Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft sich am 16. November mit russischem Präsidenten Wladimir Putin in Moskau. Foto: AP.
Erstmals seit Wladimir Putins Rückkehr ins Präsidentenamt finden am 16. November wieder deutsch-russische Regierungskonsultationen statt. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird den russischen Präsidenten in Moskau treffen. Mit ihm wird sie auch an einer Sitzung des zivilgesellschaftlichen Forums "Petersburger Dialog" teilnehmen, das zeitgleich in der russischen Hauptstadt tagt.
Deutsch-russische Spitzentreffen waren nach Putins Amtsantritt im Mai mehrfach verschoben worden. Nach der Ämterrochade im Kreml hätte beinahe der neue Premier und ehemalige Präsident Dmitri Medwedjew zuerst Deutschland besucht. Merkel hatte ihn am 31. Mai zum Ostsee-Rat nach Stralsund eingeladen. Das Treffen der Ostsee-Anrainer fand aber ohne Medwedjew statt, der seinen Stellvertreter nach Deutschland schickte. Merkel traf Putin dann einen Tag später, am 1. Juni in Berlin.
Unklare Besuchstermine
Lange war unklar, wann Putin nach seiner Rückkehr in den Kreml zu seinem ersten Deutschland-Besuch reisen würde. Moskau signalisierte, Putin könnte zuerst Belarus, dann Kasachstan und danach erst Deutschland besuchen. Der russische Präsident flog schließlich über Minsk nach Berlin, blieb dort aber nur wenige Stunden. Noch am selben Tag ging es weiter nach Paris.
Erwartet wurde damals auch ein Besuchstermin für Bundespräsident Joachim Gauck in Russland. Aber Gauck reiste im Juni 2012 nicht zur Eröffnung des Deutschland-Jahres in Russland nach Moskau. Der ehemalige Pfarrer und DDR-Bürgerrechtler Gauck hege eher keine Sympathien für den ehemaligen KGB-Offizier Putin - das sagen deutsche Politiker hinter vorgehaltener Hand. Experten und Journalisten hingegen sprechen es offen aus.
Mit der Geduld am Ende
Zu einer Verstimmung zwischen Berlin und Moskau kam es bereits unmittelbar nach den Wahlen zum russischen Parlament Anfang Dezember 2011. Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte,
Berichten über Wahlfälschungen in Russland müsse nachgegangen werden. Mit Bedauern reagierte die Bundesregierung auch auf die Tatsache, dass die russischen Präsidentschaftswahlen im März 2012 internationalen Standards bei weitem nicht entsprachen. Merkels Appell an Putin, das Land politisch und sozial zu modernisieren, verhallte ungehört. Im Gegenteil: Nach Putins Rückkehr in den Kreml wurden Gesetze beschlossen, die das Versammlungs- und Demonstrationsrecht in Russland weiter einschränken. Behörden dürfen Nichtregierungsorganisationen inzwischen als "ausländische Agenten" brandmarken, wenn sie Finanzhilfen aus dem Ausland beziehen.
All diese Gesetze wurden in Deutschland kritisiert. Aber die Verurteilung wegen "Rowdytums ausreligiösem Hass" von drei Musikerinnen der russischen Punkband Pussy Riot im August 2012 brachte offenbar das Fass zum Überlaufen. Sogar Angela Merkel kritisierte das Urteil als "unangemessen hart". Es sei "mit europäischen Werten unvereinbar".
Gespalten in der Syrien-Frage
Völlig gegensätzliche Positionen vertreten Berlin und Moskau auch in der Syrien-Frage. "Auf der falschen Seite der Geschichte" sei Russland, wenn
es weiter das Regime von Baschar al-Assad unterstütze, sagte Westerwelle im Frühjahr 2012. Sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow entgegnete später bei Gesprächen in Berlin: Bei allem Respekt, aber der deutsche Außenminister schreibe nicht die Geschichte. Beim Treffen der Bundeskanzlerin mit dem russischen Präsidenten am 1. Juni in Berlin soll Merkel angeblich Putin gebeten haben, Assad Asyl zu gewähren. "Unsere Seite hat diesen Vorschlag als Scherz aufgefasst", stellte Lawrow klar.
Unmut löste auch die Kritik des Russland-Beauftragten der Bundesregierung, Andreas Schockenhoff, an der Haltung Russlands in der Syrien-Frage aus. Das russische Außenamt reagierte scharf auf dessen Äußerung, Moskau werde nach dem Sturz des Assad-Regimes seine Rolle in der arabischen Welt verlieren.
Streit um Russland-Erklärung
Schockenhoffs wiederholte Kritik an Rechtsstaats- und Demokratiedefiziten in Russland führte gar so weit dass Moskau von Berlin verlangte, den Regierungsbeauftragten abzulösen. Für Streit sorgt auch eine kritische Russland-Resolution, die der Deutsche Bundestag auf Betreiben Schockenhoffs am 9. November verabschiedet hat. Darin heißt es, seit dem Amtsantritt Putins im Mai hätten Gesetzgeber und Justiz Maßnahmen ergriffen, die "auf eine wachsende Kontrolle aktiver Bürger abzielen, kritisches Engagement zunehmend kriminalisieren und einen konfrontativen Kurs gegenüber Regierungskritikern bedeuten".
Unmittelbar vor den deutsch-russischen Regierungskonsultationen und dem "Petersburger Dialog" hat sich also jede Menge Unmut zwischen Berlin und Moskau angestaut. Für Diskussionsstoff auf den Treffen in Moskau ist also gesorgt.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei der Deutschen Welle.
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