Antisowjetischer Sport

In Russland Sport zu treiben ist teuer. Viele Siege russischer Athleten in der Weltarena sind nicht dank der staatlichen Unterstützung zusammengekommen, sondern trotzdem. Foto: RIA Novosti.

In Russland Sport zu treiben ist teuer. Viele Siege russischer Athleten in der Weltarena sind nicht dank der staatlichen Unterstützung zusammengekommen, sondern trotzdem. Foto: RIA Novosti.

Der Sport in Russland hat sich, wie das ganze Land, in den letzten Jahren verändert. Wie viel es heute kostet ein Sportler zu werden?

Das sowjetische System der Sportentwicklung wurde Anfang der 90er Jahre entschieden abgelehnt, doch den sogenannten westlichen Weg konnte Russland nicht bis zum Ende gehen. Die kollektiven Auswahlen, eine zentralisierte Ausbildung, kostenloser Kinder- und Jugendsport, und ein Massenpublikum – das haben schon viele vergessen. Als Ersatz wurden vorgeschlagen: ein individueller Ansatz, die Selbstausbildung der Sportler, und eine praktisch vollständig kommerzialisierter Amateur- und Profisport.

„Russland ist ein Land der Extreme. Bei uns brechen häufig die alten Methoden bis auf den Grund zusammen und in aller Eile werden dann neue gestrickt. Alle westlichen und internationalen Technologien müssen eben unter unseren Umständen „zurechtgeschliffen" werden und dürfen nicht mit „Pauspapier" übernommen werden", beschreibt der Ski-Langlauf Trainer Wladimir Sagorulko den Hauptfehler bei der Durchführung der letzten Umgestaltungen im russischen Sport.

Was den Amateursport betrifft, ist hier nicht immer alles so eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheint. Es gibt „Volks"-Sportarten, wie zum Beispiel Fußball. Um zu spielen, braucht man zwei Leute und einen Ball. Ausgaben von etwa 500 Rubel. Aber mit dem Skifahren ist das alles schwieriger.

In einer Stadt im Ural wurde ein Skifahrgebiet errichtet, aber obwohl es sehr neu und europäisch ist, sind die Leute nur zäh auf den Hang gezogen. Doch dann wandte der Leiter des örtlichen Betriebs eine List an: Er zog von den Chef-Gehältern eine Summe ab, die äquivalent zum Familienabonnement war und verteilte sie unter seinen Angestellten. Der russische Mensch ist so gebaut, dass er fahren muss, wenn es „bezahlt" wird. Nach ein paar Jahren stoppte er diese Praxis, aber die Leute hatten sich „eingelebt" – alle standen auf Skiern.

Nicht dank, sondern trotzdem


In Russland Sport zu treiben ist bisweilen teuer. Nicht immer bezahlt der Staat alle Ausgaben der zukünftigen Olympiasieger. Viele Vereine nehmen die Rolle des Hauptsponsors der kleinen Stars auf sich. „Ich kann mich schon gar nicht mehr daran erinnern, wann ich mir das letzte Mal selbst eine Ausrüstung gekauft habe, sie wurde mir immer in der Sportschule ausgehändigt. Wer am schnellsten fährt, der bekommt das neuste Modell und super Schuhe und Training!", sagt der 19jährige Skifahrer Dmitri Strelkow.

Doch nicht alle haben Glück. Einige Sportler sind dazu gezwungen, Geld außerhalb des Sports zu verdienen, um danach am Wettbewerb teilzunehmen. Viele Siege russischer Athleten in der Weltarena sind nicht dank der staatlichen Unterstützung zusammengekommen, sondern trotzdem.

Die Mehrheit der Kinder in Russland hat praktisch nicht die Möglichkeit den einen oder anderen Sport zu treiben, weder auf Profi- noch auf Amateurniveau. „Ich entschied meinen sechsjährigen Sohn zum Schwimmen zu schicken, die Ausgaben schienen minimal zu sein", erzählt Irina Beresowskaja (28). „In der Summe kosteten Badehose, Brille, Bademütze, Pull Boy, Schwimmbrett und Flossen mehr als 8000 Rubel (200 Euro) . Für die Sportgemeinschaft geben wir 3000 Rubel (75 Euro) im Monat aus, die Übungen kosten 40 000 Rubel (1000 Euro) im Monat. Ich wage es mir nicht vorzustellen, was wäre, wenn wir zum Biathlon gegangen wären...".

Bezahlte individuelle Trainingsstunden, Miete für die Räume, Sportausrüstung und Ausstattung kommen teuer zu stehen. Um etwa einen Eishockeyspieler auszurüsten, muss man im Durchschnitt 18 000 Rubel (450 Euro) ausgeben. Bei weitem nicht jede russische Familie kann es sich erlauben, so viel Geld zu bezahlen.

Selten gibt ein Sportler zu, dass er des Geldes wegen zum Sport gekommen ist. Trotzdem ist für viele immernoch das Wichtigste das Prestige des Landes in der Weltarena. Den Titel eines Weltmeisters oder eines Olympiasiegers kann man mit keinem Geld der Welt kaufen. Und keine Verträge ersetzen für einen echten Sportler den Moment des Triumphs.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei To4ka-Treff.

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