauern, Fernsehsendern und Sponsoren – eben jenes Wissen, das im klassischen Sportmanagement vermittelt und an den Hochschulen gelehrt wird."
Es wäre jedoch ungerecht zu behaupten, dass alle Investoren undurchdacht Geld in Sportklubs pumpen, denn es gibt auch Ausnahmen. Eine ist Olga Romanenko, eine Werbemanagerin, die einer Einladung in den Eishockeyklub SKA St. Petersburg gefolgt ist. Ihr ist es in nur wenigen Jahren gelungen, die alten Prioritäten in der Marketingstrategie der Sportler durch neue zu ersetzen. Eine ähnliche Tendenz ist auch beim Moskauer Eishockeyklub „Spartak" zu erkennen. Doch das sind dann auch schon die wenigen Ausnahmen. Die Mehrheit aller Leiter von Sportvereinigungen betrachtet Sport immer noch nicht als Geschäft.
Internationale Sportmanager nicht anerkannt
„Als wir die Top-Manager des russischen Sports zu unserer jährlichen Konferenz PROsport einluden, meinten einige der Teilnehmer, dass sie fremde Erfahrungen nicht interessieren, dass bei uns Führungsstile aus dem Westen nicht funktionieren würden", erzählt Stanislaw Gridasow, Chefredakteur von „Independent Sport". „Wir haben bewusst internationale Sportmanager als Referenten zu unserer Konferenz eingeladen, wie den Direktor des Emirates Stadiums des FC Arsenal, einen CEO des NBA-Teams Washington Wizards sowie den Leiter der Direktion Kommunikation und Marketing des Fußballklubs Bayer Leverkusen. Doch bei uns werden diese Leute bei weitem nicht von jedem als Führungspersönlichkeiten angesehen."
Die westlichen Führungsstile sind in Russland nicht immer anwendbar. Jedoch wäre es unsinnig zu behaupten, die Sportwelt sei so homogen, dass sie unabhängig bis in die Ewigkeit existieren kann – ohne Fans, Journalisten und kompetente Manager. Denn nach einer weiteren Finanzkrise könnte die russische „Sportpyramide", die vom Staat finanziert wird und selbst nicht dazu fähig ist, Geld einzunehmen, einfach in sich zusammenbrechen.
Die Sportorganisationen klagen über das angeblich niedrige Niveau der Absolventen im Sportmanagement und engagieren ausländische Sportler um sofortige Ergebnisse zu erzielen. Die einzige Lösung: Im Wort „Sport-Business" müsste der Akzent stärker auf „Business" gelegt werden – dann würden Sportmanager in Russland eher aufhören, ins Leere zu wirtschaften.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Moskowskije Nowosti.
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