Daimler-Geschäftsführer Dieter Zetsche: "Wir hoffen, dass unsere Partnerschaft mit KAMAZ auch dazu führen wird, die russische Industrie weiterzuentwickeln". Foto: Getty Images/Fotobank
2011 beging Daimler sein 125jähriges Firmenjubiläum. Es war, was den Automobilabsatz, den Umsatz und den Reingewinn betrifft, ein Rekordjahr für die Unternehmensgruppe, aber die Analysten waren trotzdem unzufrieden. Der Geschäftsführer von Daimler und Mercedes-Benz Dieter Zetsche wird für so einiges kritisiert: für die Schließung der Marke Maybach, für das Zurückfallen hinter die Konkurrenten in China und für die Fusion von Daimler und Mercedes-Benz.
Aber Zetsche führt seine Linie eisern fort: Er regte die Verbreiterung der Modelllinie an, wobei er sich auf die Entwicklung neuer Kompaktmodelle konzentriert, er führt Verhandlungen über eine Vertiefung der Zusammenarbeit mit der Allianz Renault-Nissan, er nahm die Fertigung von Elektromobilen auf und beabsichtigt nicht, als Geschäftsführer von Mercedes-Benz zurückzutreten. Zetsches Vertrag läuft 2013 aus, doch laut einer Meldung von Reuters planen die Aktionäre, diesen bis 2016 zu verlängern.
Seinen Anteil am russischen Hersteller KAMAZ konnte Daimler bisher nicht vergrößern, doch möglicherweise nimmt Mercedes-Benz in Russland die Montage von PKW auf, wobei die Vertiefung der Zusammenarbeit mit der Allianz Renault-Nissan, die bereits über Fertigungskapazitäten in Russland verfügt, helfen könnte.
2011 war bezüglich des Automobilabsatzes, des Umsatzes und des Reingewinns für Daimler ein Rekordjahr. Dennoch hat Mercedes-Benz weltweit weniger Fahrzeuge als BMW und Audi verkauft ...
Dieter Zetsche: Weltweit, aber nicht in Russland. In Russland können wir auf eine sehr gute Entwicklung verweisen – wir sind dort Marktführer und stellen jeden Monat einen Verkaufsrekord auf.
Und was halten Sie vom russischen Markt?
In den vergangenen Jahren hat der russische Markt ein recht gutes Wachstum zu verzeichnen gehabt, obwohl er auch weiterhin vom Preis
rohstoffintensiver Waren abhängt. Russland hat sich zu einem sehr interessanten Markt entwickelt, besonders für Güter der Luxusklasse. Für Mercedes-Benz eröffnet das natürlich hervorragende Möglichkeiten. Wir nutzen diese Möglichkeiten und werden sie auch in Zukunft nutzen. Aber für uns ist das nicht einfach nur ein Markt, auf dem wir Geld verdienen können — wir hoffen, dass unsere Partnerschaft mit KAMAZ auch dazu führen wird, die russische Industrie weiterzuentwickeln. Ich denke, dass diese Zusammenarbeit sowohl für Russland als auch für Daimler von Vorteil ist.
Daimler hatte vor, seinen Anteil an KAMAZ zu erhöhen, aber nun beabsichtigt Rostechnologija seinen Anteil an KAMAZ in ein Joint Venture mit dem belarussischen Minsker Automobilwerk einzubringen. Was halten Sie von der Gründung eines solchen Joint Ventures und durchkreuzt dieser Deal etwa nicht Ihre Pläne, Ihren Anteil an KAMAZ zu erhöhen?
Die ursprüngliche Idee bestand darin, dass wir unseren Anteil an KAMAZ sukzessive erhöhen. Aber dann kam die Finanzkrise. Nichtsdestotrotz
konnten wir bei dieser Zusammenarbeit in all diesen Jahren gegenseitiges Vertrauen aufbauen. Wir haben vor, uns weiter in diese Richtung zu bewegen. Ich denke, dass es die gemeinsame Absicht ist unseren Anteil an KAMAZ zu vergrößern. Wir können die Logik der Investition in das Minsker Automobilwerk in gewisser Hinsicht nachvollziehen – wir wissen aus eigener Erfahrung, welche potenziellen Probleme auftreten können, aber ich bin nicht ausreichend darüber informiert, um zu beurteilen, welche Form der Zusammenarbeit denn nun am besten für dieses Unternehmen geeignet ist. Ich verlasse mich deshalb auf die anderen Aktionäre.
Sie haben angekündigt, 10 000 Smarts pro Jahr zu verkaufen. Sind Sie sicher, das zu schaffen? Das sind ja immerhin ungefähr 10 % der gegenwärtigen Jahresproduktion.
Wir sind dabei, die Produktion von Akkus zu erweitern. Unsere Lieferkapazitäten für Fahrzeuge hängen ausschließlich von den Möglichkeiten unserer Akku-Zulieferer ab. Sobald wir die notwendigen Stückzahlen erreicht haben, können wir diese fünfstellige Zahl erreichen, besonders wenn man berücksichtigt, dass die erste Reaktion der Kunden sehr positiv war. Aber dies wird noch etwas Zeit in Anspruch nehmen ...
Warum eigentlich haben Sie beschlossen, den Smart in Russland zu vertreiben?
Der Smart ist ein Auto für die Stadt und ein sehr hochwertiges Produkt – das erfordert eine gewisse Reife des Marktes. Wir gehen davon aus, dass der Markt Städten wie Moskau bereits eine solche Reife erreicht hat und der Smart wird deshalb in Russland Erfolg haben.
Für Mercedes-Benz gibt es bis jetzt immer noch keine Fertigungsstätten für PKW in Russland. Wenn es mit Renault-Nissan zu einer gemeinsamen Fertigung von Fahrzeugen kommen sollte, würde es dann – zumindest theoretisch – die Möglichkeit geben, dass Sie Ihre Autos auch in Russland zusammenbauen?
Wir haben diese Möglichkeit bereits schon in der Vergangenheit geprüft und sind jetzt wieder auf dieses Thema zurück gekommen, da die Rahmenbedingungen sich ja ständig ändern. Deshalb möchte ich eine solche Variante nicht ausschließen.
Die Zeitschrift Barron's hat Sie in diesem Jahr in ihrer Rangliste der 30 besten Geschäftsführer der Welt durch den BMW-Geschäftsführer Norbert Reithofer ersetzt. Wie haben Sie darauf reagiert?
Auf mein Ego hat sich das absolut nicht ausgewirkt. Ich bin natürlich sehr froh darüber, im vergangenen Jahr ausgewählt worden zu sein, und freue mich, dass Norbert Reithofer in diesem Jahr ausgewählt wurde. Meine Vorhaben ist es, Daimler auf die führende Position in der Automobilindustrie zu bringen. Werbung in eigener Sache gehört nicht zu meinen Prioritäten.
Hoffen Sie, im Jahre 2020 noch selbst verkünden zu können, dass Mercedes-Benz die Premiummarke Nr. 1 in der Welt ist?
(Lacht) Ja, das würde ich ganz gerne selbst tun und ich hoffe, dass dies vor dem Jahre 2020 passieren wird.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Vedomosti.ru
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