Seltene Erden für Russland immer wertvoller

Die Metalle der Seltenen Erden sind heute immer wichtiger: Innovationen in der Elektronik, in der Elektromobilität oder bei alternativen Energien kommen nicht ohne sie aus. Foto: ITAR-TASS.

Die Metalle der Seltenen Erden sind heute immer wichtiger: Innovationen in der Elektronik, in der Elektromobilität oder bei alternativen Energien kommen nicht ohne sie aus. Foto: ITAR-TASS.

Russland will die einheimischen Bestände an Seltenen Erden besser nutzen, um bei technologischen Innovationen nicht abgehängt zu werden.

Russland will im Markt für Seltene Erden Fuß fassen, der heute von China dominiert wird. Bis Februar 2013 soll dazu ein Förderungs- und Produktionsprogramm für Metalle der Seltenen Erden vorliegen.

Seltene Erden sind weder "Erde" noch "selten". Sondern sie stellen eine Gruppe aus 17 Metallen dar. Zu ihnen gehören Scandium, Yttrium, Lanthan und die Gruppe der Lanthanide. Auch "selten" sind die Metalle in der Erdkruste nicht. Sie kommen häufiger vor als Blei, Molybdän oder Platin. Aber ihre Gewinnung - ihre Trennung bei nahezu ähnlichen chemischen Eigenschaften - ist sehr aufwändig und teuer.

Ihnen gemeinsam ist auch eine physikalische Eigenschaft: Sie können nämlich in metallischen Festkörpern ebensolche diskreten Elektronenübergänge erzeugen wie sonst nur in Halbleitern. Das macht sie für viele Hochtechnologien interessant. Seltene Erden werden auf den verschiedensten Gebieten genutzt. Ohne sie sind Leuchtstofflampen, Röhren-, Plasma- und LCD-Bildschirme, Dauermagnete, Elektronikbauteile, Akkumulatoren oder Kontrastmittel für die Magnetresonanztomographie nicht denkbar.

Der Weltmarkt für Seltene Erden


Der Weltmarkt für die begehrten Rohstoffe wird auf ein Jahresvolumen von 15 Milliarden Dollar geschätzt. Gegenwärtig ist China der größte Produzent und Exporteur von Metallen der Seltenen Erden, denn es deckt ungefähr 95% des Weltbedarfs. Das Reich der Mitte besitzt auch ein Drittel der Weltvorräte. Weitere kleinere Produzenten sind Indien, Brasilien und Malaysia.

Russland verfügt wahrscheinlich über 20% der Weltreserven an Seltenen Erden. Doch das Land zieht aus diesen Ressourcen kaum Nutzen:

Sowohl bei Förderung und Trennung als auch bei der Weiterverarbeitung gibt es in Russland große Probleme. Die Gewinnung des Rohmaterials macht nur 2% der Weltförderung aus. Nur ein einziges russisches Unternehmen ist hier tätig - das Solikamsker Magnesiumwerk. Und die Herstellung handelsfähiger Produkte macht in Russland sogar noch weniger als 1% der Weltproduktion aus. Das soll sich jetzt grundsätzlich ändern: Bis 2020 soll Russland 10% der Weltproduktion erreichen. Das sieht ein entsprechender Regierungsauftrag vor.

„Die reinen Metalle werden in Russland de facto nicht hergestellt. Bei uns fördert man den Rohstoff, der dann im Ausland – in Estland, Kasachstan oder Kirgisien – verarbeitet wird. Zu Sowjetzeiten gab es noch einen ganzen Verbund von Fabriken für die Aufbereitung der auf sowjetischem Territorium geförderten Seltenen Erden. Doch mit dem Zusammenbruch der Union zerfiel auch die Produktionsbasis für diese wichtigen Metalle", erklärt der Senior Analyst Dinnur Galichanow von der Investmentbank Aton.

Das Moskauer Werk für Polymetalle und das Pyschminsker Hüttenwerk hätten keine zuverlässigen Rohstofflieferanten mehr besessen und ihre Produktion eingestellt. Das Solikamsker Magnesiumwerk sei nunmehr das einzige Unternehmen, das Rohmaterial (Seltene-Erden-Karbonat) aufbereitet. Die Förderung fände im Lowosersker Erzvorkommen im Gebiet Murmansk statt, die Weiterverarbeitung gar in Estland und weiteren Ländern.

Doch es gibt in Russland einige Unternehmen, bei denen Seltene Erden als Nebenprodukt anfallen. „Zum Beispiel verfügt die Firma Apatit über große Förderstätten im Gebiet Murmansk. Aber Apatit stellt Düngemittel her, und die wertvollen Metalloxide werden nicht genutzt, sondern bleiben auf Halde liegen. Auch Akron, das ebenfalls Düngemittel produziert, nutzt Fundstätten mit erheblichen Vorkommen dieser Metalle. Aber keiner weiß, wie und was damit anzufangen ist", fährt der Experte fort.

Im Jahr 2011 verkündete zwar die russische Uran-Holding Atomredmetsoloto (ARMS), sie sei an der Gewinnung solcher Metalle in Russland, insbesondere am Solikamsker Magnesiumwerk, interessiert. Doch seitdem hat man von ARMS nichts mehr gehört.

Seltene Erden - das Öl der zukünftigen Hightech-Industrie


Indessen werden die Metalle der Seltenen Erden immer wichtiger: Innovationen in der Elektronik, der Photonik, in der Verteidigungs- und der Nuklearindustrie, in der Elektromobilität oder bei alternativen Energien (Photovoltaik, Windkraft) kommen nicht ohne sie aus. „Wenn sich Russland weiter modernisieren will, dürfte es ohne den Zugang zu solchen Metallen sehr schwierig und teuer werden. Denn man müsste die Metalle zu horrenden Preisen auf dem Weltmarkt erwerben - falls es sie überhaupt in ausreichender Menge gibt", meint Galichanow.

Denn China hat seine Exporte Seltener Erden bereits seit 2003 allmählich verringert, sehr zum Missfallen der übrigen Welt. Nach einer Senkung der

Ausfuhren um 30% im Jahr 2010 sind die Preise wiederum um 20 bis 30% gestiegen. China begründete die Drosselung der Exporte damit, dass die Metallbestände bei einem derartigen Produktionstempo nur noch für 15 bis 20 Jahre reichen würden und Maßnahmen des Umweltschutzes ergriffen werden müssten. Daraufhin warfen die USA und die Europäische Union Beijing vor, es verletze die Regeln der Welthandelsorganisation WTO.

Die Vereinigten Staaten produzierten früher ebenfalls Seltene Erden, doch in den 1990er Jahren stellten sie sie ein, wofür sie unter anderem ökologische Gründe nannten. „Aber inzwischen sind die USA und Europa – und nun auch Russland – darauf bedacht, selbst Metalle der Seltenen Erden herzustellen. Jetzt muss der russische Staat die Rahmenbedingungen für Unternehmen schaffen, damit sie bereit sind, in diesen Sektor zu investieren", bemerkt Galichanow.

„Für die Gewährleistung der nationalen Souveränität Russlands müssen mehr Seltene Erden innerhalb des Landes hergestellt werden, statt sich auf den Import zu verlassen. Der Staat ist offensichtlich bereit, hier zu investieren und auch privates Engagement in dieser Branche zu unterstützen", bekräftigt auch Dmitri Baranow, Manager der Investment-Holding Finam Management. Außerdem habe die Produktion ein gewaltiges Exportpotenzial.

„Selbst wenn Russland, Amerika, Europa und Afrika gleichzeitig entsprechende Maßnahmen ergreifen, wird die Nachfrage in nächster Zukunft nicht gedeckt werden können. Die Nachfrage nach Seltenen Erden wächst allein deshalb, weil die Welt von immer mehr Hightech abhängig wird. Und die Preise werden unverändert hoch bleiben. Wenn man intelligent genug ist, kann man ein äußerst einträgliches Geschäft aufbauen", versichert Galichanow.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Wsgljad. 

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