Die historische Bindung der russichen Community in den USA an die Republikanische Partei ist nicht mehr gegeben. Im Jahr 2012 haben viele russische Amerikaner ihre Stimmen für Obama abgegeben. Foto: AP.
Nina Sarezkaja ist eine 33-jährige Spezialistin, die für ein Finanzunternehmen in New York arbeitet. „Meiner Meinung nach neigt die jüngere Generation der russischen Amerikaner dazu, liberal zu wählen, während die ältere Generation eher konservativ ist", sagt sie.
Sarezkaja glaubt, dass russische Amerikaner jedoch politisch nicht sehr aktiv sind, weil sie immer noch gegenüber „kommunalem Engagement zutiefst misstrauisch sind – und politische Tätigkeit und Wahlkampagnen basieren nun einmal auf kommunaler gesellschaftlicher Arbeit".
Nach den amerikanischen Wahlen ist die historische Bindung der Community an die Republikanische Partei nicht mehr gegeben. Der russisch-amerikanische Konservatismus basiert auf dem Kalten Krieg, als die Politik der Republikaner als viel kompromissloser gegenüber der Sowjetunion galt als die der Demokraten.
„Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus änderte sich diese Situation allmählich und die russische Diaspora stimmt jetzt mehr oder weniger genauso ab wie der Rest des amerikanischen Volkes", sagt Edward Losanskij, Präsident und Gründer der Amerikanischen Universität in Moskau. „Die Erfolgreichsten und Wohlhabendsten stimmen für die Republikaner, während diejenigen mit kleinerem Einkommen und ältere Menschen die Demokraten wählen, weil sie von diesen eher mit der finanziellen Unterstützung sozialer Programme rechnen."
Losanskij, der 1976 in die Vereinigten Staaten auswanderte, beschreibt sich als einen konservativen Republikaner. In einem Interview mit Russland HEUTE erklärt er jedoch, dass er auf keinen Fall für den republikanischen Kandidaten Mitt Romney stimmen wird, nachdem dieser Russland als „geopolitischen Feind Nummer Eins der USA" bezeichnet hat.
Verhältnis zwischen Russland und den USA getrübt
Romney ist in den vergangenen Wochen in seinen Äußerungen zur Außenpolitik etwas gemäßigter geworden. Die New York Times berichtete letzte Woche, dass der Sohn von Romney, der kürzlich geschäftlich in Moskau war, an den Kreml durch einen Vermittler die Nachricht übermittelte, dass ein Präsident Mitt Romney „gute Beziehungen" zu Russland haben wollen würde.
Selbst wenn Obama gewänne, sagt Losanskij, würde er keine zu großen Erwartungen an die Beziehungen der Vereinigten Staaten zu Russland setzen. „Leider erwarte ich keinen großen positiven Durchbruch, weder mit Romney, noch mit Obama. Aber mit Romney gäbe es die ernste Gefahr, dass wir zumindest rhetorisch zu einer Art Kalten Krieg zurückkehrten, während mit Obama die Beziehungen sich wahrscheinlich zivilisierter gestalten werden."
Obwohl es kaum Untersuchungen zum Stimmverhalten der russischen Amerikaner für 2012 gibt, sagten mehrere Beobachter der Community, dass die jüngere Generation mittlerweile beginnt, die Vorherrschaft der Republikanischen Partei über die russisch-amerikanischen Stimmen zu brechen und ein bedeutender Prozentsatz von ihnen Präsident Obama wählen werden würde.
„Die jüngere Generation denkt anders", sagt Ilja Galak, 49, Redakteur des Citizens Magazine auf Staten Island, New York. „Sie besuchen amerikanische Schulen und Universitäten". „Ihre Eltern", sagt er, „sind überzeugte Konservative, die sich einerseits an das Leben in der Sowjetunion erinnern und andererseits hier viel erreicht haben. Deshalb können sie diese zwei Lebensstile vergleichen und haben sich für den Konservatismus entschieden."
Jelena Solowjowa aus Washington D.C. ist eine typische Wählerin der
ersten Generation. „Wir haben an der eigenen Haut erfahren, dass Sozialismus und Kollektivismus einfach nicht funktionieren und die kommunistischen Ideale, wie beeindruckend sie auf den ersten Blick auch erscheinen mögen, zu Armut, Zerfall, Bevormundung durch die Regierung und Unterdrückung führen", sagt sie. „Der Begriff 'konservativ' ist nicht das Erste, was mir bei meiner Entscheidung für die Republikaner bei den jetzigen oder früheren Wahlen einfällt , sondern es sind 'Individualismus,' 'freie Meinung' und 'freies Unternehmertum', die von der Agenda der Konservativen unterstützt werden."
Bella Proskurowa hingegen, eine 42-jährige Krankenhaus-Psychologin aus New York, erklärt, dass sie Obama unterstütze. „Für mich ist es klar, dass die Demokraten die Interessen der jungen Amerikaner vertreten, einschließlich der russischen Emigranten ", erläutert sie ihren Standpunkt.
Anatolij Rywkin, 45, Herausgeber und Chefredakteur der Brighton Beach News, sagt, dass Neuankömmlinge von der Republikanischen Partei weniger begeistert seien, manche Emigranten kämen sogar mit dem strahlenden Image, das Präsident Obama im Ausland hat, ins Land eingereist. Die Community in den Vereinigten Staaten hat sich verändert, erklärt er, die russischsprachigen Moslems aus den ehemaligen sowjetischen Republiken Zentralasiens und junge Fachleuten trügen zu einer heterogeneren Struktur bei. „So etwas wie einen einheitlichen russisch-amerikanischen Wählerkreis gibt es nicht", sagt er.
Geringer politischer Einfluss
Tatsächlich wurde dieser Mangel an Bindung von einigen als ein Grund für den bemerkenswerten Mangel russischer Amerikaner in den politischen Strukturen erkannt. Eine Ausnahme stellten lediglich Leute wie David Storobin und Alec Brook-Krasny in der Volksvertretung des Staates New York dar. Es gibt gemäß der Volkszählung im Jahre 2008 mehr als drei Millionen Menschen in der russischsprachigen Community, aber ihr politischer Einfluss scheint nur gering zu sein.
„Ich denke, die Ursache liegt in den kulturellen, religiösen und ideologischen Unterschieden, welche die fünf Wellen der russischen Auswanderer trennen", sagt Losanskij. „Die russische Diaspora ist in sich nicht geeint und stellt deshalb keine starke vereinigte politische Stimme dar, außer vielleicht die russische jüdische Community, die ihre Unterstützung für Israel eint."
Jedoch sagt Jelena Staroselskaja, Unternehmerin aus Washington D.C. und Betreiberin der Website www.RussianDC.com, dass „russische Amerikaner unterschiedliche Meinungen haben, aber sie sind sich einig, was die Verbesserung der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Russland betrifft".
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