Halloween in Russland: „Karneval des Bösen“

Halloween in Russland ist nur unter Jugendlichen beliebt. Foto: Prokhor Kolosow.

Halloween in Russland ist nur unter Jugendlichen beliebt. Foto: Prokhor Kolosow.

In den USA erfreut sich Halloween nach wie vor großer Beliebtheit, und auch in Russland kommt das Fest in Mode. Für die russische Jugend ist es die lustigste Verkleidungsshow des Jahres, für die Orthodoxe Kirche ein Karneval des Bösen.

Laut Soziologen des „Lewada-Zentrums" weiß die russische Bevölkerung zwar, was Halloween ist, doch viele weigern sich, dieses Fest zu feiern. Die amerikanische Tradition ist ausschließlich unter Jugendlichen beliebt.

Darja, eine Studentin einer Moskauer Universität, ist eine jener Personen, in deren Leben Halloween bereits fest verankert ist. „Wir gehen jedes Jahr entweder zu einer Halloween-Party in eine Disko oder veranstalten zu Hause eine Themenparty. Die wichtigsten Bestandteile, die auf keinen Fall fehlen dürfen, sind neben Kostümen und Kürbissen Horrorfilme, Musik und Horrorgeschichten!"

Die in Russland lebenden Ausländer reagieren skeptisch auf das russische Halloween und beklagen die Oberflächlichkeit, mit der man dort der Tradition des Festtages „Allerheiligen" begegnet. „Hier interessieren sich nur die Jugendlichen für Halloween – das Fest ist hier nur auf Kostüm-Partys beschränkt", meint Ashley aus Kanada, die schon seit einigen Jahren in Moskau lebt.

Doch eben dieser Zugang zu Halloween kommt den Besitzern von Kostümgeschäften und Lokalen gerade recht. „Das ist die lustigste und farbenprächtigste Show des ganzen Jahres! Bei unserer Halloween-Party ist immer die Hölle los und wir haben eine unglaublich fröhliche Atmosphäre! Nur die Neujahrspartys machen Halloween Konkurrenz", erzählt Aleksandr, Geschäftsführer einer Moskauer Disko.

Der Ansturm auf Kostümgeschäfte wird zwar immer größer, dennoch wird der Großteil der Accessoires für Halloween erst in den letzten Oktobertagen gekauft. „Es gibt jedes Jahr Leute, die mit ihrem neuen Outfit vom Geschäft direkt in die Disko gehen", erzählt Tatjana, die Besitzerin eines Moskauer Kostümgeschäfts. Immerhin verkauft sie bereits seit sechs Jahren Kostüme für diesen Anlass.

Die Klassiker unter den Halloween-Outfits sind Zombies, schwarze Krankenschwestern, Hexen, Teufel, Vampire und Horrorfilmhelden. „Die Kreativen unter den Jugendlichen ziehen es aber vor, selbstgemachte Kostüme zu tragen. Sie kaufen sich dann nur den nötigen Aufputz wie Masken, Ohren, Perücken, Vampirzähne und andere Accessoires", erklärt Tatjana.

Kirche gegen Fest der geistigen Verrohung

 

Auch wenn dieses Fest harmlos erscheinen mag, sind die offiziellen Vertreter der Orthodoxen Kirche vehement gegen diesen Karneval des Bösen. „Hinter dieser Maskerade zu Halloween versteckt sich natürlich die Einsamkeit der Menschen in der modernen Welt, ihre geistige Verarmung, womöglich auch die Suche nach ihrem Platz in der Gesellschaft und sogar eine Art geistige Verrohung", erklärt der Leiter des Pressedienstes der Abteilung für außerkirchliche Beziehungen Priester Georgij Saverschinskij gegenüber „Interfax-Religion". „Die Kirche wird Halloween in keiner Weise als Feiertag anerkennen und wird auch keinem gläubigen Menschen die Möglichkeit einräumen, dieses Fest ernsthaft anzuerkennen und es in die eigenen Traditionen aufzunehmen. Die Kirche hält diesen Brauch für eine nicht zur russischen Kultur passende Erscheinung", hält Priester Georgij fest. Er fügt hinzu, dass die Tradition von Halloween, die aus dem Westen nach Russland kam, bis heute etwas Fremdes für die russische Gesellschaft ist, „wie auch für die orthodoxe und russische Kultur als Ganzes".

Die Russisch-Orthodoxe Kirche interessiert sich in diesem Zusammenhang nur wenig für die Erfahrungen und Positionen ihrer Kollegen aus der Katholischen und Evangelischen Kirche. „Sogar die offiziellen Vertreter des Vatikans äußern sich des Öfteren wenn nicht positiv dann zumindest neutral zu Halloween.

Doch bei der Orthodoxen Kirche löst das Feiern von Halloween scharfe Kritik aus", meint Iwar Maksutow, Leiter der Moskauer Gesellschaft der Religionswissenschaften, in einem Interview mit dem TV-Sender russia.ru. „Unsere Tradition zu Allerheiligen und unser Umgang mit Heiligen hat nie so eine Form des Karnevals angenommen. Karneval ist für die russische Kultur ohnehin eine sehr seltene und auch gewissermaßen unverständliche Erscheinung. Deswegen wird diesem Verkleiden ein schauspielerischer Charakter zugeschrieben, bei dem auf keinen tieferen, in einer Kultur verankerten Sinn angespielt wird. Die Orthodoxe Kirche hat stets eine konservative Position solchen Erscheinungen gegenüber eingenommen. Daher ist es verständlich, dass ihre Reaktionen negativ sind", erklärt Iwar Maksutow.

Sogar Verbot geplant

Interessant ist auch, dass einige Beamte in den russischen Regionen sich entschieden haben, noch einen Schritt weiter zu gehen und Halloween im Stillen sogar ganz verbieten wollten, zumindest in Schulen. „Die im Fest Halloween vorhandenen Elemente mit religiösem Inhalt (der Totenkult oder die Verhöhnung des Todes, die Personifizierung des Todes und böser Geister usw.) widerspricht dem weltlichen Charakter der Bildung in Schulen und wirkt sich negativ auf die psychische und geistig-sittliche Gesundheit der Schüler aus", verlautbarte das Bildungsministerium in Karelien in einem Brief, der im Internet auftauchte und an die Leiter der örtlichen Bildungs-Behörden adressiert war.

Glück für alle Liebhaber von Kostüm-Partys: Die Initiative des Ministeriums hat sich nicht einmal innerhalb Kareliens durchgesetzt. Die Gründe dafür könnten möglicherweise darin liegen, dass nicht alle russischen Jugendlichen den Traditionen des Karnevals anhängen. Schließlich verkleidet sich bei weitem nicht jeder als Gestalt des Bösen. Und Ende Oktober schlüpfen viele gerne in historische Kostüme, weiß Wladimir, Besitzer eines großen Online-Shops für Karnevalkostüme. „Wikinger-Kostüme, indische Prinzessinnen, Bollywood-Stars, Pharaonen und Cleopatras, Geishas, Inderinnen, Cowboys und griechische Krieger – das sind die angesagtesten Kostüme bei unseren Kunden", erzählt Wladimir.

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