Clowns und Krokodile
Vorstellung im Moskauer Bolschoi Zirkus. Foto: ITAR-TASS.
Moskau ist nicht gerade als kinderfreundliche Stadt bekannt. Der erste Tag mit einem Kinderwagen kann beispielsweise eine verwirrende Erfahrung sein: Wie soll man die zehnspurige Straße überqueren, um das Katzentheater auf der anderen Seite zu erreichen? Doch im Laufe der Zeit lässt Moskau auch seine guten Seiten erkennen. Besucher und ihre Kinder lassen sich vom märchenhaften Charakter der Stadt faszinieren und genießen das Schlittschuhlaufen unter freiem Himmel auf dem Roten Platz oder die Matineen im Bolschoi-Theater.
Clowns und Krokodile
Es ist der russische Zirkus, der die meisten Besucher schwärmen lässt. Der älteste Zirkus Moskaus befindet sich auf dem Tswetnoi Boulevard,
Juri Nikulin war eindeutig der beste Zirkusclown Moskaus, doch er war noch weit mehr als das. Für Russen war er Buster Keaton, Mickey Rooney und Jim Carrey in einer Person.
Seine Karriere dauerte die gesamte zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1944 fanden seine ersten Auftritte statt, während er noch aktiv am Zweiten Weltkrieg teilnahm.
Später spielte Nikulin in Dutzenden Filmen und führte zugleich den berühmtesten Zirkus der Stadt. Die Filme von Regisseur Leonid Gaidai, in denen Nikulin mitspielte, gehören zu den wichtigsten der russischen Filmgeschichte.
vom Kreml aus nur zwanzig Minuten Fußweg nach Norden. Albert Salomonsky gründete ihn 1880 und rahmte seinen allerersten Rubel Gewinn ein, um ihn als Glücksbringer an die Wand des Kassenhäuschens zu hängen. Sein Motto lautete: „Wenn die Clowns gut sind, sind auch die Kartenverkäufe gut." Der Zirkus blieb auch während des Zweiten Weltkriegs geöffnet. Der berühmte Clown Juri Nikulin stieß direkt nach dem Krieg zur Zirkus‑Truppe und arbeitete fünfzig Jahre lang in diesem Zirkus. Seit Juris Tod im Jahr 1997 schmeißt sein Sohn Maxim den Laden, der nun als „Nikulin-Zirkus" bekannt ist. Eine Statue, die Juri Nikulin beim Einsteigen in sein Auto zeigt, befindet sich draußen auf dem Bürgersteig, und mehrere Bronzeclowns fahren rund um einen Brunnen auf dem belaubten Boulevard Einrad. Die Show verspricht Bären, Affen, tanzende Pudel und die Luftakrobaten „Weiße Vögel". Zum Programm gehören Schlangen und Krokodile, Tänzer auf dem Rücken von Pferden und Akrobaten sowie natürlich Clowns.
Auch der neuere Bolschoi-Zirkus in der Nähe der Moskauer Lomonossow-Universität zieht nach wie vor mit seiner Mischung aus Tiernummern und menschlichen Talenten große Besuchermassen an.
Das Bauwerk aus dem Jahr 1971 ist der größte Dauerzirkus der Welt, hoch genug für fliegende Trapeze und breit genug für Elefantenparaden. Unter der 36 Meter hohen Zirkuskuppel befinden sich unterirdische Stockwerke, die noch einmal halb so tief in die Erde hinabreichen und sechs austauschbare Arenen beherbergen, die für Reitdarbietungen, optische Illusionen, Schlittschuhlauf, elektronisches Lichtspektakel und sogar für Wassershows mit Meerestieren oder Wasserballett geeignet sind.
Tiertheater und berühmte Puppen
Tiertheater und berühmte Puppen
Vorstellung im Moskauer Katzentheater. Foto: RIA Novosti.
Moskau hat mehrere international gefeierte und äußerst ungewöhnliche Tiertheater zu bieten – wie zum Beispiel das Katzentheater, bei dem alle Darsteller Katzen sind. Oder das Durow Tier-Theater mit seiner „Mäusebahn", das der Tiertrainer Wladimir Durow vor hundert Jahren gegründet hat. Kinder aller Altersgruppen sind von der Mäuseparade auf der Miniatur-Eisenbahn fasziniert.
Die Puppenshows im Obratsow-Theater sind berühmt für ihre raffinierten Kostüme, und die alljährlichen „Nussknacker"-Darbietungen des Bolschoi-Balletts zu Weihnachten sind immer ausgebucht. „Rotkäppchens Abenteuer", die lebendige Märchenmischung des Majakowskij Theaters, wird auf Russisch gespielt, doch wenn Rotkäppchen mit ihren Rollschuhen und mit Handy auf die Bühne kommt, ist schon klar, dass dieses Märchen lustig werden wird.
Durch die bekannten Geschichten kann man dem Geschehen folgen, doch es werden auch weniger bekannte Figuren wie die Hexe Baba Jaga mit ihrem Haus auf Hühnerbeinen eingeführt. Ältere Kinder werden vermutlich mit der verrückten Version von „Jesus Christ Superstar" am Mossowjet Theater ihren Spaß haben.
Filzstiefel und abgetrennte Gliedmaße
Filzstiefel und abgetrennte Gliedmaße
Im Walenki-Museum in Moskau dreht sich alles um die traditionellen russischen Filzstiefel. Foto: PhotoXpress.
Kinder mit einer besonderen Leidenschaft, beispielsweise für Dinosaurier oder das Weltall, finden in Moskau Weltklasse-Museen. Im Zentralmuseum der Streitkräfte können Kinder im Garten auf Panzern und Raketenwerfern klettern. Einige der beeindruckendsten Exponate in Moskaus bedeutendsten Museen – wie die ägyptische Galerie im Puschkin-Kunstmuseum oder die Rüstkammer des Kremls – sind ebenfalls für Kinder interessant.
Doch manchmal ist auch ein kleines, feines Museum gefragt wie das Walenki-Museum, das in der Nähe des Bahnhofs Paweletskaja die traditionellen russischen Filzstiefel ausstellt. Es besteht lediglich aus einem einzigen Raum, doch kann man dort die riesigen Wollmassen bewundern, die zu haltbarem Schuhwerk verarbeitet werden. Der Führer spricht Englisch, und anschließend kann man im Fabrikladen nebenan einkaufen gehen.
Das Wiktor Wasnetsow-Haus ist ein außergewöhnliches Häuschen inmitten von turmhohen Blocks. Es bietet Kachelöfen, Mobiliar mit raffinierten Schnitzarbeiten und eine Galerie voller riesiger Märchengemälde auf Leinwand. Auf ihnen hat Wasnetsow die Mythen und Folklore des mittelalterlichen Russlands verarbeitet.
Andere Kinder mögen lieber das futuristische Majakowski-Museum, in dem Collagen zerbrochener, geschmolzener oder verkleinerter und vergrößerter Gegenstände eine revolutionäre Ausstellung bilden. Auch umgestaltete Fabriken bieten einiges: Die rund zwanzig Galerien der Winsawod (Weinfabrik) mit ihren bunten Graffitis oder das Burganow-Skulpturenmuseum mit offenen Galeriegängen und einem Hof voller riesiger, körperloser Gliedmaße gehören zu den beliebtesten Adressen.
Ein wahrer Park der Kultur – der neue Gorki-Park
Ein wahrer Park der Kultur – der neue Gorki-Park
Der renovierte Gorki-Park ist ideal für Kinder. Foto: Pressebild.
Vor etwas mehr als einem Jahr kaufte der Oligarch Roman Abramowitsch die baufälligen Jahrmärkte des Moskauer Gorki-Parks auf und
verwandelte sie in eine utopische Landschaft aus Sitzsäcken und Saftbars, Liegestühlen, Outdoor-Kunst und Yoga-Unterricht. Der gesamte Park kostet nun keinen Eintritt mehr und ist mit WLAN ausgestattet. Früher war der Park voller ausrangierter Raumschiffe und klappriger Achterbahnen. Doch im vergangenen Sommer wurde er zu einem wirklich hervorragenden Ort der Entspannung am Flussufer. Zu den neusten Erweiterungen gehören ein Mini-Zoo, ein Sommerkino und ein Café mit Swimmingpool. Im Winter werden die Wege geflutet, so dass einige Kilometer Eiswege zum Schlittschuhlaufen entstehen.
Das Allrussische Ausstellungszentrum, WWZ genannt, war in den 1930er Jahren eine Landwirtschaftsausstellung voller goldener Brunnen und geschmückter Pavillons. Das erhaltene architektonische Wunderland hat seinen eigenen Zirkus, Rummelplätze und im Winter eine Eislaufbahn. Hier sind auch das Kosmonauten- und das Eiszeit-Museum untergebracht, die Einschienenbahn, ein Schmetterlingshaus und Kioske mit Lavalampen und ähnlichen Dingen.
Eine weitere herrliche Attraktion für einen Nachmittagsausflug ist der Ismailowo Souvenir-Markt: ein Fantasie-Palast in einem verrückten Labyrinth aus Verkaufsständen, Imbissbuden, ein Holz-Café, DVD-Raubkopien der aktuellsten Hollywood-Filme und Matrjoschka-Puppen aller Art. Wer mit der U-Bahn eine Station weiter fährt, hat einen direkten Zugang zu einem vielen Hektar großen Waldgebiet: Das ist der Ismailowski-Park, ehemalige Jagdgründe des Zaren, die heute einen riesigen Wald aus Seen und Spielplätzen bilden.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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