Geografisch abgelegen, aber immer im Mittelpunkt der Interessen von russischer Wirtschaftselite: Norilsk Nickel. Foto: PhotoXPress.
Seit etwa zwei Wochen reden die Holdings der beiden zerstrittenen Großindustriellen wieder miteinander, um eine Lösung im Dauerstreit um Dividenden, Aktienrückkäufe und die Unternehmenspolitik des Metallurgie-Konzerns zu finden, berichtet die Zeitung "Kommersant".
Der Konflikt, der in den letzten Monaten und Jahren immer mehr mit harten Bandagen vor internationalen Gerichten - von der Schweiz bis auf jene Karibik-Inseln, die für Plantagen aus Briefkastenfirmen bekannt sind – ausgetragen wurde, könnte damit einer Beilegung näher kommen.
Medwedjew und Putin schalten sich ein
Nicht ganz unbeteiligt ist wohl Premierminister Dmitri Medwedjew, der am 8. Oktober erst Deripaska und tags darauf auch Potanin empfing. Der in Finanznot steckende Oleg Deripaska habe sich dabei über seinen Kontrahenten beklagt, der angeblich keine Lösungsvorschläge oder Angebote zur Übernahme seines Aktienpaketes mache. Wladimir Potanin habe dies als Bereitschaft Deripaskas interpretiert, sich möglicherweise bei Norilsk Nickel (Nornikel) zurückzuziehen, so die Zeitung.
Auch eine geharnischte Kritik von Präsident Wladimir Putin an Nornikel dürfte die Kontrahenten gesprächsbereit gemacht haben: Er kritisierte am 23. Oktober den Konzern: Dieser beschäftige sich seit Jahren mit Buy-Back-Schemen und zahle „nur 2,5 Mrd. Dollar Steuern" im Jahr – „es reicht, das muss sich die Staatsanwaltschaft mal ansehen".
Nornikel konterte allerdings umgehend, das Unternehmen habe 2011 fast 100 Mrd. Rubel (ca. 3,3 Mrd. Dollar) Steuern bezahlt, was nicht ehrenrührigen 23 Prozent des Gewinns entspreche.
Ausgangslage im Streit unverändert
Gegenwärtig gehören Potanin 28 Prozent und Deripaska 25 Prozent der Aktien des Industriegiganten, dessen Hauptwerk in der abgelegenen nordsibirischen Stadt Norilsk steht. Ein wesentlicher Teil der Aktien wird aber vom Management des Konzern selbst verwaltet, das in dem Konflikt auf Potanins Seite steht.
Die nun zur Verhandlung stehenden Hauptstreitpunkte haben sich seit dem Abbruch der Gespräche im Sommer nicht verändert, so Insider
gegenüber dem "Kommersant": Deripaska besteht auf höheren Dividenden und einem Eingeständnis der Potanin-Truppe, man habe widerrechtlich Aktiva aus dem Konzern herausgelöst. Desweiteren ist ihm der Chefmanager Wladimir Strschalkowski ein Dorn im Auge. Potanin erhebt – wie sein Kontrahent auch – finanzielle Forderungen und möchte den Investitionen scheuenden Deripaska am liebsten einfach ganz aus dem Konzern heraus haben. Sollte dieses Maximalziel nicht zu erreichen sein, möchte man ihm zumindest den Einfluss auf Nornikel abhandeln – etwa in Form einer treuhänderischen Übernahme seiner Aktien unter konkreten Absprachen zur Gewinnabführung.
Steigt Magnat Usmanow als Mittler ein?
Dem Bericht zufolge hat Rusal zudem den Vorschlag in den Ring geworfen, als Schiedsrichter eine dritte Kraft in das Unternehmen hereinzuholen, die von einer neutralen Position aus auch das Management übernehmen könnte. Dabei soll es sich um Alischer Usmanow handeln, den schwerreichen Chef der Holding „Metalloinvest".
Zwar hat sich Usmanow schon vor anderthalb Jahren im Nornikel-Konflikt offen auf die Seite Deripaskas geschlagen und wäre deshalb wohl kaum ganz neutral. Aber er könnte für den Konzern interessantes Familiensilber mit in die Dreier-Beziehung einbringen: So hat er die Lizenz für die Kupfervorkommen von Udokan im BAM-Gebiet in der Tasche.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Russland Aktuell.
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